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Acht Jahre benötigte Lenovo, um zum größten PC-Hersteller der Welt zu werden. Jetzt wollen die Chinesen die Platzhirsche Apple und Samsung von der Spitze des Smartphone-Markt verdrängen - und das deutlich schneller.
BarcelonaLiu Jun lacht. Was für eine Frage! „Natürlich wollen wir die führende Position erreichen.“ Apple mag im Weihnachtsgeschäft imposante 75 Millionen iPhones verkauft haben, Samsung mag gerade die Fachwelt mit seinem neuen Galaxy S6 begeistern – der Lenovo-Manager hat trotzdem keinen Zweifel daran, dass seine Firma größter Smartphone-Hersteller der Welt wird.
Bevor er einen genauen Zeitpunkt nennen kann, mahnt aber der Pressesprecher zur Zurückhaltung. „Ich glaube nicht, dass es acht Jahre dauert“, sagt Liu Jun also nur. „Das wäre zu lang.“
Acht Jahre, das ist für den chinesischen Elektronikkonzern keine willkürlich gewählte Zahl. So lange brauchte er, um nach der Übernahme der Computersparte von IBM der größte PC-Hersteller der Welt zu werden. Im Smartphone-Markt soll nun eine ähnliche Strategie zum Erfolg führen: Im vergangenen Jahr kaufte er Motorola Mobility – nun will er mit der bekannten Marke auch die Märkte im Westen aufrollen, wie er auf dem Mobile World Congress in Barcelona selbstbewusst wissen lässt.
Der Deal bot ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Lenovo zahlte für den Hersteller mit dem markanten M im Logo moderate 2,9 Milliarden Dollar – Google hatte 2011 noch 12,5 Milliarden Dollar hingeblättert, allerdings inklusive der Patente, die beim Suchkonzern verbleiben. Dafür bekam Lenovo nicht nur eine klangvolle Marke und Lizenzen für die Schutzrechte, sondern auch eine perfekte Ergänzung fürs eigene Geschäft.
„Das größte Problem, das Motorola für Lenovo löst, ist der Eintritt in die westlichen Märkte, vor allem die USA“, schreibt der Analyst Jan Dawson. Für die chinesischen Rivalen Huawei und ZTE sei das ungleich schwerer. Zudem verringere der Konzern seine doppelte Abhängigkeit – vom PC-Geschäft, in dem die Wachstumsaussichten durchwachsen sind, und von China, wo der Kampf um die wachsende Mittelschicht immer härter wird.
Ähnlich wie bei den Thinkpad-Notebooks wird der Name Motorola bestehen bleiben. Er soll für Mittelklasse-Smartphones mit Android pur stehen, die sich personalisieren lassen – etwa indem Nutzer Material und Farbe der Hülle aussuchen. „Die Marke können wir in fast allen Ländern der Welt einsetzen“, sagt Liu Jun im Gespräch mit dem Handelsblatt. So sei Motorola gerade nach zwei Jahren nach China zurückgekehrt.
Unter dem Namen Lenovo werden dagegen günstige Geräte verkauft. „Sie bieten den besten Wert für Kunden“, wie Liu Jun es ausdrückt. Der Konzern vermarktet sie zunächst in Schwellenländern – in deutschen Elektronikmärkten oder bei Vodafone und T-Mobile werden die Geräte mit dem roten Schriftzug nicht angeboten.
Der Weg an die Spitze ist noch weit
Gleichzeitig hilft die Größe Lenovo, Kosten zu sparen. „Wir haben mit der Integration von Beschaffung und Herstellung begonnen“, sagt Liu Jun. „Das hilft Motorola, die Kosten zu senken.“ Der Effekt lässt sich derzeit nicht genau beziffern, da er von der Produktionsmenge abhängt. Der Manager geht aber davon aus, dass Lenovo in diesem Geschäftsjahr rund eine halbe Milliarde Dollar einspart. Im vierten Quartal des Geschäftsjahres soll Motorola wieder profitabel sein.
Die Einsparungen sind allerdings auch nötig. Der Wettbewerb ist hart, die Margen sind schmal. Die Übernahme könnte Lenovo nach Einschätzung eines Experten helfen, den Preiskampf zu überleben. „Die Marke hilft, die Margen hoch zu halten – Verbraucher zahlen für einen Namen, dem sie vertrauen, mehr“, sagt Ian Fogg, Analyst beim Marktforscher IHS.
Die Größe helfe, um die Produktion effizienter zu machen. Und nicht zuletzt profitiere der Konzern von seiner Erfahrung im PC-Geschäft. „Lenovo hat gezeigt, dass es in einem ruinösen Wettbewerb Geld verdienen kann. Diese Erfahrung hilft im Smartphone-Markt“, so Fogg.
Doch der Weg an die Spitze ist noch weit. Im vierten Quartal 2014 verkauften Lenovo und Motorola zusammen 25 Millionen Smartphones und damit ungefähr ein Drittel dessen, was Apple und Samsung jeweils absetzten. In China wiederum ist Xiaomi mit seinen Verkaufsaktionen die Nummer 1.
Vielleicht kommt es auch gar nicht so sehr darauf an. „Lenovo hat im PC-Markt demonstriert, dass es in einem harten Wettbewerb sehr effizient sein kann“, sagt IHS-Analyst Fogg. „Diese Erfahrung kann im Smartphone-Markt helfen.“ Der Marktanteil spiele dabei aber keine entscheidende Rolle: „Am Ende zählt, ob eine Firma Geld verdient – das geht auch, ohne die Nummer 1 zu sein.“ Quelle: Handelsblatt Online ----------- "Lebbe geht weiter" |