http://blogs.pwc.de/steuern-und-recht/2012/08/03/europaischer-gerichtshof-verscharft-mitteilungspflicht-fur-unternehmen/ Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Informationspflichten von börsennotierten Unternehmen verschärft. Das Gericht beantwortete damit die Vorlagefrage des Bundesgerichtshof (BGH) vom 22. November 2011; II ZB 07/09), der durch den EuGH klären lassen wollte, welche Art von Unternehmensinformationen zu welchem Zeitpunkt veröffentlicht werden müssen. Nach dem deutschen Wertpapierrecht sind börsennotierte Unternehmen verpflichtet, künftige Umstände oder Ereignisse, die den Wert ihrer Aktien und daher auch die Entscheidung der Anleger beeinflussen können, sofort öffentlich bekannt zu geben (sogenannte Ad-hoc-Mitteilung von Insiderinformationen). Grundlage der Verpflichtung sind Bestimmungen des europäischen Gemeinschaftsrechts.
In dem Verfahren vor dem BGH hatten Anleger ein börsennotiertes Unternehmen wegen der Verletzung der Ad-hoc-Mitteilungspflicht auf Schadenersatz verklagt. Die Anleger hatten Aktien des Unternehmens an der Börse verkauft. Direkt nach dem Verkauf der Aktien gab das Unternehmen Ende Juli den Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden bekannt, woraufhin die Aktienpreise steil anstiegen. Bereits im Mai hatte der Vorstandsvorsitzende seine Rücktrittsabsichten mit dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats diskutiert und weiteren Mitarbeitern des Unternehmens bekannt gegeben. Die Aufsichtsrats- und Vorstandsvorsitzenden einigten sich Mitte Juli über die Nominierung des Nachfolgers. Ende Juli beschloss der Aufsichtsrat, den bisherigen Vorstandsvorsitzenden aus seiner Position zu entlassen. Dieser Beschluss wurde sodann veröffentlicht. Die Anleger behaupteten, sie hätten ihre Aktien nicht verkauft, wenn sie von den Rücktrittsabsichten gewusst hätten. Sie werfen dem Unternehmen deshalb vor, die Öffentlichkeit zu spät über die Personaländerung informiert zu haben. Bereits die Möglichkeit des Rücktritts hätte ihnen bekannt gemacht werden müssen, denn schon dadurch wäre ihre Verkaufsentscheidung beeinflusst worden. Der EuGH hat jetzt entschieden, dass auch bloße Zwischenschritte als Insiderinformation veröffentlicht werden müssen, wenn sie zu einem Ereignis führen können, das den Aktienwert beeinflussen würde. In einem zeitlichen gestreckten Verfahren seien Zwischenschritte, die mit der Verwirklichung des Ereignisses verknüpft sind, für sich genommen mitteilungspflichtig. Es genüge, dass das angestrebte Ereignis wahrscheinlich eintreten werde. Nicht erforderlich sei eine hohe Wahrscheinlichkeit des Ereignisses, dass also mehr für den Eintritt als dagegen spreche. Der BGH wird nun nach Maßgabe der Auffassung des EuGH entscheiden, ob das Unternehmen im vorliegenden Fall bereits die Gespräche mit dem Aufsichtsrat und die Nominierung eines möglichen Nachfolgers als Zwischenschritte hätte veröffentlichen müssen und den geschädigten Anlegern wegen der unterbliebenen Mitteilung Schadenersatz leisten muss. Ihre Ansprechpartner
Nina StößelTel.: +49 40 6378 2821 nina.stoessel@de.pwc.com Dr. Arne VogelTel.: +49 40 6378 1233 arne.vogel@de.pwc.com Fundstelle EuGH-Urteil vom 28. Juni 2012 (C 19/11; Geltl) |