habe ich gerade auf W:O gefunden:
Interview mit Graf Sandizell von den Arqueonautas (Quelle: Arqueonautas Fashion Katalog): Ein Gespräch mit Nikolaus Graf Sandizell (50) über Arqueonautas, alte Schiffe und Abenteuer
Sie entstammen einem alten Adelsgeschlecht, wuchsen in New York, Düsseldorf und der Schweiz auf. Wie kommt jemand wie Sie dazu, sich derart ins Abenteuer zu stürzen? Durch Zufall, ich habe fünfzehn Jahre lang für MAN auf einem Managerpostengearbeitet. Als Portugal ein neues Gesetz zur Bergung historischer Schiffswracks erlassen hat, fragten mich Freunde, ob ich nicht ein Bergungsunternehmen gründen möchte. Irgendwie ist die Idee hängen geblieben. Also habe ich mich mit dem Thema gründlich beschäftigt. Nach rund einem Jahr intensiven Studiums bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Bergung werthaltiger Wracks kein Jungstraum ist, sondern eine echte Herausforderung. Man muss das Unternehmen nur optimal aufbauen und die richtigen Leute an Bord holen.
Welche denn? Zuerst einmal braucht man Experten für verschiedene Fachgebiete. Unser meeresarchäologisches Team habe ich mit meinem Partner Alejandro Mirabal aufgebaut, einem Kubaner, prima Typen und sehr guten Freund. Vor fünfundzwanzig Jahren hat Fidel Castro in Kuba eine marinearchäologische Spezialeinheit gegründet, sie sehr gute Arbeit geleistet hat. Eines Tages hatte das Thema keine Priorität mehr und plötzlich gab es eine ganze Menge ausgezeichneter, arbeitsloser Experten auf Kuba. Die besten von denen sind jetzt bei uns.
Das klingt erstaunlich nüchtern. Auch ein Abenteuer muss gut geplant sein. Einen Schatz finde ich vor allem durch Nüchternheit und Professionalität. Das ist ein komplexes Geschäft, das auf sieben Pfeilern ruht: Archivrecherche, Lizenzabschluss mit einer Regierung, Finanzierung, Suche, Bergung, Konservierung geborgener Artefakte und zuletzt die Kommerzialisierung.
Und wer bezahlt das alles? Unser Grundkapital stammt von Investoren. Was wir bergen, teilen wir mit dem Staat, in dessen Territorialgewässern wir das Wrack gefunden haben. Alle Objekte, die als nationales Kulturgut eingestuft werden, gehen an nationale Museen. Unseren Teil verkaufen wir, um weitere Expeditionen zu finanzieren und die Anleger auszahlen zu können. Auf diese Weise gelingt es uns, das weltmaritime Kulturerbe effektiv zu schützen. Wenn man die Schiffe einfach unter Wasser liegen lässt, besteht die Gefahr, dass sie von örtlichen Fischern oder Schatztauchern ausgeplündert und zerstört werden. Die kommerzielle Verwertung der Fracht erlaubt mir, maritimes Kulturgut dadurch zu schützen, dass ich es berge, bevor es zerstört wird. Es ist besser dafür zu sorgen, dass wenigstens einige Schätze in Museen landen als gar keine.
Und was machen Sie mit den Wracks, die keine wertvolle Ladung an Bord haben? Wir dokumentieren unsere Arbeit immer wissenschaftlich. Unter www.arq-publications.com ist sie für jeden zugänglich. Schiffswracks, die nur kulturhistorisch interessant sind, versuchen wir an Universitäten abzugeben. Wir arbeiten gerade an einem Programm mit der Universität Kiel, in dem solche Wracks zur Ausbildung benutzt werden. Das Wrack selber wird eh nicht geborgen. Die Kosten, organisches Material wie Holz zu stabilisieren, sind einfach zu hoch. Aber wir dokumentieren das Schiff so gründlich, dass man es nachbauen könnte.
Wie kommt man eigentlich auf die Idee, Marinearchäologie und Mode zusammenzubringen? Mir gingen dauernd Camel und Marlboro durch den Kopf, und ich habe mir gesagt, wenn die das sogar schaffen, dann müssen wir das mit Marinearchäologie doch auch können. Wir müssen ja nicht erst ein Abenteuer-Image erfinden, auf irgendwelche Berge klettern, durch Wüsten wandern oder auf hohen Wellen segeln. Wir bergen schon seit Jahren Schätze. Das ist unser Job.
Im Jahr 2009 werden übrigens die gesamten Expeditionskosten für Mosambik erstmals nur von dem Fashionlabel Arqueonautas getragen. Von jedem verkauften Kleidungsstück fließt ein Euro in unsere Expeditionen. Dadurch muss ich den Investoren auf Dauer keinen Profit mehr liefern. Kommt nichts zurück, kann die Firma trotzdem weitermachen. Wenn etwas zurückkommt, kann die Firma expandieren. Wenn wir diese solide Finanzierungsbasis Jahr für Jahr mit den Tantiemen des Arqueonautas Fahsionlabels aufstellen könnten, wäre das großartig.
Apropos Expeditionen: Erinnern Sie sich noch an den ersten Schatz, den Sie gefunden haben? Das war 1998 bei den Kapverden, die „Princess Louisa“. Wir haben sie verzweifelt gesucht – Woche für Woche. Da gab es ein Gebiet, in dem Fischer seit Generationen Langusten fangen. Und dieses Gebiet hatten wir vernachlässigt, weil wir gedacht haben, also wenn die da seit Generationen fischen, kann da ja kein Schiffswrack liegen. Aber die Leite haben tatsächlich über 40 Jahre lang 150 Meter von 60.000 Silbermünzen entfernt ihre Langusten gefangen.
Und welche Kriterien sind entscheidend für die Initiierung einer Bergung? Bei Arqueonautas werden wir nur in Gebieten tätig, in denen wir eine Vielzahl werthaltiger Wracks durch historische Recherche bewiesen haben. Das macht die Sache einfacher und vermindert das Risiko. In unserem Lizenzgebiet wissen wir von 86 Wracks. Statistisch verdoppelt sich diese Zahl, weil etwa jedes zweite Wrack nicht dokumentiert ist. Das hat dann den tragischen Hintergrund, dass es keine Überlebenden gab.
Was ist das eigentlich für ein Gefühl, einen Schatz zu finden? Eine tiefe Befriedigung. Jedes einzelne Projekt ist für uns wie eine Detektivgeschichte. Wir setzen viele kleine Mosaiksteinchen zusammen, bis wir ein Bild erkennen können. Wenn wir das Wrack endlich gefunden haben, fühlen wir uns wahrscheinlich so, wie sich ein Detektiv fühlt, wenn er ein Rätsel gelöst hat.
Gewöhnt man sich an das Gefühl? Nein, das ist jedes Mal wieder neu und aufregend.
Wie heißt Ihr nächstes Ziel? Sumatra. Dort suchen wir zwei große Schiffswracks.
Was wissen Sie über diese Schiffe? Fast alles. Wir wissen, was sie an Bord hatten und auch ungefähr, wo sie untergegangen sind. Details darf ich aber nicht verraten, solange wir die Wracks nicht geortet haben.
Nur ein kleiner Hinweis, bitte. Sie liegen beide in Südost-Sumatra. Das eine stammt aus dem sehr frühen 19. Jahrhundert und das andere aus dem frühen 18. Jahrhundert. Beide haben eine sehr werthaltige Ladung mit sich geführt. Das eine ist ein Münzschiff, und das andere ist ein Porzellanschiff. Mehr darf ich jetzt aber wirklich nicht erzählen.
Wer teilt mein Interesse an der Firma? |