10 000 Berliner warten auf OP Streit zwischen ambulanten Operateuren und Kassen hat erste Konsequenzvon Tanja Kotlorz In Berlin warten etwa 10 000 Menschen auf eine ambulante Operation. Diese Schätzung kursiert unter den niedergelassenen ambulanten Operateuren, die wegen eines Honorarstreits mit den gesetzlichen Krankenkassen immer weniger ambulante Operationen durchführen. Wartezeiten von drei Monaten gehören nach Angaben des Vorsitzenden des Landesverbandes Ambulantes Operieren, Ansgar Pett, zur Tagesordnung.
"Wir operieren nur noch Notfälle", sagt der Steglitzer niedergelassene Anästhesist Daniel Panzer. Unter Notfällen versteht Panzer Patienten mit starken Schmerzen, Kranke mit Tumorverdacht oder wenn eine massive Verschlechterung der Gesundheitslage zu erwarten sei. Normalerweise fänden in seiner Praxis pro Woche 100 bis 120 Operationen statt. "Jetzt sind es noch 25 bis 40 Eingriffe in der Woche."
Das Budget der Krankenkassen reiche nur für 20 Operationen im Quartal, bei der 21. OP müsse der Arzt zuzahlen. Patienten, die wegen eines Leistenbruchs oder wegen einer Vorhautverengung operiert werden wollen, müßten sich bei Panzer sogar bis August gedulden.
Bei anderen Medizinern müssen Patienten mit ähnlich langen Wartezeiten rechnen. Die niedergelassene Wilmersdorfer Anästhesistin Klaudia Beck-Oerter, die in einem großen ambulanten OP-Zentrum arbeitet, hat bereits 100 Patienten auf eine OP-Liste gesetzt. Die Patienten warten darauf, daß schmerzhaft verengte Nerven an der Hand operiert werden, oder daß Nägel aus operierten und verheilten Knochenbrüchen entfernt werden. "Wir behandeln nur noch Notfälle oder Privatpatienten", sagt die 47jährige Ärztin. Die Patienten seien "absolut verständnisvoll", versichert Beck-Oerter. Insgesamt erbringe die Praxis nur noch ein Drittel der OP-Leistung. Grund für diese Rationierung seien drastische Umsatzeinbrüche. "Wir haben im zweiten Quartal 2005 Einbußen von 30 Prozent gehabt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum", rechnet sie vor. Auch für das Praxispersonal habe die angespannte Finanzlage Konsequenzen. Einer Anästhesiehelferin sei gekündigt worden, bei drei Mitarbeitern sei beim Arbeitsamt Kurzarbeit angemeldet worden.
Der Kollege und Anästhesist Dieter Gnamm gesteht, daß er sich mit seiner Praxis nur noch bis Ende März finanziell über Wasser halten könne. Dann müsse er Insolvenz anmelden. Der Arzt hat seine Praxis in Charlottenburg/Wilmersdorf. Von 30 Mitarbeitern habe er 25 beim Arbeitsamt zur Kurzarbeit registrieren lassen. Das monatliche OP-Pensum von 400 bis 500 Eingriffen sei im Januar auf 150 zusammen geschrumpft. Im Februar werden bei Gnamm nur noch 60 Operationen stattfinden. Auch er begründet das reduzierte OP-Programm mit der zu geringen Bezahlung seitens der Krankenkassen. "Wir müssen das Geld noch zum Operieren mitbringen", sagt er. Nach Schätzungen der ambulanten Operateure sind in den vergangenen Wochen in Berlin 300 Praxismitarbeiter in Kurzarbeit geschickt worden. Betroffen von den Honorarkürzungen seien alle niedergelassenen Operateure. 230 von ihren sind im Landesverband Ambulantes Operieren organisiert und erbringen nach eigenen Angaben etwa 80 Prozent aller ambulanten OPs (jährlich 112 000).
Derweil hat die Wartelistenmedizin der ambulanten Operateure die Kassen mobilisiert. Diese haben an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) eine Liste mit 100 "schwarzen Schafen" geschickt. Diese 100 Ärzte kommen nach Ansicht der Kassen nicht mehr ihrem Auftrag nach, für die ambulante medizinische Versorgung der Berliner zu sorgen. Nun prüfe die KV, inwieweit die Ärzte Vertragsbruch begehen.
Vize-KV-Chef Uwe Kraffel hofft indes noch auf eine Einigung mit den Kassen. Am 9. Februar verhandelt die KV mit den Ersatzkassen.
Artikel erschienen am Mi, 1. Februar 2006 Ausgedacht ist oft viel schöner als die Wahrheit. Deshalb verkauft sich die BLÖD-Zeitung wie Sau. Vorteil: Das Denken wird einem abgenommen. Nachteil: Das Denken wird einem abgenommen.
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