Kann man den Wohlstand in Deutschland anhand der Wohnsituation beurteilen?
Ich habe mal aus verschiedenen Tabellen von destatis die Daten zum deutschen Wohnungsmarkt zusammengestellt und die jüngst verfügbaren Daten (zu 2022) mit dem Stand von 2010 verglichen – ein nettes Thema für mich als Geograph und Mathematiker:
Jahr§ 2022 2010 Unterschied Wohneinheiten§ 43.367.000 40.479.270 +7,1% Wohnfläche (in 1.000 m²) 3.997.000 3.680.626 +8,6% Bevölkerung (Ew.) 84.359.000 81.752.000 +3,2% § Wohnungsgröße (in m²) 92,17 90,93 +1,4% Belegung (in Ew./Whg.) 1,95 2,02 -3,7% Flächenbedarf (in m²/Ew.) 47,4 45,0 +5,2%
Ich erlaube mir folgende Interpretationen: Von einer allgemein angespannten Wohnungsmarktlage im Sinne von „Wohnraummangel“ kann keine Rede sein, wobei in der Statisik natürlich die jeweilige Lage der Wohneinheit naturgemäß keine Rolle spielt. In den 12 Jahren ist die mittlere Wohnungsgröße leicht angestiegen, wobei die Belegungsdichte deutlicher abgenommen hat. Da der Rückbau (= Abriss) von Wohnungen – vermutlich – nur noch vereinzelt vorkommt (ein nicht unerheblicher Teil der ostdeutschen Plattenbauten ist ja seit 1990 platt gemacht worden), resultiert der Flächenzuwachs also aus dem Errichten neuer Wohnungen, die im Mittel deutlich größer als der Bestand sind: 316.374 * 1000 neue Wohn-Quadratmeter entfallen auf die 2.887.730 Wohneinheiten, was einer durchschnittlichen Größe von 109,56 m² pro neuer Wohneinheit entspricht. Das heißt, dass die neuen Wohnugen im Mittel 20% größer als die „Durchschnittswohung“ im Jahr 2010 waren. Ich finde, dass dies eine gigantische Steigerung ist!
Ob ich in der letzten Zeile der Tabelle „Flächenbedarf“ oder „Flächenverfügbarkeit“ schreibe, ist eine Frage der Intention: Wenn ich den Wohlstand (auch) an der verfügbaren Wohnfläche pro Kopf messe, so heißt das, dass der Wohlstand nicht unerheblich gesteigert ist, denn „jeder“ Bewohner hat nun 5% mehr Platz zur Verfügung. Was ich aber erschreckend finde, ist der deutliche Rückgang der Belegungsdichte von (gerundet) 2,02 Ew./Whg. auf (gerundet) nur noch 1,95 Ew./Whg. Das klingt ja zunächst nicht nach viel, bedeutet aber, dass für 1 Mio Ew. (also ungefähr so viele wie für ganz Köln, meiner Heimat) statt 495.147 Wohneinheiten wie im Jahr 2010 nun, d. h. im Jahr 2022, 514.077 oder eben 18.930 Wohneinheiten zusätzlich „benötigt“ werden – das würde bundesweit ca. 1.500.000 zusätzliche Wohneinheiten bedeuten! Wenn ich mich in Köln umschaue, so muss ich feststellen, dass in sehr vielen Vierteln in den letzten 20 Jahren sehr viele Wohneinheiten dazukamen, ja dass sogar ganze neue Stadtteile dort entstanden sind, wo „früher“ „grüne Wiesen“ bzw. Felder waren. Wenn ich dann auch noch auf die Bauweisen blicke, so kann ich nur sagen, dass die Neubauten aus meiner persönlichen Sicht weder ökologisch vertretbar (da meistens einzelstehende Einfamilienhäuser) noch mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand (da z. T. sehr teure Bauweisen) errichtet wurden. Der sinnvolle Anschluss an den ÖPNV wurde dabei meist auch noch „unterlassen“.
Insgesamt würde ich pauschal schließen: „Aus der hohe Nachfrage nach Wohnraum selbst noch bei hohen Wohnungspreisen folgt, dass es uns – auf ganz D gesehen – ziemlich gut geht!“
Ich habe natürlich keine Ahnung, wie viel Fläche jeder Flüchtling „erhält“ und welche „Gegenleistung“ er dafür erbringen muss, und ich glaube, ich will es auch gar nicht wissen. |