Bärenmarkt wird weitergehen
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
"Wo ist die Friedensdividende?"
Die Washington Post fragt sich das Gleiche wie ich. Der Krieg lief wie geplant ... es ging so schnell und leicht, dass ein weiterer Krieg fast unausweichlich ist.
Aber bis jetzt hat der Aktienmarkt weder Konfetti geworfen noch Champagner verschüttet. Der Markt - der ja normalerweise nach vorne schaut - scheint nicht gerade überglücklich zu sein. Was sieht er?
Das Magazin "Barron`s" versucht es zu erraten. Laut der aktuellen Ausgabe ist eine neue Spekulationsblase auf dem Weg. Amazon notiert bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 80. Natürlich ist 80 eine Verbesserung gegenüber den Jahren der letzten Spekulationsblase ... als Amazon noch rote Zahlen schrieb. EBAY hat ein KGV von 65, Yahoo eins von 69.
Der S&P 500 wird mit einem durchschnittlichen KGV von 30 bewertet. Basierend auf den "Kernergebnisse" (bereinigt um Sonderfaktoren, was der Wahrheit näher kommt) errechnet sich ein KGV von fast 40.
Die Aktienkäufer mögen zuversichtlich für Amerika und sein Militär gestimmt sein ... aber nicht notwendigerweise zuversichtlich für Amerikas Währung oder Amerikas Aktien.
Die Zahl der Aktienfonds ist im Februar das erste Mal seit 1996 gefallen. Im Jahr 1997 gab es 3.000 amerikanische Aktienfonds. Heute sind es 4.750 - und ihre Zahl fällt. Aber das ist relativ normal: Im letzten größeren Bärenmarkt ist die Zahl der Aktienfonds 9 Jahre lang zurückgegangen ... 1981 gab es in absoluten Zahlen weniger Aktienfonds als 1970.
Wir sind jetzt im 4. Jahr des Bärenmarktes. Die Aktienkurse stehen heute tiefer als zu Jahresbeginn. Auch mit dem Krieg hinter uns ... scheint der Markt keinen ausreichenden Grund für eine Kursänderung zu sehen ...
Unternehmensgewinne unter Druck
von unserem Korrespondenten Eric Fry an der Wall Street
"Wochenlang, vielleicht Monatelang war der Markt eine Geisel des Krieges - zuerst in ängstlicher Antizipation, dann in Hochstimmung bei Kriegsausbruch", so Alan Abelson vom Barron`s Magazin. "Aber sobald es klar war, dass die guten Jungs gewonnen hatten und dass Saddam Hussein Geschichte war, wurde die Feier abrupt gestoppt und der Krieg mit seinen Triumphen und den bevorstehenden Konsequenzen war nicht länger im Zentrum des Bewusstseins der Investoren."
Der Tag des Sieges über den Irak inspirierte keine euphorische Reaktion am Aktienmarkt. Vielleicht ist der Grund der, dass der durchschnittliche GI bei seiner Rückkehr in die USA keine süße Volkswirtschaft finden wird, die ihn mit offenen Armen empfangen wird. Stattdessen wird er diese Volkswirtschaft in einer Affäre mit steigender Arbeitslosigkeit und fallenden Unternehmensgewinnen finden.
Abelson beobachtet: "In den letzten beiden Monaten ist die Zahl der Beschäftigten um 465.000 zurückgegangen, in den letzten zwei Jahren um fast 2,5 Millionen. Und die Zahl der wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe weigert sich hartnäckig, wieder unter die Marke von 400.000 zu fallen."
Um es noch schlimmer zu machen - Dan Denning meint, dass die in den USA so genannte "Europäisierung" des amerikanischen Arbeitsmarktes auf Jahre hinaus das Entstehen neuer Jobs behindern wird. Denning: "Besonders die Gesundheitskosten und die Beiträge zur Rentensicherung machen es für amerikanische Unternehmen immer teurer, neue Arbeiter einzustellen. Der amerikanische Arbeitsmarkt wird zunehmend wie der europäische, im allgemeinen wie im besonderen. Im allgemeinen ist es so, dass politischer Druck hin zu höheren Gesundheitsausgaben der Unternehmen und sonstigen Vorzügen für die Arbeiter führt, was aber die realen Einstellungskosten für die Unternehmen erhöht, was es für sie schwieriger macht, zu expandieren."
Deshalb expandieren sie auch nicht; sie entlassen weiter Arbeiter. Und das führt zu leeren Büros. Der Anteil der leerstehenden Büroflächen an der gesamten Bürofläche ist im ersten Quartal auf 16,2 % gestiegen - das neunte Quartal in Folge hat dieser Wert zugenommen.
Zu den Unternehmensgewinnen schreibt Ken Brown vom Wall Street Journal: "Es wird erwartet, dass sich die Gewinne der im S&P 500 enthaltenen Energiegesellschaften (besonders Ölgesellschaften) im ersten Quartal fast verdreifachen werden, was erheblich mehr ist als das durchschnittliche erwartete Gewinnwachstum von 7,2 % für alle im S&P 500 enthaltenen Unternehmen. Ohne die Gewinnexplosion bei den Energiegesellschaften wären die Gewinne der restlichen im S&P 500 enthaltenen Gesellschaften im ersten Quartal um 7,1 % gefallen."
Ich habe Sie ja bereits darauf hingewiesen, dass es ziemlich überraschend ist, dass gerade die Energieaktien der Entwicklung des S&P 500 hinterhergehinkt haben. Die Investoren scheinen mit fallenden Energiepreisen zu rechnen ... sogar mit relativ stark fallenden Energiepreisen. Wer weiß, vielleicht könnte es sich auszahlen, wenn man stattdessen auf steigende Energiepreise setzen würde. |