Bei Kartellrecht ist niemals der Status Quo sondern nur die Veränderung wesentlich.
Absprachen mit Wettbewerbern sind sehr schnell problematisch - das macht eine ordentliche Firma jedoch nicht, zumindest nicht so, dass man es ihr als bewußtes Handeln nachweisen könnte. Entsprechend geht unsere ganze Diskussion nur über Übernahmen.
Im Softwaremarkt geht es ja nicht nur CompuGroup so, dass sie einen hohen Marktanteil hat, sondern auch vielen Wettbewerbern. Psyprax ist in ihrem Marktsegment der psychologischen Praxen deutlich über 50%. Erfolgreiche Player haben in ihrem Kernsegment eben eine hohe Quote. Es ist auch nicht so, dass es keinerlei Wettbewerber mehr gibt. In Deutschland gibt es über hundert Anbieter von Arztsoftware. Viele versorgen nur ein paar Praxen mit Speziallösungen. Die Abhängigkeit des Arztes von einem Anbieter ist größenunabhängig. Die Schulungs- und Wechselkosten sind einfach zu hoch. Der Vorteil eines großen Anbieters ist die Sicherheit der Investition. Größere Anbieter leben eben länger. Der Arzt muss sich nicht in einem ungünstigen Moment eine neue Software zu legen, nur weil sein bisheriger Anbieter sein Geschäft aufgibt.
Das Kartellrecht wurde nicht für den Softwaremarkt geschrieben. Und da die Branchendefinition, für die der Marktanteil nach Kartellrecht nun einmal ermittelt wird "Branchensoftware" heißt, hat selbst SAP und Microsoft hier keine marktbeherrschende Stellung. Ich glaube nicht einmal, dass es für den Softwaremarkt grundsätzlich möglich ist ein sinnvolles Kartellrecht zu schreiben.
Preiserhöhungen von CompuGroup sind insbesondere für die kleineren Anbieter hilfreich, da diese in der Regel höhere Gebühren (Economies of Scale) haben und so ihrerseits etwas leichter leben können, da sie diesen Preiserhöhungen folgen können. Preiserhöhungen von CompuGroup sichern somit das Überleben der kleineren Anbieter.
Zudem sind die Kosten des Arztes für das Kartellamt nur ein kleiner Baustein bei der Betrachtung des Gesamtwohles Deutschlands. Eine Ausdehnung des Marktanteiles sorgt für eine größere Plattform über die Zusatzdienste angeboten werden können. Beispielhaft sei hier bessere Kommunikation zwischen Krankenhaus und Ärzten zu nennen durch den direkten Austausch von Patientendaten und Untersuchungsergebnissen. Dies führt zu weniger Doppeluntersuchungen, schnellerer Reaktionszeit, geringeren Falschmedikationen und durch die Software Assisted Medicine insgesamt zu einer deutlich höheren Lebensqualität der Patienten und geringeren Gesamtkosten für das deutsche Gesundheitswesen.
Bei den Krankenkassen übt der Gesetzgeber Druck aus, dass die Anbieter sich konsolidieren, da dies im Interesse der Allgemeinheit ist. Wäre dem Gesetzgeber der Arztsoftwaremarkt wichtig, würde er auch hier auf eine weitere Konsolidierung drängen. |