Deutschlands Sportfans trauern um den «Boss»: Helmut Rahn ist in der Nacht zum Donnerstag im Alter von 73 Jahren gestorben. Doch der «Held von Bern» bleibt durch sein Siegtor zum 3:2 in der 84. Minute des Weltmeisterschafts-Finales am 4. Juli 1954 gegen Ungarn unsterblich.
«Rahn war und ist eine der letzten Legenden. Er hat eine ganze Epoche bestimmt zusammen mit Fritz Walter», würdigte Franz Beckenbauer, Weltmeister von 1974 und Chef des WM-Organisationskomitees 2006, den besten Rechtsaußen in der deutschen Fußball-Geschichte. Teamchef Rudi Völler, Weltmeister von 1990, zeigte sich «sehr bestürzt. Es ist traurig».
Rahn erlag nach Angaben des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zu Hause in Essen «einem langen und schweren Leiden». Der 40-malige Nationalspieler, der am Samstag 74 Jahre alt geworden wäre, hinterlässt seine Frau Gerti und zwei Söhne. Von der ersten deutschen Weltmeister-Elf leben jetzt nur noch Horst Eckel, Hans Schäfer und Ottmar Walter, der sich tief betroffen vom Tod seines Mitstürmers zeigte: «Er war für mich während unserer aktiven Zeit immer ein echter Freund.»
Rahn lebte seit über 20 Jahren zurückgezogen in seiner Heimatstadt Essen. Er gab seit langem keine Interviews mehr und zeigte sich auch selten in der Öffentlichkeit. Nur ab und zu war er in seiner Eck- Kneipe im Essener Stadtteil Frohnhausen anzutreffen. Dort musste er auch immer wieder das Tor schildern, das ihn unvergessen machen wird: «Hänschen Schäfer schaufelt die Kirsche von links rüber zu mir, ich stehe halbrechts. Ich nehme das Ding auf den linken Schlappen und ziehe voll ab. Zwischen Lantos, Lorant und dem Bozsik durch. Der Grosics im Tor ist am rutschen, es hatte den ganzen Tag gegossen. Ich habe gar nicht gesehen, wohin der Ball ging. Aber ich wusste: Der ist drin. Drinner geht\'s nicht.»
In seiner berühmten Reportage schilderte Herbert Zimmermann die entscheidende Szene des Berner WM-Finales mit den legendär gewordenen Sätzen: «Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen, Rahn schießt, Tor, Tor, Tor .....» Dieser Treffer und sein Schütze stehen auch im Mittelpunkt des Spielfilms «Das Wunder von Bern» des deutschen Film- Regisseurs Sönke Wortmann, der ausgerechnet am Mittwochabend in Frankfurt wenige Stunden vor Rahns Tod eine Voraufführung erlebte. «Wir haben nachher zusammen gesessen und darüber diskutiert, wie wir Helmut Rahn im Oktober zur Premiere in Essen aus seinem Haus locken können», sagte der erschütterte Völler, dessen Team beim Länderspiel gegen Italien in Stuttgart mit Trauerflor antreten wird.
Der am 16. August 1929 in Essen-Katernberg geborene Rahn startete seine Fußball-Karriere 1948 beim Landesliga-Club Oelde 09, für den er 52 Tore erzielte. Über die Sportfreunde Katernberg kam er 1950 zu Rot-Weiß Essen. 1951 wurde er vom damaligen Bundestrainer Sepp Herberger in die Nationalmannschaft berufen und spielte am 21. November beim 2:1-Sieg über die Türkei in Istanbul erstmals im DFB- Trikot. In seinen 40 Länderspielen bis am 27. April 1960 (2:1 gegen Portugal) schoss er 21 Tore, davon zehn bei den Weltmeisterschaften 1954 und der mit Platz vier abgeschlossenen WM 1958.
Nach einer Auslandsreise mit RW Essen durch Nord- und Südamerika erhielt Rahn von Racing Club Buenos Aires ein Angebot, für 150 000 Mark nach Argentinien zu wechseln. Er lehnte ab und wurde 1953 mit seinem Stammclub DFB-Pokalsieger und 1955 deutscher Meister. Nach einem Gastspiel beim 1. FC Köln und in der niederländischen Ehrendivision beim SV Enschede gab Rahn 1963 in der neugegründeten Bundesliga ein überraschendes Comeback beim Meidericher SV, mit dem er im Gründungsjahr Vizemeister wurde. Geschichte schrieb Rahn auch dadurch, dass er als erster Spieler in der neuen Liga vom Platz gestellt wurde. Nach dem Ende seiner Karriere 1965 wegen einer Knieverletzung betrieb der begeisterte Brieftaubenzüchter mit seinem Bruder einen Gebrauchtwagenhandel. |