Was von Mannesmann übrig blieb
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neuester Beitrag: 25.01.04 14:04
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eröffnet am: | 18.01.04 23:37 von: | Nassie | Anzahl Beiträge: | 11 |
neuester Beitrag: | 25.01.04 14:04 von: | Freiverkehr | Leser gesamt: | 2102 |
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von Jürgen H. Wintermann
Düsseldorf - Einst füllte der traditionsreiche Mannesmann-Konzern mit seinen vielen stolzen Töchtern im Düsseldorfer Telefonbuch ganze Spalten. Wer heute unter "M" wie Mannesmann nachschlägt, stößt nur noch auf traurige Überreste wie Mannesmann-Demag oder Mannesmann-Eurokom. Doch selbst dieser Torso täuscht. Mannesmann-Demag gehört längst zum Siemens-Konzern, und wer die für Mannesmann-Eurokom angegeben Telefonnummer wählt, bekommt zu hören: "Kein Anschluss unter dieser Nummer".
Das ehemalige Flaggschiff der deutschen Industrie ist, knapp vier Jahre nach der mit 190 Mrd. Euro größten Übernahmeschlacht in der Aktiengeschichte, zerschlagen und verschwunden. Vom Mannesmann-Hochhaus am Düsseldorfer Rheinufer signalisiert seit Ende 2000 der rote Schriftzug "Vodafone" die neue Zeit. Das blaue Mannesmann-Emblem: verschrottet. Die Mannesmann-Aktie: vom Kurszettel gestrichen. Die Mannesmann AG heißt jetzt Vodafone AG.
Für Vodafone ging die Übernahme strategisch wie finanziell voll auf. Mit dem Mannesmann-Mobilfunk D2 erreichten die Briten die angestrebte Führungsposition im europäischen Mobilfunkmarkt. Und der anschließende Einzelverkauf aller übrigen Mannesmann-Aktivitäten spülte ziemlich genau 57 Mrd. Euro in die von der Übernahme arg strapazierte Vodafone-Kasse. Den größten Brocken, runde 30 Mrd. Euro, brachte allein der von den Brüsseler Kartellwächtern verfügte Weiterverkauf der Mannesmann-Mobilfunktochter Orange ein. Die Veräußerung der italienischen Festnetzgesellschaft Infostrada kam bei sieben Mrd. Euro zu Stande. Das Automotive-Geschäft (VDO, Sachs), der Maschinen- und Anlagenbau (Dematic) oder die weltweit führende Hydraulik (Rexroth) gingen für rund zehn Mrd. Euro geschlossen an Siemens und Bosch. Für die Nobeluhren-Marken "Lange", "IWC" und "Jaeger-LeCoultre" legte der südafrikanische Käufer Richemont 1,8 Mrd. Euro auf den Tisch. Doch um die verlustreichen Mannesmannröhren-Werke losschlagen zu können, musste Vodafone-Chef Chris Gent der übernehmenden Salzgitter AG 150 Mio. Euro bar draufzahlen.
Im Nachhinein erweist sich das Tempo, mit dem Gent den Mannesmann-Konzern direkt nach der Übernahme zerschlagen und versilbert hatte, als überaus glücklich. Die damals erzielten Preise hätte später kein Interessent mehr gezahlt. Deshalb war auch die Entscheidung, den vom letzten Mannesmann-Vorstand favorisierten Börsengang der industriellen Aktivitäten unter dem Namen "Atecs AG" zu Fall zu bringen und stattdessen die Einzelteile zügig zu verscherbeln, finanziell richtig.
Die Zusage der Atecs-Käufer Siemens und Bosch eines wenigstens dreijährigen Substanzschutz der übernommenen Atecs-Firmen war bald Makulatur. Demag, Rexroth, Krauss-Maffei oder VDO wurden aufgeteilt, Teile davon weitergereicht oder geschlossen. "Total zerrupft und zerschlagen" jammerte der frühere Konzernbetriebsratschef Jürgen Ladberg.
Zu den Siegern der Übernahmeschlacht zählen auch die Mannesmann-Aktionäre. Sie konnten ihre Aktien reichlich vergolden. Allein von November bis Anfang Februar verdoppelte sich der Kurs. Auch die meisten Mitarbeiter in den operativen Gesellschaften hatten am Ende noch das Glück, ihre Arbeitsplätze unter den neuen Eigentümern zu behalten. Im Gegensatz zu rund 150 hoch qualifizierten Mitarbeitern der Konzernzentrale. Sie wurden nicht mehr gebraucht.
Ganz untergehen wird von Mannesmann zumindest der Traditionsname nicht. Die Salzgitter AG hat sich bei Übernahme der Mannesmannröhren-Werke die Option auf den Namens Mannesmann gesichert. Ansonsten erinnert in Düsseldorf nur noch das "Mannesmannufer" an den Ursprung vor fast 115 Jahren. Damals hatten Reinhard und Max Mannesmann, die Erfinder des nahtlosen Stahlrohrs, das nach ihnen benannte Unternehmen gegründet.
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Düsseldorf (dpa) - Zu Beginn des Mannesmann-Prozesses sind die Verteidiger auf Konfrontationskurs gegangen. Die Anwälte von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann versuchten, das Verfahren zu kippen. Andere Verteidiger wollten die Verlesung der Anklagevorwürfe verhindern - ohne Erfolg. Die Staatsanwaltschaft bekräftigte die Untreue-Vorwürfe im Zusammenhang mit der Zahlung von 57 Millionen Euro als Prämien und Pensionen nach der Vodafone-Übernahme. Morgen will sich ein Teil der Angeklagten zu den Vorwürfen äußern.
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erschienen am 21.01.2004 um 18:54 Uhr
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Düsseldorf (dpa) - Der zweite Verhandlungstag beim Mannesmann- Prozess um millionenschwere Abfindungen ist beendet worden. Vor dem Düsseldorfer Landgericht hatten zuvor die sechs Angeklagten, darunter der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser die Untreue-Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Als letzter der Angeklagten sagte Esser, es habe weder Täter noch Gehilfen bei einer unrechten Tat gegeben. Er selbst hatte 60 Millionen Mark erhalten. Der Prozess soll kommende Woche weitergehen.
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Die Ankläger im Mannesmann-Prozeß wirken blaß
Von Joachim Jahn, Düsseldorf
23. Januar 2004 Erfolgreicher Prozeßauftakt für die Angeklagten im Gerichtssaal, doch im öffentlichen Ansehen haben die Manager schon verloren. So lassen sich die ersten beide Verhandlungstage im bislang wohl größten deutschen Wirtschaftsprozeß zusammenfassen. Krasser könnte im Mannesmann-Prozeß die Wahrnehmungen nicht auseinanderfallen. Während juristische Beobachter Strategie und Auftritt der Verteidigung Respekt zollen, empört sich das Publikum über die "unglaubliche Arroganz hochdotierter Manager", die von der Anklagebank aus zynisch die arbeitenden Menschen verhöhnten, wie es der SPD-Generalsekretär Olaf Scholz mit seinem Gespür für Volkes Stimme formuliert hat. Fast vergessen ist, daß ein Tag zuvor sein Parteikollege und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement dem Vorstandssprecher der Deutschen Bank Josef Ackermann in einer Solidaritätsadresse sein Vertrauen ausgesprochen hat.
Ackermanns Geheimnis bleibt, warum er sich - in einer der vielen Verhandlungspausen - locker mit seinen Mitangeklagten plaudernd mit dem "Victory-Handzeichen" fotografieren ließ. Auch wer von seiner eigenen Unschuld überzeugt ist, ist schlecht beraten, wenn er mit solch einer Geste vor einer Wand von Fotografen wenig Respekt vor dem Gericht demonstriert. Ähnlich werden die Kleinaktionäre und Normalverdiener empfunden haben, die stundenlang in der Düsseldorfer Mühlenstraße Schlange gestanden haben, um sich einmal einen Strafprozeß gegen die "Reichen und Mächtigen" dieses Landes ansehen zu können.
Gesetz gebrochen?
Routinierte Prozeßbeobachter im Schwurgerichtssaal dagegen fragen sich, seit die Staatsanwaltschaft ihre Anklageschrift vorgetragen haben und die angeblichen Straftäter diese Vorwürfe kategorisch zurückwiesen: Womit soll sich Ackermann eigentlich strafbar gemacht haben? Und wodurch sollen der frühere IG Metall-Boß Klaus Zwickel, der ehemalige Mannesmann-Chef Klaus Esser und der damalige Aufsichtsratsvorsitzenden Joachim Funk das Gesetz gebrochen haben?
Nach der Übernahme Mannesmanns durch Vodafone vor vier Jahren waren rund 115 Millionen DM ausgeschüttet worden, was die Staatsanwaltschaft als schwere Untreue einstuft; insgesamt floß sogar rund die doppelte Summe. Viele halten diese Beträge für unmoralisch hoch, auch wenn sie im internationalen Maßstab in Führungskreisen als üblich gelten. Doch dies allein macht die Zahlungen noch nicht zu einem Kriminaldelikt.
Mauschelei und Geheimniskrämerei
Die Liste von Zeugen, die sich das Gericht anhören will, ist zwar lang. Doch daß jemand von ihnen bestätigen könnte, daß insbesondere Esser und Funk ein verschwörerisches Komplott geschmiedet hätten, ist bislang jedenfalls nicht bekannt geworden. Ohnehin wäre ein solches Motiv für die Ausschüttung von Prämien, die nach dem Gutachten des renommierten Aktienrechtlers Uwe Hüffer erlaubt waren, für den Straftatbestand der Untreue kaum von Bedeutung (F.A.Z. vom 20. Januar). Der Eindruck von Mauschelei und Geheimniskrämerei bei der damaligen Beschlußfassung über diesen Geldregen ist zwar nicht ganz unberechtigt. Maßgeblich dazu beigetragen hat Gewerkschaftschef Zwickel, der in einer Presseerklärung zunächst die Unwahrheit über seine telefonische Teilnahme an den Entscheidungen gesagt hatte. In seiner Aussage hat er sich dabei auf die Nöte der Arbeitnehmervertreters in mitbestimmten Unternehmen berufen, die nicht auf grundsätzlichen Blockadekurs zum Management gehen wollen, aber die international üblichen Vergütungen ihrer Belegschaft nicht "vermitteln" können und sich deshalb der Stimme enthalten.
Andere Begleitumstände, die Argwohn erregen mögen, sind nicht zwangsläufig ein Indiz für verbrecherische Machenschaften. So ist es nach dem Hüffer-Gutachten keineswegs ungewöhnlich oder gar rechtswidrig, daß Sitzungen - zumal mitten in einem Übernahmekampf - kurzfristig angesetzt werden, daß Beschlüsse telefonisch oder im Umlaufverfahren zustande kommen und daß erst später ein Protokoll mit dem früheren Datum darüber angefertigt wird.
"Goldener Handschlag"
Ackermann hat all dies, in schlichte Worte gekleidet, vor Gericht geltend gemacht und dabei in breitem Schweizer Dialekt von "Binsenweisheiten" gesprochen. Auch "nachträgliche freiwillige Zahlungen" zum Abschied von Topmanagern - im Volksmund meist "goldener Fallschirm" oder "goldener Handschlag" genannt - sind nach seinen Worten üblich und nach Ansicht Hüffers mit dem deutschen Aktiengesetz vollauf vereinbar. Da ist es schwer vorstellbar, daß eine Wirtschaftsstrafkammer diese dann dennoch für kriminell erklärt.
Hinzu kommt, daß die 14. große Wirtschaftsstrafkammer unter der Vorsitzende Richterin Brigitte Koppenhöfer die Anklage der Staatsanwaltschaft von vornherein zurechtgestutzt hat. Alles, was unter dem Rubrum der "Käuflichkeit" stand, hat sie gar nicht erst zugelassen, weil es für den Tatbestand der Untreue unwesentlich ist. Zu entscheiden bleibt damit eigentlich nur noch die Grundsatzfrage, ob Zahlungen dieser Höhe nach deutschem Recht auch tatsächlich erlaubt sind und ob sie auf korrekte Weise beschlossen worden sind.
Freispruch nicht unwahrscheinlich
Die Staatsanwälte im Sitzungssaal haben - das liegt an den Regularien der Strafprozeßordnung - nach der Verlesung der Anklage erst einmal wenig vortragen können. Denn danach schlug zunächst die Stunde der Angeklagten und ihrer Verteidiger. Daß die Strafverfolger gegenüber diesem Staraufgebot blaß erschienen, obwohl sie zu dritt und damit in ungewöhnlich großer Zahl erschienen, ist wenig verwunderlich. Doch was Chefankläger Johannes Puls auf die Anträge der Rechtsanwälte zu erwidern hatte, wirkte nahezu trotzig - und nährte den Verdacht, die Ankläger seien ohne eigene Überzeugung von Generalstaatsanwalt Lothar Sent in die Schlacht geschickt worden. Der hatte schließlich die Wiederaufnahme des längst eingestellten Verfahrens angeordnet.
Ein Freispruch scheint unter diesen Umständen keineswegs unwahrscheinlich. Falls es dagegen zu einer Verurteilung oder zum Poker um eine Einstellung des Prozesses gegen eine hohe Geldauflage kommt, hat die Verteidigung zumindest einen Joker in der Tasche. Ackermanns Anwalt Kempf will sogar einen Zeugen aus dem Gerichtspräsidium dafür haben, daß die Kammer für das Verfahren gar nicht zuständig ist.
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung,
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von Ulrich Reitz und Matthias Wulff
Vergangenen Freitag, kurz nach 14 Uhr. Josef Ackermann trifft im "Belvedere"-Hotel ein. Endlich in Davos, mag der Deutsche-Bank-Chef denken. Endlich in der Schweizer Heimat. Endlich fern von den missgünstigen Deutschen. Endlich unter seinesgleichen, der globalen Elite auf dem Weltwirtschaftsforum.
Blaues Hemd, blauer Anzug. Ackermann wirkt müde. Er lächelt, weil er immer lächelt.
Zwei Tage zuvor beim Beginn des Mannesmann-Prozesses war sein Lachen noch Signal, laut und aufdringlich. Umringt von Sicherheitsleuten hatte er zur Begrüßung dem Mitangeklagten Klaus Esser vor dem Eintritt in den Gerichtssaal L 111 mit seiner großen Hand mehr auf die Schulter gehauen denn geklopft. Ganz so, als würde er in Düsseldorf einen alten Kumpel begrüßen, den er lange nicht gesehen hat.
Was immer er und seine PR-Berater mit diesem heiteren Auftritt beim Prozess um die Millionen-Abfindungen für Führungskräfte der Mannesmann AG vermitteln wollten, es ging daneben. "Was gibt es denn da zu lachen", fragt die "Bild" am nächsten Morgen empört. Das Victory-Zeichen "war obszön und ein Abgrund der Arroganz", urteilt die "Süddeutsche Zeitung". Und Bernd Michael, Chef der zweitgrößten deutschen Werbeagentur Grey, sieht darin "nur die Bestätigung für das alte Vorurteil: Die da oben sind anmaßend und überheblich."
Mit dieser anmaßenden Geste hat Ackermann mehr Porzellan zerschlagen als der Prozess an sich. Den Auftritt der Angeklagten finde sie "unerträglich", sagt die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Christine Scheel. Selbst Rainer Brüderle, als stellvertretender FDP-Vorsitzender bislang nicht gerade als Kritiker der Konzerne in Erscheinung getreten, erwartet, dass "nach den hohen Abfindungszahlen die Prozessbeteiligten wenigstens mehr Fingerspitzengefühl beweisen und den Rechtsstaat in Deutschland respektieren" sollten. Es gehe hier "nicht um Kinkerlitzchen".
Doch genau den Eindruck vermittelt Ackermann. Während andere Konzerne ihre abgehobenen Kosmopoliten wie Ron Sommer bei der Deutschen Telekom oder Thomas Middelhoff bei Bertelsmann längst vor die Tür gesetzt haben, beweist die Deutsche Bank Kontinuität in ihrer Auswahl. Galt der Schweizer Ackermann bislang als Inbegriff schweizerischer Bankentradition, hat er auch außerhalb der Bank jetzt seit seiner großspurigen Geste den Titel "der Bauer".
"Die Demutshaltung eines Dienstleisters", so Grey-Chef Michael, ist den Bankern fremder als die Zinspolitik in Kasachstan.
Obwohl im globalen Vergleich bei der Marktkapitalisierung schon lange nicht mehr unter den Top Ten der Banken zu finden, verhalten sich die Herren der Frankfurter Zwillingstürme, die Blue Boys, wie sie sich selbst gern nennen, weiter unbeirrt, als sei für sie die Welt gerade groß genug. Eine Geisteshaltung, die sich durch alle Ebenen - vom Vorstand bis zum Filialleiter vor Ort - zieht. Vergrätzt sind dadurch viele: Die Konkurrenten, der um Kredit bittende Mittelständler, Politiker und schließlich auch die Justiz. Die Folgen dieses Gebarens sind geplatzte Fusionen, verprellte Kunden, gerichtliche Auseinandersetzungen und der verpasste Anschluss an die Weltspitze.
Ihr negatives Image hat die Deutsche Bank konsequent aufgebaut.
Schon Ackermanns Vorgänger fielen immer wieder durch ihre selbstgefällige und herablassende Art auf. Hilmar Kopper schaffte es 1994 mit seinem "Das sind doch nur Peanuts", das "Unwort des Jahres" zu kreieren. Koppers Nachfolger Rolf Breuer bezweifelte im Februar 2002 die Kreditfähigkeit des angeschlagenen Münchner Medienunternehmers Leo Kirch. Als der mittlerweile Pleite gegangene Kirch vor Gericht ging, nahm die Deutsche Bank die Schadenersatzklage gewohnt lässig - bis sie zur Zahlung von Schadensersatz im Dezember 2003 verurteilt wurde. Jetzt haben Kirchs Anwälte in New York Klage eingereicht und dezent darauf verwiesen, dass das Imperium des Münchner Medienunternehmers vor dem Zusammenbruch 13 Milliarden Euro wert gewesen sei.
In Breuers letztem Amtsjahr halbierte sich der Aktienkurs. Das Investmentgeschäft brach weg, nur knapp wurde ein Verlust vermieden, über 20 000 Mitarbeiter wurden entlassen. Sogar Breuer selbst bezeichnete das Jahr als "Annus horribilis". Doch im selben Atemzug rechtfertigte er sein Gehalt von acht Millionen Euro für diese miserable Leistung.
Breuer hinterließ eine Bank, die während seiner Amtszeit vom Käufer zum Übernahmekandidaten geworden war.
Mehr noch: Die Kundenzufriedenheit befand sich 2002 laut einer von einer Frankfurter Konkurrenzbank in Auftrag gegebenen Untersuchung im Keller. Im Vergleich mit acht anderen Wettbewerbern reichte es bei der Kundenbindung und Kundenzufriedenheit nur für den vorletzten Platz. Eine Schmach.
Dann kam der Schweizer. Ackermann versuchte gleich nach seinem Amtsantritt, die gröbsten Schnitzer wieder glatt zu hobeln. So holte er Ende 2002 die von Breuer ausgelagerten Privatkunden wieder zurück. Dafür verprellt er nun einen Großteil der Firmenkunden, indem er 33 000 von ihnen in die Sparte "Private und Geschäftskunden" verfrachtete.
Die Reaktion auf dem Heimatmarkt kann da nur wenig überraschen: Beim Mittelstand ist der Branchenkrösus unten durch. Nach einer Umfrage der Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer (ASU) aus dem vergangenen Herbst unter 980 Firmenlenkern war das Ergebnis eindeutig: Die Deutsche Bank landete auf dem letzten Platz. Ihren "einstmals guten Ruf als Finanzierungspartner", schlussfolgert man bei der ASU, hat die Bank "in großen Teilen des Mittelstands verspielt".
Die vergangenen Tage haben da ihr Übriges getan. Zu siegessicher war der Auftritt Ackermanns vor der Richterin, zu dünn seine Argumente. Die nachträgliche Entlohnung - wie im Falle des Ex-Mannesmann-Chefs Klaus Esser - sei "im Wirtschaftsleben üblich", argumentierte Ackermann am Donnerstag vor Gericht. Führende Aktienrechtler hätten bestätigt, dass alles korrekt lief.
Professor Marcus Lutter ist so ein führender Aktienrechtler und teilt Ackermanns Sicht keinesfalls. In der Regierungskommission Corporate Governance Kodex, dem neben Lutter auch Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, Allianz-Finanzvorstand Paul Achleitner und Thyssen-Krupp-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme als Vorsitzender angehören, kam der "Fall Mannesmann" bei einem Treffen bereits im Mai 2003 zur Sprache. Damals ging es um die zulässige Höhe der Vergütung für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder. Und schon damals stellte die Kommission fest, dass bei der Mannesmann-Übernahme unrechtmäßig hohe Beträge geflossen seien. "Dass der Vertrag mit Esser als Vorstandsvorsitzendem noch in der Phase der Übernahme verlängert worden ist und ihm dadurch erst die Millionen sicher waren", so Lutter, "hätte der Aufsichtsrat als problematische Handlung erkennen müssen."
Auch Ackermanns Argumentation, die Abfindung für Esser und seine Kombattanten sei "eine außergewöhnliche Anerkennung für eine außergewöhnliche Leistung", findet nicht überall Zustimmung. In deutschen Top-Management-Kreisen verweist man darauf, dass es Essers Ziel hätte sein müssen, die Selbstständigkeit Mannesmanns zu erhalten. Und dass der Wert der Aktien am Ende so hoch war, sei bestenfalls Folge einer überreizten Börse im Telekommunikationsrausch gewesen.
Und mit seiner Behauptung, Deutschland sei das einzige Land, "wo diejenigen, die erfolgreich sind und Werte schaffen, deswegen vor Gericht stehen", betritt einer der bestverdienenden Manager in der Bundesrepublik dünnes Eis. Seit Monaten philosophieren Bank-Manager über diese global gesehen angebliche Einmaligkeit des Prozesses. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hatte nach Bekanntgabe der Klage dann auch eilig von einem Schaden für den heimischen Wirtschaftsstandort gesprochen. Etwas zu eilig. "Prozesse gegen Manager sind keine deutsche Besonderheit", stellt Professor Wolfgang Gerke, Banken-Experte der Universität Erlangen-Nürnberg, fest, "auch in den USA gibt es ein erhebliches Prozessrisiko." Bertelsmann, Daimler-Chrysler und die Deutsche Post, allesamt in den USA vor Gericht, machen gerade diese leidvolle Erfahrung.
Umgekehrt wird ein Schuh daraus, argumentiert FDP-Politiker Brüderle: Für ihn ist ein funktionierender Rechtsstaat ein Standortvorteil. Wer daran zweifelt, dem empfiehlt Brüderle, in Länder ohne unabhängige Gerichtsbarkeit zu schauen: "Dort wandern Wirtschaftsführer ohne die Möglichkeit auf einen fairen Prozess ins Gefängnis."
Merkel schweigt jetzt lieber. CSU-Generalsekretär Markus Söder auch. Und sein Kollege von der CDU, Laurenz Meyer, will nun wirklich nichts zum Prozess sagen. Ackermann glaubt, dass die politische Klasse in Deutschland hinter ihm stehe, sagt er einem Vertrauten aus der Schweiz in Davos. Vom Kanzler bis zu den Spitzen der CDU: Alle unterstützten ihn.
Vergangenen Freitag dann, gegen 19 Uhr, lädt er Geschäftsfreunde zu einem Empfang in das Untergeschoss des "Belvedere"-Hotels ein. Zu Gast die halbe deutsche Industrie. Von Allianz-Vorstand Paul Achleitner, Post-Chef Klaus Zumwinkel, RWE-Aufsichtsrat Dieter Kuhnt bis zu Roland Berger. Auch Merkel ist unter den Gästen. "Ich freue mich über die Unterstützung, die ich erfahren habe", sagt Ackermann später. Es folgte minutenlanger Applaus.
Es ist mehr eine mentale Unterstützung. Allianz-Manager Achleitner, RWE-Chef Harry Roels, Hypovereinsbank-Lenker Dieter Rampl, McKinsey-Deutschland-Vormann Jürgen Kluge, Infineon-Chef Ulrich Schumacher, Finanzstaatssekretär Caio Koch-Weser: Die Liste derer, die sich in Davos "lieber nicht" äußern wollen, ist lang. Man sei mit der Deutschen Bank in Geschäftsbeziehungen, sagt der Erste. "Ich will nicht, dass mir mein Statement dann um die Ohren fliegt", sagt der Zweite. Von einem Victory-Zeichen wisse er nichts. Das ist der Dritte, er heißt Tessen von Heydebreck und sitzt im Vorstand der Deutschen Bank. Zuspruch ist immerhin von der Lufthansa zu hören. "Ein Schauprozess" sei das, "ungeheuerlich, was da abläuft", sagt deren Aufsichtsratschef Jürgen Weber. Immerhin.
Mitarbeit: Wolfgang Pott, Frank Stocker
Artikel erschienen am 25. Jan 2004
Wams.de
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Dies verstößt eindeutig gegen den normalen Verlauf von ähnlichen Geschäftsfällen in Deutschland.
Grundsätzlich muß doch so verfahren werden, dass der Vorstand sich im Falle einer versuchten Übernahme zwar ziert aber gleichzeitig den Aktienkurs mit entsprechend formulierten Meldungen flach hält oder - wie im Fall Thiel –
gänzlich gegen die Wand fährt. Zum Wohle der Firma und für spätere Investitionen muß der Übernehmer doch die Gelegenheit haben, viele Aktien so günstig als möglich zu erwerben. Alsdann muss der Vorstand den Aktionären empfehlen ein Übernahmeangebot mit minimalem Aufpreis anzunehmen, welches gegenüber den auf den letzten Versammlungen vom gleichen Vorstand avisierten Zielen und Aussichten lächerlich ist. Abfindungen fließen selbstverständlich nicht, weil alles - im Sinne der Aktionäre - korrekt geregelt sein muss.
Bravo und weiter so! Es lebe die Aktienkultur in Deutschland.