Ich lese gerne hier eure Beiträge mit und finde eure Gedankengänge ganz interessant, zudem kommen immer einige neue Informationen und Blickwinkel zusammen. Dachte ich trage deshalb meine Einschätzung nochmals in einem Post zusammen: Zuerst einmal zu den Daten: Laut meinen Berechnungen sollte Abireo 18.990.711 Shares ausgegeben haben (+eventuell 600.000 aus dem Offering). Bei einem aktuellen Kurs von etwa 35USD entspricht dies einer Marktkapitalisierung von 665 Mio. Dollar. Nach der letzten Kapitalaufnahme (+150 Mio) und dem Cash-Bestand zum 30.6.2020 (152 Mio.) sollten Mitte Oktober bei einem relativ konstanten Cash-Burn (Odevixibat jetzt fertig, dafür startet BA) noch um die 270 Mio. Dollar in Cash vorhanden sein, zieht man davon die Schulden ab, besitzt Albireo also NetCash in Höhe von 250 Mio Dollar zurzeit. Daraus ergibt sich eine Marktkapitalisierung für die Pipeline in Höhe von 415 Mio. Dollar.
Probieren wir also die Pipeline zu bewerten und fangen mit dem Produkt an, was bereits zugelassen ist: Elobixiat
Elobixiat ist in Japan gegen chronische Verstopfung zugelassen. Allein für Japan kann dem Medikament ungefähr ein Wert für mindestens 68 Mio. zugeordnet werden, die sich aus der Meilensteinzahlung bzw. den Royalities ergeben (8 Mio 2016, 45 + 15 Mio. über HealthCAre Royalty Partners). Jetzt zähl Japan nach den USA als weiterer großer Pharmamarkt. Wenn man jetzt grob das weltweite Potenzial Elobixiats anhand den Zahlungsströmen aus Japan bewerten will (lediglich eine Abschätzung meinerseits, man muss natürlich beachten dass eventuell weitere Studien durchzuführen sind und die Patentlaufzeit nicht mehr so lange wie zu Beginn in Japan läuft). Wenn man für die USA 60 Mio., 40 Mio. für die EU und 20 Mio. für den ROW annehmen würde, kämen wir auf 120 Mio. die alleine dem Medikament Elobixiat zugerechnet werden könnten. Ein weiterer Aufpreis könnte natürlich weiterhin mit sehr guten Daten aus der NASH-Studie von EA Pharma resultieren, aber dies lassen wir mal außen vor, selbst Albireo hat ja kommuniziert, Elobixiat in Nash ersteinmal nicht mehr weiter zu verfolgen. Es wäre natürlich interessant, was der Plan Albireos mit diesem Medikament ist. Eine alleinige Vermarktung macht wenig Sinn (hoher Aufwand, wenig Expertise bis jetzt, Fokus auf A4250). Ich denke wird der Plan mit den Investoren kommuniziert, könnte der Wert für Elobixiat besser abgeschätzt werden. Demnach wird Odevixibat ein Wert von 295 Mio. Dollar zugeschrieben
Versuchen wir Odevixibat zu bewerten, sollte das Medikament zugelassen werden. Ich denke, nach den überzeugenden Daten spricht wenig gegen eine Zulassung, obwohl alle folgende Zahlen auch mit der jeweiligen Wahrscheinlichkeit für die Zulassung multipliziert werden können. Wird Odevixibat zugelassen, winkt ein Priority Review Voucher, dessen Wert ich einmal mit ca. 100 Mio. ansetzen möchte. Das Vermarktungspotenzial von Odevixibat wäre zurzeit somit auf alle Indikationen betrachtet auf 195 Mio. beziffert. Ich denke wir sind hier uns alle einig, dass das viel zu gering ist 8sollte meine Bewertung des PRV und von Elobixiat valide sein).
Versuchen wir einmal Odevixibat monetär zu bewerten: Odevixibat verbessert bei 53% der untersuchten Patienten im Durchschnitt den Juckreiz um eine Stufe auf der Skala zwischen 1-4. Sehr interessant sind in dieser Hinsicht natürlich weiter ausgewerteten Daten, die im November veröffentlicht werden sollen. Beispielsweise in welcher Hinsicht die Dosierung den Effekt des Medikaments beeinflusst. Zudem kann das Serum Bile Acid im Durchschnitt über die gesamte Patientenpopulation um 33,3% gesenkt werden (was ja auch der primäre Endpunkt der EU ist). Hierbei muss kritisch hinterfragt werden, inwieweit das Medikament dauerhaft bei der gesamten Population zum Einsatz kommen kann, gerade in Hinblick auf Mirum Pharma, aber bisher lässt sich das schwer abschätzen. Untersucht wurden dabei Patienten mit Pfic-1 und Pfic-2, die seltenere Pfic-3 und Pfic-4 wurden nicht betrachtet, von daher müssen diese Patienten auch später abgezogen werden. Pfic betrifft ca. 1/50.000 bis 1/100.000 Neugeborene, eine Lebertransplantation erfolgt im Durchschnitt nach 7,5 Jahren. Albireo gibt die Patientenpopulation in Europa und den USA auf 8-10k an. Diese Zahlen erscheinen mir fast ein wenig hoch, wenn wir davon ausgehen dass in den USA jährlich 3,8 und in Europa jährlich 5,2 Mio. Menschen geboren werden, entspricht dies jährlich zwischen 90-180 neu diagnostizierten PFIC-Patienten. Hierbei könnte sehr wichtig sein, inwieweit Odevixibat auch nach dem operativen Eingriff noch einen Nutzen stiftet (operative Gallenumleitung oder Lebertransplantation). Albireo gibt an, dass kaum ein Patient älter als 20 Jahre ohne operative Eingriffe überlebt. Um die Patientenzahl zu berechnen, nehmen wir also die 90-180 neue Fälle im Jahr * 20 Jahre Überlebensdauer, so würde ich auf ca. 1800-3600 Patienten in der EU und in den USA kommen (Ohne Berücksichtigung der verschiedenen Mutationen). Natürlich verbessern sich die Lebenserwartungen mit dem Medikament (und dadurch die Peak Sales), aber wir wollen ja den Patentzeitraum abschätzen bzw. die nahe Zukunft. Hierdurch wird nocheinmal deutlich, wie wichtig für die Bestimmung der Patientenanzahl der Einsatzzweck des Medikaments ist. Das sind jetzt natürlich nur Abschätzungen, Albireo wird da detailliertere Informationen dazu haben, aber für mich sollen die 1800 - 3600 Patienten als Grundlage zur Bewertung dienen. Nachdem die Patientenpopulation bestimmt wurde, soll der Medikamentenpreis bestimmt werden. Da es eine sehr seltene Indikation mit schwerwiegenden Folgen und ohne Alternativen ist, kann dementsprechend auch ein höherer Preis verlangt werden. Ich gehe von einer Preisspanne zwischen 75.000 und 150.000k pro Patient und Jahr aus (bzgl. des Preises gab es ja auch hier in diesem Forum schon einige Diskussionen). Demnach käme ich für die USA und Europa (in diesen Gebieten soll die Kommerzialisierung ja selbst durchgeführt werden) auf Peak Sales in Höhe von 135 Mio und 540 Mio Dollar. Zur Bewertung des Medikaments werden in der Regel multiples der PeakSales verwendet (im rare disease Bereich bspw. mehr als in einer normalen Indikation), ich gehe von einem multiplen von x5 aus. Demnach könnte Odevixibat (trotz meiner zum Teil konservativen Berechnung bzgl. der Patientenzahl und des Preises) mit 675 Mio und 2,7 Mrd. bewertet werden. Im Vergleich zu der Bewertung von 195 Mio. für das Medikament zurzeit würde dies einem Upside von ca. 25 - 125 Dollar im Aktienkurs entsprechen. Nicht berücksichtigt wäre hierbei jedoch das Potenzial für die restliche Welt. Pro Jahr werden weltweit ohne EU und USA 124.000.000 Menschen geboren, d.h. 1240-2480 Patienten jährlich. Aus einer eventuellen Verpartnerung resultieren wiederum Milestones und Royalty Zahlungen (on top auf die +25-125 Dollar).
Zusätzlich gibt es für Odevixibat das Potenzial, die Phase3 Studien in weiteren Indikationen erfolgreich abzuschließen (Alagille Syndrome und Biliary Atresia). Dies würde weiteren 15-25k Patienten entsprechen (Angabe von Albireo). Ohne die weitere Indikationen weiter zu Betrachten, lässt sich das riesen Potenzial von Albireo erschließen. Zudem forscht man an Medikamenten für NASH (preclinical), auch A3384 für BAM kann sobald genügend Geld vorhanden ist in Phase 3 überführt werden.
Den aufgezählten Chancen sehe ich wenige Risiken gegenüberstehen. Das größte Risiko liegt in einer Ablehnung seitens der FDA (was ich für relativ unwahrscheinlich halte). Zudem besteht natürlich immer ein Risiko einer weiteren Verwässerung, hierbei sei jedoch auch auf die Möglichkeit sich weiteres Geld von Hercules Capitel (bis zu 80 Mio in Abhängigkeit von Meilensteinen zu leihen hingewiesen). Eine weitere Verwässerung könnte auch im Zusammenhang mit Kommerzialisierungsschwierigkeiten stehen, gerade für ein Unternehmen, das bislang noch keine eigenen Produkte selbst vertreibt. Aber gerade aufgrund der Indikation sollten die Patienten bzw. Ärzte einfach erreicht werden. Das Risiko auftretender Probleme mit dem Medikament in der open label Studie halte ich für nahezu ausgeschlossen.
Noch ein Wort zum Mitbewerber Mirum Pharma, die im gleichen Feld wie Albireo mit einem ähnlichen Medikament unterwegs sind. Zur Abschätzung des Potenzials. Anhand der vorgelegten Daten überzeugt Odevixibat insbesondere durch das bessere Safety Profile. Aber für die weitere Indikationen liegen keine direkten Daten vor, weshalb ich mich auf die hard Facts konzentriere: Alagille Syndrome: Hier hat Mirum einen Vorsprung, Albireo will Ende 2020 eine Phase 3 Studie starten, Mirum dagegen befindet sich in einem Rolling Submission, also einer fortlaufenden Überprüfung hinsichtlich der Zulassung (jedoch ohne beendete Phase3 Studie). Der Launch ist von Mirum für das 2H2021 geplant. PFIC: Hier sollte Albireo zeitlich im Vorsprung sein. Die Phase 3 Studie von Mirum rekrutiert noch Patienten (4 Wochen Screening und mindestens 26 Wochen Behandlung). Mirum will jedoch auf Basis von Langzeitdaten (5 Jahre der Indogo-Studie) einen Zulassungsantrag in Europa noch im 4Q2020 stellen. In der Phase3 Studie werden zudem nur PFIC-1 Patienten behandelt. Biliary Atresia: Auch hier plant Mirum vor Albireo fertig zu sein. Mirum plant im 4Q2020 eine Phase 3 Studie zu starten, die 26 Wochen Behandlung umfasst. Die Studie soll im November 2022 ausgewertet werden können. Albireo hat bereits ihre Phase 3 Studie gestarten, diese umfasst jedoch eine 24-monatige Behandlungsdauer (und plant, bis Juni 2024 die Studie zu beenden).
Lasst mal gerne eure Anmerkungen und Meinungen zu meinen Ausführungen da. Wie gesagt, das große Potenzial von Albireo ist uns allen klar und ich denke wir werden uns alle in Zukunft noch über die deutlich höheren Notierungen freuen |