Wenn Sie eines im Zeitalter der Elektronik nie vergessen sollten, dann dies: Es gibt keine Privatsphäre mehr. Jedes elektronische Gerät, jede elektronisch übermittelte Nachricht, jedes elektronische Irgendwas verletzt Ihr Verständnis von Privatsphäre auf jede nur denkbare Weise, das gilt auch für ein scheinbar harmloses Ding – das Foto. Wenn es mit einem Smartphone aufgenommen wird – was heutzutage bei sehr vielen Fotos der Fall ist –, dann können die Regierung, aber auch ganz normale Leute (auch die, die Ihnen gar nicht schaden wollen) mithilfe von Metadaten, die in dieses Foto eingebettet sind, das Sie soeben über Twitter verschickt oder bei Facebook gepostet haben, ihre genauen Koordinaten ermitteln.
Das heißt, Ihren Wohnort, den Ort, von dem Sie das Foto gesendet oder gepostet haben. Ein Enthüllungsbericht der McClatchy Newspapers besagt:
Die GPS-Information, die in ein digitales Foto eingebettet ist, ist ein Beispiel für so genannte Metadaten, ein vormals unklarer technischer Begriff, der zu einem der beliebtesten Modewörter in Washington geworden ist. Das Wort kam Anfang dieses Monats zunächst Experten und Politikern über die Lippen, nachdem Berichte aufgedeckt hatten, dass die Regierung insgeheim auf die Telefon-Metadaten von Kunden des Telefonanbieters Verizon, aber auch auf Online-Videos, E-Mails, Fotos und andere Daten, die von neun Internet-Firmen gesammelt worden waren, zugegriffen hatte.
Im Zuge der Enthüllungen, dass die NSA all diese Metadaten sammelt, versuchte Obama uns zu versichern, »niemand hört bei Ihren Telefongesprächen mit«. Andere Regierungsvertreter verglichen das Sammeln solcher Daten mit – kein Scherz! – dem »Lesen von Informationen auf der Außenseite eines Briefumschlags, wozu es keiner richterlichen Anordnung bedarf«, berichtet McClatchy. Gewiss, aber laut Experten für Fragen der Privatsphäre bedeutet das keine Versicherung. Jeder, der wisse, wie man Metadaten anzapfe, verstehe, dass sie sehr viel mehr über uns und unser Alltagsleben preisgeben als andere Kommunikationsformen. Metadaten sind im Wesentlichen all Ihre Informationen Was genau sind Metadaten? McClatchy erläutert: Vereinfacht gesagt sind es Daten über Daten. Ein frühes Beispiel ist die Dewey-Dezimalklassifikation, mit der Büchereien ihre Bücher nach Titel, Autor, Sachgebiet und anderen Informationen einordnen. Im digitalen Zeitalter werden Metadaten in unsere elektronischen Übermittlungen kodiert. »Metadaten sind Informationen darüber, welche Mitteilungen Sie versenden und empfangen, mit wem Sie reden, wo Sie sich gerade aufhalten, wenn Sie mit ihnen reden, die Länge Ihrer Gespräche und welches Gerät Sie benutzen, sowie potenziell weitere Informationen, wie die Betreffzeile Ihrer E-Mails«, erklärte Peter Eckersley, der Technikdirektor bei der Electronic Frontier Foundation, einer digitalen Bürgerrechtsorganisation, gegenüber der Zeitungsgruppe. Wie er weiter berichtete, seien leistungsfähige Computeralgorithmen in der Lage, Metadaten zu analysieren, um Profile über Menschen zu erstellen und ihre Verhaltensmuster zu erkennen: »Metadaten sind der perfekte Ausgangspunkt, wenn Sie Millionen von Mitteilungen von Menschen durchforsten wollen, um Muster zu finden und kleinere Gruppen für eine genauere Überwachung herauszufiltern. Sie sagen Ihnen, welche Menschen gemeinsam an politischen Versammlungen teilnehmen, gemeinsam in die Kirche gehen, gemeinsam einen Nachtclub besuchen oder miteinander schlafen.« Ist das etwa keine Verletzung der Privatsphäre? Die Regierung braucht also gar nicht Ihre Gespräche mitzuhören, alles was sie wissen will, erfährt sie von den Digitalbildern, die Sie posten, per Twitter oder sonstwie über unsichtbare drahtlose Netze verschicken. »Es reicht definitiv aus, um zu erfahren, ob sie schwanger sind oder nicht, an welchen Krankheiten Sie leiden, ob Sie eine neue Arbeit suchen, oder ob Sie herausfinden wollen, ob Sie von der NSA überwacht werden oder nicht«, sagt Eckersley. Diese Art Informationen stelle »ein höchst intimes Fenster in die Psyche eines Menschen« dar, betonte er. Je mehr wir uns also auf unsere Smartphones verlassen, desto mehr Metadaten stellen wir zur Verfügung, aus denen sich Profile entwickeln lassen. Metadaten können auch Waffenbesitzer identifizieren Es gibt noch einen weiteren Grund zur Besorgnis über die Wahrung der Verfassung.
Laut Karen Reilly, Entwicklungsleiterin des The Tor Project, einer gemeinnützigen Organisation in Amerika, die Technologien für Online-Anonymität und zur Abwehr von Zensur entwickelt, können Metadaten Sie sogar als Besitzer einer Schusswaffe identifizieren. »Egal, was eine Hintergrundsprüfung besagt, wenn Sie Ihr Handy mit auf den Schießstand bringen, dann haben Sie wahrscheinlich eine Waffe«, betont sie. »Den Menschen ist gar nicht bewusst, wie viele Informationen sie preisgeben. Sie können versuchen, sie zu sichern – einige Tech-Tools verwenden – Sie können versuchen, online zum Schwarzen Loch zu werden – aber wenn Sie versuchen, so zu leben, wie es von Ihnen erwartet wird, ist es wirklich schwer, die Kontrolle über die Datenmenge zu behalten, die Sie überall preisgeben.« Denken Sie daran beim nächsten Mal, wenn Sie mit dem iPhone oder einem anderen intelligenten Gerät ein Foto machen und es an einen Freund schicken. Tatsächlich übermitteln Sie es an eine Welt von Metadaten-Dieben, eine Gruppe, zu der – wie wir mit Bestimmtheit wissen – die Regierung in Washington gehört. Quellen für diesen Beitrag waren u.a.:
McClatchyDC.com
Guardian.co.uk
NewYorker.com
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