Quelle: http://www.faz.net/d/invest/meldung.aspx?id=103277457
Tot durch die MitteEines muss man Karl-Gerhard Eick zugestehen: Der Arcandor-Chef hat den Zeitgeisterkannt, und Politikersprech beherrscht er fließend. In einer Zeit, da die Gieram Pranger steht, will sich der Handels- und Touristikkonzern von seinenLuxuskaufhäusern trennen. Und dann prägt Eick in schönster Volksvertretermanierauch noch einen neuen Begriff von der âEUR Mitte', die man künftig verstärkt imAuge habe. Da liegt der Gedanke nahe, dass sich hier jemand nicht nur umweiteren Kredit bei Banken bemüht, sondern sich simultan um Hilfen aus Berlinbewirbt.Das kann leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass Eicks Geschäftsstrategiekomplett am eigentlichen Problem vorbeigeht. Denn es ist ebendiese âEURprofilierte Mitte', die gehobene Mittelschicht, die schon seit Jahren immerseltener Kaufhäuser aufsucht, deren herausragendes Merkmal ein Mangel an Profilist. Das Mischangebot unter einem Dach à la Karstadt verliert gegenüber Spezial-und Markenläden zunehmend an Attraktivität. Und wer Waren lieber bestellt,wendet sich im Internetzeitalter längst nicht mehr zuerst an Quelle.Eicks Vorgänger Thomas Middelhoff hatte richtigerweise erkannt, dassmittelprächtige Kaufhäuser keine Zukunft haben, und die Flucht insPremiumsegment gewagt. Dass auch sie den Konzern nicht retten konnte, heißtnicht, dass der Weg falsch war. Sondern dass die Krise im Handelsgeschäft zutiefgreifend ist, um mithilfe von ein paar boomenden Luxusfilialen bewältigt zuwerden.Es ist ein Ausdruck höchster Not, wenn Eick nun das einzige Warenhausmodellaufgibt, dem eine Zukunft vorhergesagt wird. Die Schlussfolgerung aus denzahlreichen fehlgeschlagenen Sanierungsversuchen der vergangenen Jahre sollteaber nicht sein, das Tafelsilber zu verkaufen. Der zu erwartende Erlös aus denFilialen würde bei Weitem nicht ausreichen, die riesigen Finanzlöcher im Konzernzu stopfen - vom Start einer neuen Wachstumsstrategie ganz zu schweigen. DerVerkauf taugt allemal als Signal, dass der Konzern zu Veränderungen bereit ist.Folgerichtig wäre es, die gesamte Handelssparte in die Insolvenz zu entlassenund nur die profitablere Touristiksparte weiterzuführen. Dazu will sich Eick,der auch schon in Berlin vorgefühlt hat, welche Hilfen für sein Unternehmen drinwären, noch nicht durchringen. Für die Bundesregierung sollte die Konsequenzsein, dass sie kein Steuergeld in eine unsanierbare Branche versenkt. (END) Dow Jones Newswires April 19, 2009 14:19 ET (18:19 GMT) |