das schreibt der "geldanlage-report":
Borussia Dortmund: Jetzt die Aktie kaufen? (Ausgabe 40/2010)
Borussia Dortmund auf Höhenflug: Jetzt die Aktie kaufen?
Armin Brack, Chefredakteur
Lieber Geldanleger,
BVB-Fans wie ich hatten in den letzten Jahren nicht viel zu lachen. Seit der Meisterschaft 2002 ging es stetig bergab. Das spiegelte sich auch im katastrophalen Kursverlauf der Aktie wider.
Inzwischen ist die Aktie jedoch extrem günstig und sportlich scheint die Wende ebenfalls möglich: Erstmals seit acht Jahren ist Borussia Dortmund wieder Tabellenführer der Fußball-Bundesliga. Wann also einsteigen, wenn nicht jetzt?
Am 15. Oktober wurde der Verkauf des englischen Traditionsclubs FC Liverpool perfekt gemacht. Die hoch verschuldeten "Reds" wurden für eine kolportierte Summe von umgerechnet 340 Millionen Euro an den amerikanischen Investor New England Sports Ventures (NESV) verkauft. Mehrheitseigner der NESV ist der Amerikaner John W. Henry, der in Finanzkreisen einen legendären Ruf genießt.
Henry erwirtschaftete durch den Handel mit Futures und Aktien sowie später als Vermögensverwalter ein Milliardenvermögen. Der exzentrische US-Amerikaner gilt als Trendfolger und hat den größten Teil seiner Tradinggewinne 1995 erzielt. Übrigens: Insider sind der Ansicht, dass beim Zusammenbruch der Barings Bank - ausgelöst durch den Trader Nick Leeson - John W. Henry zu den großen Gewinnern gehörte, die die Gegenposition eingenommen hatten.
Die Liaison zwischen Henry und dem FC Liverpool ist eine zwischen zwei Partnern, die beide schon bessere Zeiten gesehen haben. Henrys Firma werden finanzielle Probleme nachgesagt. Der Wert seines Privatvermögens soll in den letzten Jahren von über drei Milliarden US-Dollar auf rund 650 Millionen US-Dollar geschrumpft sein.
Sicher ist, dass der FC Liverpool, unter anderem durch die Misswirtschaft der bisherigen Besitzer (den beiden Amerikanern Tom Hicks und George Gillett), einen existenzgefährdenden Schuldenberg in Höhe von umgerechnet 270 Millionen Euro angehäuft hat.
*Borussia Dortmund - Ein Schnäppchen?
Hicks und Gillett schimpfen, der achtmalige Europapokalsieger werde weit unter seinem tatsächlichen Wert verkauft. Angeblich wollten die beiden einen Käufer gefunden haben, der bereit gewesen wäre 720 Millionen Euro zu bezahlen.
Ob das realistisch ist, sei dahingestellt. Immerhin haben die bei den Fans hochgradig unbeliebten Investoren selbst im Frühjahr 2007 nur 200 Millionen Euro für den Verein bezahlt. Im Forbes-Ranking der 20 wertvollsten Fußballklubs der Welt (Stand: Mai 2010) taucht Liverpool aber mit einem Marktwert von 822 Millionen US-Dollar (587 Millionen Euro) auf einem stattlichen sechsten Platz auf.
*Die wertvollsten Fußballclubs der Welt 1.
§Manchester United 1,835 (Milliarden US-Dollar) 2.
§Real Madrid 1,323 3.
§Arsenal London 1,181 4.
§FC Barcelona 1,000 5.
§Bayern München 0,990 6.
§FC Liverpool 0,822 7.
§AC Mailand 0,800 8.
§Juventus Turin 0,656 9.
§Chelsea London 0,646 10.
§Inter Mailand 0,413 11.
§Schalke 04 0,384 12.
§Tottenham Hotspur 0,372 13.
§Olympique Lyon 0,333 14.
§Hamburger SV 0,329 15.
§AS Rom 0,308 16.
§Werder Bremen 0,274 17.
§Olympique Marseille 0,262 18.
§Borussia Dortmund 0,261 19.
§Manchester City 0,258 20.
§Newcastle United 0,198
(Quelle: Forbes.com)
Knapp in die Top 20 schafft es auch Borussia Dortmund, mit einem geschätzten Wert von 260 Millionen US-Dollar bzw. 186 Millionen Euro. Spätestens jetzt dürften einige BVB-Aktionäre aufhorchen, denn die aktuelle Marktkapitalisierung von Borussia Dortmund liegt auch nach dem jüngsten Kursanstieg nur bei 107 Millionen Euro. Daraus ergäbe sich ein Kurspotenzial von 74 Prozent für die Aktie.
Zugegeben, die Forbes-Zahlen sind nicht mehr ganz aktuell (Saison 2008/2009) und die Wertschätzung enthält Schulden für den Stadion(rück)kauf und -ausbau. Dafür hat sich aber auch die sportliche Situation seither dramatisch verbessert und die Nettofinanzverbindlichkeiten (Finanzverbindlichkeiten abzgl. flüssiger Mittel/Wertpapiere) wurden in den letzten Jahren auf 70 Millionen Euro zurückgefahren. Doch ist Borussia Dortmund tatsächlich eine unterbewertete Value-Perle?
Ein Blick in den Geschäftsbericht (Konzernabschluss 30. Juni 2010) ist zunächst eher ernüchternd: Das Eigenkapital liegt nur bei 62 Millionen Euro und damit rund sechs Millionen Euro niedriger als im Vorjahr. Das entspricht einem Buchwert von 1,02 Euro. Der Wert des vereinseigenen Stadions, des Signal-Iduna-Parks (ca. 170 Millionen Euro Bilanzansatz) und die daraus entstehenden Finanzierungskosten sind in dieser Rechnung bereits enthalten.
Tatsächliche stille Reserven könnte es allerdings im Bereich der immateriellen Vermögenswerte geben. Diese werden in der Bilanz mit 20,3 Millionen Euro angesetzt. Darin enthalten ist beispielsweise der Wert des Kaders. Der Marktwert der Mannschaft wird von Transfermarkt.de aber aktuell auf satte 125 Millionen Euro taxiert. Natürlich sind die Spieler im Finanzjargon "betriebsnotwendiges Vermögen" und können damit nicht einfach verkauft werden. Hinzu kommt, dass Spieler, die ihre Verträge erfüllen, ablösefrei wechseln können.
*Stille Reserven im Spielerkader
Fakt ist aber: Der BVB hat in seinem Spielerkader innerhalb der letzten beiden Jahre und teilweise sogar innerhalb weniger Monate drastische Marktwertsteigerungen erzielt.
Das extremste Beispiel ist der Neueinkauf Shinji Kagawa. Nur 350.000 Euro überwies der BVB für den Nachwuchsstar in die zweite japanische Liga. Aktuell liegt der Marktwert bei 5 Millionen Euro. Das entspricht einem Buchgewinn von 4,65 Millionen Euro oder alleine fast fünf Prozent der gesamten Marktkapitalisierung des BVB. Für Lucas Barrios wurden aus England angeblich auch bereits 20 Millionen Euro geboten. Bezahlt haben die Borussen für Barrios 4,5 Millionen Euro.
Auch weitere junge Spieler wie Sahin, Schmelzer, Hummels, Subotic und andere haben durch den sportlichen Höhenflug und gute Leistungen ihren Marktwert beträchtlich gesteigert. Das alleine rechtfertigt meiner Ansicht nach für die Aktie einen deutlichen Aufschlag auf den Buchwert von bis zu 50 Prozent.
*Wie bewertet man Fußball-Aktien?
Ein weiterer Grund für den niedrigen Kurs der Aktie: Die Fachwelt ist sich uneins darüber wie Fußball-Aktien bewertet werden sollen. Sebastian Hein vom Bankhaus Lampe, der die Aktie aktuell mit einem Kursziel von nur 1,40 Euro auf "Halten" gestuft hat, wendet ein Discounted Cash Flow-Modell für die Bewertung an.
Dabei werden die künftig zu erwartenden Zahlungsströme aus dem operativen Geschäft mit Hilfe der Kapitalkosten auf den Bewertungsstichtag abdiskontiert. Das Problem dabei: Der Cash-Flow war in den letzten Jahren meist negativ, auch im Geschäftsjahr 2009/2010. Das lag unter anderem daran lag, dass die Transfererlöse für Lucas Barrios erst im laufenden Geschäftsjahr 2010/2011 verbucht werden können. Analysten orientieren sich bei ihren Schätzungen natürlich an den Werten der Vergangenheit.
Diese Bewertungsmethode ist allerdings umstritten: So schlägt Christian P. Schneider von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte & Touche beispielsweise ein Modell vor bei dem die verfügbaren finanziellen Kennziffern herangezogen und hierauf spezielle Multiplikatoren angesetzt werden. Die Begründung von Schneider:
"Investitionen in Fußballvereine werden häufig nicht getätigt, um in erster Linie direkte Ausschüttungen bzw. Cash-Flows zu erzielen. Das Interesse des Investors ist oftmals darauf gerichtet, über den Verein Potenziale auszuschöpfen, die über andere Medien nicht erreicht werden können."
Borussia Dortmund liefert hierfür selbst das beste Beispiel: Der inzwischen verschollene Finanzinvestor Florian Homm ist 2005 vor allem deshalb beim BVB eingestiegen, um seinen Bekanntheitsgrad zu erhöhen - was ihm damit auch gelungen ist.
Bei diesem Multiplikatoren-Modell ergeben sich dann deutlich höhere faire Bewertungsniveaus für Fußball-Aktien.
*Die 50+1-Regel
In der Praxis gibt es allerdings in Deutschland hierbei ein Problem: Es gilt hierzulande nach wie vor die 50+1-Regel, die besagt, dass externe Investoren nicht die Mehrheit an einem Fußballverein übernehmen dürfen.
Der Präsident von Hannover 96, Martin Kind, will dagegen zwar weiter intervenieren und notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof gehen, bis auf weiteres wird die Regel aber bestehen bleiben. Dafür sprach sich Liga-Präsident Reinhard Rauball erst am Freitag wieder im Rahmen des DFB-Bundestags aus.
Das heißt: Eine Mehrheitsübernahme durch Investoren wie beim FC Liverpool geschehen, ist beim BVB aktuell nicht einmal theoretisch möglich. Daher ist auch eine komplette Neubewertung der Aktie vorerst nicht zu erwarten.
Dennoch könnte sich der Anstieg der Aktie zunächst fortsetzen. Der Kurs wurde über Monate hinweg künstlich gedrückt, weil die Investmentbank Morgan Stanley nicht weniger als 15 Prozent aller ausstehenden Aktien über die Börse verkauft haben soll. Jüngst sind die Amerikaner aber unter die Meldepflichtgrenze von drei Prozent gefallen. Inzwischen könnte der gesamte Bestand versilbert worden sein. Seither läuft die Aktie nach oben.
*Champions League als Werttreiber
Ein weiterer und bei weitem der wichtigste Katalysator für Wertsteigerungen ist jedoch die sportliche Entwicklung.
Sollte dem BVB die Qualifikation für die Champions League gelingen, winken Mehreinnahmen von 20 Millionen Euro in der kommenden Saison. Würde die Gruppenphase überstanden werden, wäre sogar noch deutlich mehr drin. Auch der Markenname Borussia Dortmund würde im Wert steigen. Aus dem Sponsorenvertrag mit E.ON wären dann leistungsabhängige Zahlungen fällig. Kurzum: Es wäre eine komplette Neubewertung der Aktie fällig.
Umgekehrt gilt natürlich auch: Sollte die Qualifikation für die Endrunde der Euro League in diesem Jahr nicht gelingen bzw. sogar die Qualifikation für den kommenden Euro League-Wettbewerb verpasst werden, drohen entsprechend Ausnahmeausfälle.
Zumindest letzteres ist aber angesichts der komfortablen Tabellensituation mit jetzt bereits 21 Punkten aus acht Spielen unwahrscheinlich, auch wenn bisher noch nicht einmal ein Viertel aller Partien der Saison 2010/11 gespielt sind.
Natürlich ist die sportliche Entwicklung mit großen Unwägbarkeiten verbunden, aber die Chance, dass unter dem auf ganzer Linie überzeugenden Cheftrainer Jürgen Klopp sportlich wieder an alte Erfolge angeknüpft werden kann, ist durchaus gegeben.
Das seriöse und vernünftig wirtschaftende Management um Manager Michael Zorc und den Geschäftsführern Hans-Joachim Watzke und Thomas Treß (Diplomkaufmann) sollte dafür sorgen, dass man bei Dortmunds Aushängeschild nicht mehr in den Größenwahn vergangener Tage verfällt.
• Borussia Dortmund
§ • WKN / US-Kürzel
§ 549309 / BVB
• Börsenwert
§ 107 Mio. EUR
• KGV 10e / 11e
§ neg. / 16
• Div.-Rend. 10e
Keine! § • Akt. Kurs
§ 1,75 EUR
MEIN FAZIT:
- Im Vergleich zu anderen Fußball-Aktien scheint die BVB-Aktie deutlich unterbewertet.
- In der Bilanz schlummern hohe stille Reserven.
- Die Champions League-Qualifikation würde eine komplette Neubewertung der Aktie erforderlich machen.
Unsere Empfehlung: ______KAUFEN_________________________ |