Unverhohlener Hass und Morddrohungen
Vor ihr zittern alle Spieler. Einige behaupten gar, sie sei eine Betrügerin. Laurent schlägt nicht nur unverhohlener Hass entgegen. Auch Morddrohungen sind beinahe schon an der Tagesordnung. Insbesondere Kamran Hasanov (Husam Chadat), Präsident des internationalen Schachverbandes, trägt seine Verachtung für Laurent offen zur Schau. „Frauen sind mental einfach nicht so stabil wie Männer“ gehört noch zu seinen „freundlicheren“ Äußerungen.
Irgendetwas ist nicht nur oberfaul in Oberbayern, sondern auch im Schachsport, wie dieser neue Münchener „Tatort: Zugzwang“ wieder und immer wieder andeutet. Tatsächlich stellen Frauen im Schach eine krasse Minderheit dar, die zudem mit teils schlimmen Vorurteilen wie aus einer anderen Zeit zu kämpfen hat. Es gebe eine eklatante Kluft zwischen den Fähigkeiten von Männern und Frauen, Frauen seien mental einfach nicht so stark wie Männer und ähnlicher Unsinn gegen Frauen im Schach findet in diesem Krimi seinen Widerhall.
Jetzt versucht der neue „Tatort: Zugzwang“ von Robert Löhr (Buch) und Nina Vukovic (Regie), eine Lanze für Frauen im Schachsport zu brechen. Wobei sich insbesondere Episodenhauptdarstellerin Laurent als Glücksgriff erweist.
Ihr gelingt es mit wunderbarer Leichtigkeit, die Rolle der umstrittenen Schachmeisterin Laurent mit einer geheimnisvollen Doppelbödigkeit zu garnieren, die die eigentliche Krimihandlung beinahe in den Hintergrund drängt. Dabei widerlegt die Figur der nahezu unschlagbaren Schachspielerin freilich auch alle angedeuteten und ausgesprochenen Vorurteile.
Drehbuchautor Löhr, der sich bereits vor zwanzig Jahren mit seinem Romandebüt „Der Schachautomat“ dem Spiel der Könige gewidmet hat, überfrachtet seinen Krimi allerdings leider mit teilweise überkonstruiert wirkenden Wendungen, Rochaden und überflüssigen Details, zu denen sich dann auch noch der Bergkarabachkonflikt gesellt.
Aber Regisseurin Nina Vukovic gelingen starke Bilder, mit denen der „Tatort“ auf ein spannendes Finale zusteuert. Wobei das eigentliche Ende dann doch mehr als nur eine Frage offen lässt. Aber vielleicht ist dieser „Tatort“ seinen Zuschauern auch einfach nur zehn Schritte voraus, so wie Schachspieler „normalen“ Menschen, wie es im Film formuliert wird?