NRW-Firmen tüfteln am Treibstoff der Zukunft
Brennstoffzelle soll zur Fußball-WM Marktreife besitzen
von Wolfgang Pott
Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Axel Horstmann (SPD) will endgültig wissen, was von der Brennstoffzellen-Technologie zu halten ist. Dabei geht er ein gewisses Risiko ein. Denn als Testfeld hat er ausgerechnet die prominenteste Veranstaltung dieses Jahrzehnts in Deutschland gewählt, die Fußball-Weltmeisterschaft im Jahr 2006.
Während der WM sollen mit Brennstoffzellen betriebene Kleinbusse an den drei Spielorten in NRW, in Gelsenkirchen, Dortmund und Köln, Zuschauer und Funktionäre befördern. Würde das Experiment gelingen, wäre dies der Durchbruch eines jahrzehntelangen wissenschaftlichen Kraftaktes im Land. Denn Nordrhein-Westfalen gilt neben Baden-Württemberg als das führende Bundesland in der Forschung mit den Brennstoffzellen.
Mit dem gesamten System der Brennstoffzelle beschäftigen sich in NRW der Essener Energiekonzern RWE und die beiden Gelsenkirchener Unternehmen
Masterflex AG und Hydrogenics Enkat GmbH. Darüber hinaus gibt es über 300 Zulieferfirmen, die einzelne wichtige Bauteile für die Herstellung einer Brennstoffzelle produzieren. An den meisten NRW-Universitäten wird an der Brennstoffzelle geforscht.
Ebenso arbeiten Forschungseinrichtungen wie das Forschungszentrum Jülich und das Zentrum für Brennstoffzellentechnik in Duisburg an dieser Zukunftstechnologie. Hauptgesellschafter der Duisburger Einrichtung ist ein Förderverein, dem unter anderem die NRW-Energiekonzerne RWE und Eon-Ruhrgas sowie der Kraftwerksbauer Steag angehören.
Hydrogenics Enkat wird die Kleinbusse für die WM bauen. Das Land unterstützt die Entwicklung mit knapp 570 000 Euro.
Masterflex erhält für die Entwicklung eines dreirädrigen Transport-Fahrrades sogar 900 000 Euro von der Europäischen Union und vom Land NRW. Das sogenannte Cargobike soll ebenfalls während der WM zum Einsatz kommen. Möglicherweise ist dieses Geld gut investiert. Denn gerade im Verkehrsbereich bietet sich der Einsatz von Brennstoffzellen an, etwa im Personennahverkehr, im Werksverkehr, in Pkw freien Stadtzentren, in Freizeitparks oder bei Großveranstaltungen wie der WM.
In diesen Bereichen kann das größte Hindernis der Brennstoffzellentechnologie am ehesten überwunden werden. So müssen Brennstoffzellen mit Luft und mit Wasserstoff versorgt werden, um elektrische Spannung für den Antrieb von Elektromotoren erzeugen zu können.
Luft ist dabei freilich das kleinere Problem. Doch es gibt in Deutschland kein Wasserstoff-Tankstellennetz. Das müßte erst noch geschaffen werden. Für die WM-Kleinbusse oder im Personennahverkehr lohnt sich der Bau einer Wasserstoff-Tankstelle allemal.
Aus Sicht der Unternehmen ist diese Barriere vor allem in NRW überwindbar, weswegen sich immer mehr auf Brennstoffzellen-Technologie spezialisierte Firmen im Land ansiedeln.
Die US-amerikanische Firma Idatech, eines der weltweit führenden Unternehmen im Bereich der Brennstoffzellen-Technologie, wird den neuen Sitz der europäischen Tochtergesellschaft an einem Standort im Ruhrgebiet haben. Der Technologiekonzern 3M hat angekündigt, die Entwicklungen in der Brennstoffzellentechnologie bei seiner deutschen Tochter in Neuss deutlich steigern zu wollen. Und die Fuel Cells Canada, ein kanadisches Netzwerk von Brennstoffzellen-Firmen, will die Zusammenarbeit mit dem Brennstoffzellen-Netzwerk in Nordrhein-Westfalen ausbauen.
" Unsere Strategie ist es, die Brennstoffzellentechnologie zeitnah in die kommerzielle Nutzung einzubringen" , sagt Verkehrsminister Horstmann. Für eine konkurrenzfähige Serien-Produktion von Fahrrädern und Automobilen mit Brennstoffzellen-Antrieb müßten aber die entscheidenden Materialien noch deutlich preiswerter produziert werden.
So kostet etwa eine für die Funktion der Brennstoffzelle zwingend benötigte Membran pro Quadratmeter rund 7000 Euro. " Das große Geheimnis für den Erfolg der Brennstoffzelle wird deren Preis sein" , sagt Willfried Müller, Physiker und bei
Masterflex zuständig für den Brennstoffzellen-Geschäftsbereich. Die Politik gibt sich dagegen wie gewohnt optimistisch. Und so sieht Axel Horstmann das Land schon heute " in der ersten Liga der Brennstoffzellentechnologie" .
Artikel erschienen am 26. Dezember 2004
(Quelle:
www.wams.de)