Investiere doch dein Geld für Auftragshacker im Darknet, damit diese die Beweise für dich finden. Es ist doch aller angeblicher Kontaktgenerierung zum Trotze rausgeschmissenes Geld, wenn die Recherche noch nicht mal eine erhärtete Indizienlage ergibt. Du tätest dir, mir, einfach allen, einen Riesengefallen, ein zusammenhängendes Bild vermeintlichem Schmu in der Vergangenheit zu präsentieren, statt einzelner Pixel.
Die Vergangenheit ist relativ klar, was fehlt, das sind tagesaktuelle Verbindungen. Wenn es sie gibt, wird man sie in zwei oder drei Jahren wieder halbwegs nachzeichnen können. Das ist rein hypothetisch formuliert, denn ich habe keine Beweise, dass Dinge, die passiert sein dürften (und die man durchaus heute gerichtsfest machen könnte, davon bin ich überzeugt... schau mal Consett an und denke Dir, wir wären in 2010!) heute immer noch passieren. In den Zatarraberichten gab es (auch das wird ja gerne ignoriert) sehr wohl Hinweise auf aktuell passierende Dinge. Nur lassen sich diese nicht direkt mit der heutigen Wirecard in Verbindung bringen. Wieder hypothetisch angenommen, die Wirecard sei halbwegs so böse, wie ich denke, dann ist das doch klar: sie verstecken das natürlich... Das Problem dieser Argumentation ist mir bewusst: Wenn man ernsthaft behaupten würde, es gäbe aktuell Dinge, die man halt nur noch nicht belegen kann, dann kann Wirecard sich nicht verteidigen, weil man immer im Nebel ist. Ich erkenne dieses Problem an und deshalb schreibe ich kaum direkte Aussagen. Das wäre erstens gefährlich für mich (und meine Informationsgeber) und zweitens wäre es nicht fair der Wirecard gegenüber. Fair wäre allerdings, wenn sich die Wirecard äußern würde zu den Fragen Zatarras. Und - ich kann es nur wiederholen - selbst die lausige und technisch völlig indiskutable "Recherche" des hauseigenen Analysten Jochen Reichert hat Fragen aufgeworfen, die nach wie vor unbeantwortet sind. Der Markt ignoriert das alles, aber es gibt niemanden, der mir ganz konkret sagt, an welcher Stelle denn bewiesen ist, dass alles keine Rolle spielt. Noch einmal: Es ist natürlich schwer, eine Beschuldigung zu widerlegen, wenn der Beschuldiger sagt "das kann man halt alles nicht so genau beweisen". Aber es gibt genügend Fragen, die sich stellen, basierend auf nachprüfbaren Fakten. Dazu kommt, dassd die Wirecard diese nachprüfbaren Fakten ganz klar als Lügen bezeichnet hat. Auch hier gibt es aber Einschränkungen, beispielsweise beruft sich Burkhard Ley im Mai 2016 ausdrücklich und ausschließlich auf den ersten Zatarrabericht - und gibt keinen Kommentar zu den Folgeberichten ab oder zu der "Widerlegung der Widerlegung". Er hat also ebensowenig etwas widerlegt wie die Wirecard selbst. Dass es viele Fragen gibt, schreibe ich seit letztem Jahr. Wenn nach über einem Jahr aber keine andere Frage mal ernsthaft gestellt wird als die Frage nach Brinken Merchant Incorporations, dann wird es für mich natürlich schwierig, denn ich bin (und ich bin nicht alleine, also: wir sind) schon wesentlich über den Recherchestand hinaus, der im Dohmsartikel steht. Alasdair Pal schrieb seinen Consettartikel (der völlig unbeachtet geblieben ist) schon letzten November - und er hat monatelang recherchiert. Ich kann es nicht mehr rekonstruieren, wann ich mich das erste Mal mit seinem Kollegen unterhalten habe über Consett - das war nicht später als Mai 2016. Das bedeutet: bis dann so etwas mal in der Zeitung steht, dauert es 6 Monate. Nach dieser Berechnung wäre im Mai 2017 ein Hintergrundartikel zu erwarten über Israel - denn darüber habe ich im November auf breiter Front Informationen verteilt. Wenn das noch kommt, könnten (das ist die Hoffnung aus meiner Sicht) auch andere Journalisten bemerken, dass es da tatsächlich Dinge gibt, die man zu einem schönen Artikel verarbeiten kann. Der Artikel muß ja nicht zum Sturz der Wirecard führen... Der Dohmsartikel bei MM hatte 23000 Klicks: Das ist ja auch ein Ziel für Journalisten, es ist schließlich ihr primärer Job. Was dann tatsächlich Wirkung entfaltet, muß man hinterher sehen. Dohms hat Wirkung entfaltet. Renate Daum damals auch, bei Comroad - und auch da hat es lange gedauert (Was später zu sieben Jahren Haft führte, wurde anfangs abgetan, Zitat der StA München damals: "Ein flott geschriebener Artikel begründe keinen Anfangsverdacht") Sein Artikel ist handwerklich ordentlich, interessant und damit aus journalistischer Sicht erfolgreich, auch wenn Alasdair's Artikel zwei Ligen höher rangierte. Warum sollte er nicht Nachahmer finden? Sein einleitender Gedanke, "die zwei Gesichter der Wirecard", das verdient eine Fortsetzung. Titel & Themen könnten sein (und dabei ginge es nicht immer um Wirecard) - Wirecard: Die erregende Geschichte eines Börsenwunders (oder auch: Von Busenwundern zu Börsenwundern - wie sexy ist die Fintechrevolution?) Wirecard und die Rätsel seiner Mitarbeiter: "Denn sie wollen nicht wissen, was sie tun..." - Markus Braun und die Schmuddelkinder - "Dig into Wirecard" oder: Wie der Rubel rollte beim Russian Roulette - Transaction Fraud: The dirty little secrets in virtual payment - The Dark Side of the (Payment) Moon - Low risk in High Risk: Hide and Seek and the benefits of blind spots - Doomed to failure: why regulation cannot fight fraud - Fehler im System: Geschäftserfolg durch Wegschauen ----------- "Der Kurs der Wirecard ist so hoch wegen der Sturheit der Investoren. Ignoriere ihn einfach." |