Bush stimmt Amerikaner auf Irak-Krieg ein
US-Präsident George W. Bush hat in seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation die Amerikaner auf einen möglichen Krieg mit Irak vorbereitet. Den US-Soldaten in der Golfregion stünden einige entscheidende Stunden bevor. Bush will jedoch zunächst dem Weltsicherheitsrat belastende Beweise gegen das Regime in Bagdad vorlegen.
US-Präsident Bush vor dem Kongress Bush sagte am Dienstagabend zum Auftakt seiner Rede, die USA würden sich jeder Gefahr und jedem Feind entschlossen entgegen stellen. Das Land sei "zahlreichen Herausforderungen" ausgesetzt und müsse sich bewusst sein, dass entscheidende Tage bevorstünden. Mit Blick auf den großen US-Truppenaufmarsch in der Golfregion sagte Bush: "Viele von Euch (Soldaten) versammeln sich im Nahen Osten oder in der Nähe, und einige entscheidenden Stunden dürften bevorstehen. In solchen Stunden hängt der Erfolg der Sache an Euch."
Beweise schon kommende Woche
Der Präsident kündigte ferner an, in der kommenden Woche neue Beweise für das Vorhandensein verbotener Waffen in Irak vorzulegen. "Der Diktator des Iraks rüstet nicht ab. Im Gegenteil, er betrügt", sagte Bush. So habe die britische Regierung in Erfahrung gebracht, dass Saddam Hussein kürzlich versucht habe, bedeutende Mengen Uran aus Afrika zu erhalten. Drei irakische Überläufer hätten erklärt, dass Irak in den 90er Jahren mehrere mobile Labore für biologische Waffen unterhalten habe, deren Verbleib unklar sei. Bush forderte den Uno-Sicherheitsrat auf, am 5. Februar zusammenzukommen, damit US-Außenminister Colin Powell dem Rat Beweise vorzulegen kann. Die USA werfen Irak vor, chemische und biologische Waffen zu besitzen und nach atomaren Waffen streben zu wollen. Irak bestreitet dies.
Notfalls im Alleingang
Bush machte in seiner mehrfach von stehenden Ovationen der Parlamentarier unterbrochenen Rede deutlich, dass die USA bereit sein, mit oder ohne Unterstützung der Uno Irak zu entwaffnen. "Der Lauf dieser Nation hängt nicht von den Entscheidungen anderer ab", sagte Bush. "Wir werden uns beraten, aber damit keine Missverständisse aufkommen: Wenn Saddam Hussein um der Sicherheit unseres Volkes und des Friedens in der Welt willen nicht vollständig abrüstet, werden wir eine Koalition anführen, um ihn zu entwaffnen", sagte der Präsident. An das irakische Volk gewandt sagte Bush: "Euer Feind regiert Euer Land". Er versprach der Bevölkerung nach einem Sturz Saddams Freiheit und Demokratie.
Friedliche Lösung für Nordkorea
Zum Konfliktherd Nordkorea sagte Bush: "Amerika und die Welt lassen sich nicht erpressen". Die USA würden an einer friedlichen Lösung arbeiten. Das Regime in Pjöngjang werde nur dann den Respekt der Welt erwerben, wenn es sich von seinen nuklearen Ambitionen abwende. Die jetzige Politik Nordkoreas werde nur Isolation, wirtschaftlichen Stillstand und weitere Not zur Folge haben.
Wirtschaft erholt sich langsam
Bush widmete sich zum Anfang seiner Rede innenpolitischen Themen. Er setzte sich für ein Verbot des Klonen von Menschen ein und kündigte neue Initiativen zur Verschärfung des Abtreibungsrechts an. Zur amerikanischen Wirtschaft sagte der US-Präsident, sie erhole sich von den Rückschlägen der vergangenen Jahre, wachse aber nicht so schnell und stark genug. Bush sagte: "Wir müssen eine Wirtschaft haben, die schnell genug wächst, um jeden Mann und jede Frau, die einen Job sucht, zu beschäftigen. Der Präsident will mit einem Konjunkturprogramm über 674 Mrd. $ die Wirtschaft ankurbeln.
© 2003 Financial Times Deutschland , © Illustration: AP
Kommentar: Keine Zweifel mehr Von Von Hubert Wetzel, Washington
Wenn es noch Zweifel gab, dass die US-Regierung zum Krieg gegen Irak bereit ist, hat Präsident George W. Bush sie in seiner "Rede zur Lage der Nation" ausgeräumt:
Kein Wort mehr davon, dass die Entscheidung über einen Militärschlag noch nicht gefallen sei, kein Wort mehr von einer friedlichen Lösung der Krise am Persischen Golf, wenn Bagdad nur mit den Waffeninspektoren kooperiert und abrüstet. Die üblichen Floskeln, die die amerikanischen Kriegsdrohungen bisher abgemildert haben, fehlten in Bushs Ansprache. Die Hauptbotschaft der Rede war nicht mehr, Saddam Hussein zu warnen, sondern die Amerikaner - und den Rest der Welt - auf Krieg vorzubereiten.
Ob Bush das gelungen ist, wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Neue Argumente hat der Präsident nicht geboten, und die alten haben die US-Bürger bisher nicht überzeugt. Aber Bush hat zumindest das Fundament gelegt. Im Streitfall USA vs. Irak hat der Präsident das Eröffnungsplädoyer gehalten. Bereits am 5. Februar wird US-Außenminister Colin Powell im Uno-Sicherheitsrat die Beweise präsentieren. Das Urteil steht praktisch fest: Krieg.
Dokumentation: Auszüge aus der Rede von US-Präsident Bush
US-Präsident George W. Bush hat in der Nacht zum Mittwoch vor dem Kongress seine Rede zur Lage der Nation gehalten. Wir dokumentieren die mit Spannung erwarteten Aussagen zum Irak-Konflikt.
"Unser Land und die Welt müssen Lehren aus der Lage auf der koreanischen Halbinsel ziehen und es nicht zulassen, dass eine noch größere Bedrohung im Irak entsteht. Einem brutalen Diktator, mit einer Geschichte rücksichtsloser Aggression und mit Verbindungen zum Terrorismus, mit großem potenziellem Reichtum, wird es nicht erlaubt werden, eine lebenswichtige Region zu beherrschen und die USA zu bedrohen...
Vor fast drei Monaten hat der Uno-Sicherheitsrat Saddam Hussein seine letzte Chance gegeben, abzurüsten. Er hat stattdessen völlige Verachtung für die Vereinten Nationen und die Weltmeinung gezeigt. Die 108 Inspektoren sind nicht hingeschickt worden, um wie Aasfresser in einem Land von der Größe Kaliforniens nach verborgenen Materialien zu suchen. Der Job der Inspektoren ist es, zu überprüfen, dass das irakische Regime abrüstet. Es ist Iraks Sache, genau zu zeigen, wo es seine verbotenen Waffen versteckt ... Nichts davon ist geschehen.
Der Diktator des Irak rüstet nicht ab. Im Gegenteil, er betrügt. Aus Geheimdienstquellen wissen wir zum Beispiel, dass Tausende von irakischen Sicherheitsleuten Dokumente und Material vor den Uno-Inspektoren verbergen - sie säubern Inspektionsorte und überwachen die Inspektoren selbst...
Bush kündigt Beweise an
Jahr für Jahr hat Saddam Hussein enorme Summen ausgegeben und ist große Risiken eingegangen, um Massenvernichtungswaffen zu bauen und zu behalten - aber warum? Die einzige mögliche Erklärung, die einzig mögliche Benutzung für diese Waffen ist zu dominieren, einzuschüchtern oder anzugreifen. Mit Nuklearwaffen oder einem vollen Arsenal könnte Saddam Hussein seinen Ehrgeiz erneuern, den Nahen Osten zu erobern und die Region ins Chaos zu stürzen.
Und dieser Kongress und das amerikanische Volk müssen eine weitere Gefahr erkennen. Beweise aus Geheimdienstquellen, geheime Kommunikation und Aussagen von verhafteten Personen enthüllen, dass Saddam Hussein Terroristen unterstützt und schützt, darunter Mitglieder von al-Kaida. Insgeheim, und ohne Fingerabdrücke, könnte er eine seiner versteckten Waffen Terroristen zur Verfügung stellen oder ihnen helfen, ihre eigenen zu entwickeln.
Vor dem 11. September 2001 glaubten viele in der Welt, dass Saddam Hussein eingedämmt werden könnte. Aber chemische Stoffe und tödliche Viren und schattenhafte terroristische Netzwerke können nicht leicht eingedämmt werden...
Einige haben gesagt, wir dürften nicht handeln, ehe die Gefahr offensichtlich ist. Seit wann haben Terroristen und Tyrannen ihre Absichten höflich vorher mitgeteilt, bevor sie zuschlagen? ... Der Zurechnungsfähigkeit und der Zurückhaltung Saddam Husseins zu vertrauen, ist keine Strategie und keine Option...
Sitzung des Sicherheitsrates am 5. Februar
Die Welt hat zwölf Jahre darauf gewartet, dass der Irak abrüstet. Amerika wird eine gefährliche und wachsende Bedrohung unseres Landes, unserer Freunde und unserer Alliierten nicht dulden. Die USA werden den Uno-Sicherheitsrat bitten, am 5. Februar zusammenzutreten und die Fakten von Iraks andauernder Herausforderung der Welt zu erörtern.
Außenminister Powell wird Informationen und Geheimdiensterkenntnisse über die illegalen irakischen Waffenprogramme vorlegen, über Iraks Versuche, sie zu verstecken, und seine Verbindungen mit terroristischen Gruppen. Wir werden konsultieren, aber damit es kein Missverständnis gibt: Wenn Saddam Hussein nicht vollständig abrüstet, werden wir eine Koalition anführen, ihn zu entwaffnen...
Wir wollen Frieden. Wir streben nach Frieden. Und manchmal muss der Friede verteidigt werden... Wenn uns Krieg aufgezwungen wird, werden wir für eine gerechte Sache mit gerechten Mitteln kämpfen - die Unschuldigen in jeder uns möglichen Weise verschonend. Und wenn uns der Krieg aufgezwungen wird, werden wir mit der vollen Macht des US-Militärs kämpfen- und wir werden uns durchsetzen."
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