GMX: Dommermuth packt die Profit-Peitsche aus „Wir wollen weiterhin an die Börse“, war vor wenigen Tagen aus der Münchener Firmenzentrale des Internet-Dienstleisters GMX zu hören. Vielerorts sorgte diese selbstbewusste Ankündigung für Kopfschmerzen. Schließlich hörte sich dieser Satz im Mai vergangenen Jahres ebenso überzeugt an.
Damals versuchte das 1998 gegründete Unternehmen zum ersten Mal, seine Aktien öffentlich zu platzieren – und scheiterte kläglich.
Mangelnde Börsenreife lautete einst das vernichtende Urteil der Börsenexperten. Zu groß waren die Schwierigkeiten, die der Anbieter von kostenlosen E-Mail-Accounts hatte. E-Mails sollen verschwunden oder nur unvollständig zugestellt worden sein, der Dienst war teilweise mehrere Stunden lang nicht erreichbar. Hinzu kam das denkbar schlechte Klima am Neuen Markt. Allein im Mai verlor der All-Share-Index 18% auf 5.400 Punkte.
Mittlerweile notiert der Index bei 2.900 Punkten und auch im Hause GMX ist vieles anders geworden. Großaktionär Ralph Dommermuth, Chef des Beteiligungs-Unternehmens United Internet, hat kräftig an der Notbremse gezogen. Bis auf Petzer Könkow musste der gesamte GMX-Vorstand gehen - zu den geschassten gehörte auch Unternehmens-Gründer Karsten Schramm. Seine Vorstellungen der GMX-Zukunft habe nicht mit denen des Großaktionärs Dommermuth übereingestimmt, berichtet das Manager-Magazin.
Dommermuths Vorstellungen sind eindeutig: Er verlangt eine radikale Neuausrichtung des Unternehmens. GMX soll sich künftig als Informationsportal präsentieren – ähnlich wie web.de. Kooperationspartner sollen dafür bezahlen, ihren Content auf der neuen GMX-Seite präsentieren zu können. Als Verkaufsargument sollen die mittlerweile 7,8 Millionen Nutzer des kostenlosen E-Mail-Zugangs herhalten. Als Belohnung verspricht Dommermuth den Mitgliedern einen ersten Relaunch der Seite zur Computer-Fachmesse Cebit Ende März. Dann sollen weitere kostenlose Funktionen wie Adress-, Termin- und Dateiverwaltung sowie Benachrichtigungsdienste angeboten werden, erklärt er gegenüber dem Manager-Magazin. Mit dieser Neuausrichtung soll GMX in die schwarzen Zahlen getrieben werden. Denn Dommermuth hat im vergangenen Jahr durch den ausgefallenen Teil-Exit im Zuge des GMX-Börsenganges in seiner Firma rote Neun-Monats-Zahlen hinnehmen müssen.
GMX selbst ist seinen Angaben zufolge durch das fehlende Geld noch nicht in seiner Existenz bedroht. Bis Ende dieses Jahres sei noch genug Geld in der Kasse, erklärt er. Die logische Folge: Noch in diesem Jahr muss GMX an die Börse, egal ob als E-Mail-Anbieter oder als Informationsportal. Es sei denn, Dommermuth verkauft das Unternehmen. Angebote erhalte er ständig, erklärt er, kündigt aber an der Versuchung zu widerstehen. Autor: Robert Sopella, 12:55 19.01.01 |