Lenovo und ist ein Übergang zu einer höheren strategischen Qualität:
Der Computer-Konzern Lenovo will an die Spitze - doch nicht nur auf dem PC, sondern nun auch auf dem Smartphone- und Cloudmarkt.
Mit knapp 18 Prozent Marktanteil stellt die einstige Vertriebsbude, die noch Ende der 80er-Jahre ausländischen IT-Anbietern half, ihr Zeug auf dem erwachenden Riesenmarkt China zu verkaufen, den größten Computerbauer der Erde, vor HP und vor Dell. Heute weiß man: Es war der Anfang einer leisen, aber unaufhaltsamen Erfolgsstory.
Nun beginnt der Kampf um die Marktanteile gegen die Smartphone-Riesen. Mit der Übernahme von Motorola schlägt Lenovo nun ein neues Kapitel auf. Eines, in dem Lenovo das wiederholt, was der Konzern sich im PC-Geschäft auf die Fahnen geschrieben hat, nämlich den Angriff auf die Weltspitze. Was eigentlich übertragen auf die Smartphone-Welt, bedeuten müsste: Die Attacke auf Samsung und Apple. Vielleicht spielt der Rückenwind eines stark wachsenden Heimatmarkts, auf dem Hunderte Millionen Menschen ins Elektronikzeitalter aufbrechen, die gute Qualität zu bezahlbaren Preisen wollen und deswegen mit etablierten Westmarken weniger anfangen können als mit einem aufstrebenden Technikvorreiter vor Ort eine große Rolle? Eine Firma, die die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Landsleute kennt und von dort aus - geschickt und mit dem nötigen Finanzkapial ausgerüstet - die Märkte im „Rest der Welt“ beliefern will. Ich denke, dass diese Strategie sich auszahken wird.
Vieles spricht dafür. „Es ist unsere Mission, auch zu einem führenden Anbieter in der Ära nach dem PC zu werden“, kündigt Yang an, der keine Probleme damit hat, seinen Jahresbonus auf die Mitarbeiter verteilen zu lassen. „Das schließt Tablets, Smartphones und Smart-TV mit ein.“ einer der Gründe: Gegenüber Herstellern wie HP oder Apple punktet Lenovo mit einer breiten Auswahl an Günstiggeräten – die jetzt erste Wahl in den Wachstumsmärkten Asien, Afrika und Lateinamerika sind. Apple hatte bisher mit seinem iPhone 5c nicht der erwarteten Erfolg. Außerdem ist es bestimmt der Preisvorteil sein, der Ihm gegenüber Apple und Samsung im Vorteil sieht. Schon heute bietet Lenovo in 30 Ländern Smartphone-Geräte an, ist hinter Weltmarktführer Samsung (und vor Apple) die Nummer zwei in China und sicherte sich aus dem Stand stramme 13 Prozent am Handy-Markt in Indonesien. In Brasilien schluckten die Chinesen den Konkurrenten CCE. In Deutschland gelang Lenovo mit der Übernahme des Aldi-Zulieferers Medion ein Überraschungscoup. Mit der neu erworbenen Marke Motorola schafft es Lenovo laut Beobachtern nun auf einen Weltmarktanteil von sechs Prozent - zwar noch deutlich hinter Platzhirsch Samsung (30 Prozent) und Apple (15 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahr aber bedeutet das ein Plus von 50 Prozent. „Binnen vier Jahren dürfte der Umsatzanteil der Smartphones von derzeit 20 auf 50 Prozent steigen“, setzt Yang noch einen drauf. 100 Millionen Computerhandys sollen dazu pro Jahr über die Ladentheke wandern - doppelt so viele wie bisher. Um das zu schaffen, müssen neue Absatzmärkte her. Die USA zum Beispiel, in die sich die Chinesen bisher nicht so recht trauten. Der Grund: Wegen Qualitäts- und Sicherheitsbedenken machen US-Kunden bislang einen großen Bogen um Geräte Made in China. Aus diesem Grund ist der Motorola-Zukauf ein sehr guter Schachzug. „Motorola ist stärker in Nord- und Lateinamerika“, begründet Lenovo-Boss Yang den knapp drei Milliarden Dollar teuren Zukauf. Die Marke ist laut Yang eine „Abkürzung“ zum amerikanischen Markt. Dort und im Rest der Welt könne Lenovo einen weiteren Vorteil gegenüber der Konkurrenz ausspielen: Die deutlich höhere Taktzahl bei der Einführung neuer Modelle. „Der Zyklus für die Modellauffrischung wird in den entwickelten Märkten kürzer und schneller“, erklärt Yang. „Unser Vorteil ist, dass wir in den Schwellenregionen stärker sind und in den entwickelten Ländern schneller neue Modelle auf den Markt bringen als die Konkurrenz“, sagt Yang. Allein in China waren es 2013 schon 40 neue Modelle. Und jeden Monat kommen weitere dazu, viele davon „inhouse“ entwickelt - das spart Kosten und verkürzt die Zeit bis zur Markteinführung. Die Folge ist, dass höhere Absatzzahlen als die lokale Konkurrenz abgesetzt werden.
Fazit: Lenovo hat mehr Wachstumstreiber zu bieten als den boomenden Heimatmarkt China - auch wenn das Riesenreich für 42 Prozent des Konzernumsatzes und den Großteil der Gewinne steht. Ein Wachstumstreiber soll das Geschäft mit Großrechnern wertden. Hierzu kaufte Lenovo Anfang des Jahres einen Großteil des Server-Geschäfts von IBM. Es ist ein kluger Schachzug aus zwei Gründen: Erstens, um an der Archillesferse des Konzerns zu arbeiten - die geringe operative Marge. Drei Prozent Gewinnanteil bedeuten noch mal 2,4 Prozentpunkte weniger als beim strauchelnden US-Rivalen Dell (5,4 Prozent). Zum Vergleich: Apple bringt es auf satte 29 (!) Prozent. Mit Bruttomargen bei Motorola von rund 20 Prozent und einer hochprofitablen Server-Sparte dürfte Lenovo den Gewinnanteil am Umsatz kräftig in die Höhe schrauben. Zweitens: Server sind auf Grund des hohen Datenaufkommens in der Internet-Wolke Cloud ein rasant wachsendes Geschäft. Gut möglich, dass die Chinesen dann ihre Großrechnerfarmen als Speicherhochburgen nach Google- und Amazon-Manier vermarkten.
Und die Aktie? Verliert - zumindest nach Bekanntwerden der Motorola-Übernahme. „Das könnte für Lenovo eine Nummer zu groß sein“, warnt Analyst Alberto Moel von Sanford C. Bernstein. Doch die Skeptiker lagen schon einmal falsch. Auch bei der angeschlagenen IBM-Sparte gelang es den Chinesen, den Umsatz binnen acht Jahren zu verdoppeln und Weltmarktführer zu werden. Zudem stehen die Chancen auf eine Neubewertung der Aktie gut. Der kleine Rückgang vom 5. Februar 2014 war dem Umstand geschuldet, dass eine Analyse zum PC veröffentlicht wurde, in der wieder deutlich gemacht wurde, dass der PC-Absatz weltweit weiter sinken wird. Diese Aussage ist für die Hersteller nichts Neues. Smartphones und Tablets machen bereits ein Fünftel des Umsatzes aus. In China ist die Sparte profitabel. Geht das Wachstum weiter, gilt Lenovo an der Börse bald als sexy Smartphone-Wert à la Apple oder Samsung - nicht bloß als Verkäufer von langweiligen PC-Kisten.
So sei der weltweite Server-Absatz im vergangenen Jahr zwar um 2,1 Prozent gestiegen, die Umsätze offenbarten mit minus 4,5 Prozent jedoch eine rückläufige Tendenz. Insbesondere der Geschäftskundenmarkt, der den Großteil des Marktes ausmacht, zeigte sich in einer schwachen Verfassung. Während alle Regionen einen Rückgang verzeichneten, wuchs der Umsatz lediglich in der Region Asien-Pazifik um 0,6 Prozent.
Durch die weitere, nicht zufällige Diversifizierung stellt sich Lenovo neu auf bzw. fängt geschickt den lange bekannten rückläufigen PC-Absatz ab, ja erweitert sein Geschäftsfeld erheblich. Ich denke, dass Lenovo durch die letzten strategischen Übernahmen seine Stellung im weltweiten Markt festigt und planmäßig ausbaut. |