"Quantitative Easing" oder: Hurra, wir drucken Geld von Claus Vogt (Chefredakteur "Sicheres Geld") Liebe Leser, Was ist „Quantitative Easing“? Die meisten Menschen können mit dem Begriff natürlich nichts anfangen. Einige vermuten dahinter wahrscheinlich ein kompliziertes und durchdachtes Konzept, das eine Expertise erfordert, die das vergleichsweise hohe Gehalt der Zentralbanker und die enormen Kosten ihrer pompösen bürokratischen Apparate rechtfertigt. Andere sind weniger naiv und können hinter den begrifflichen Propaganda-Schleier blicken. Was also ist „Quantitative Easing“ tatsächlich? Dieser von den Notenbankbürokraten natürlich ganz bewusst gewählte Begriff ist ein reiner Euphemismus. Er dient ausschließlich der Verschleierung der zwar einfachen, aber vielleicht dem Volk doch nicht ganz so einfach zuzumutenden Wahrheit. Die Notenbanker verwenden ihn, wenn sie den ganz direkten Einsatz der sprichwörtlichen Gelddruckmaschine meinen, also moderne Methoden der direkten Geldschöpfung. Die Notenbank kauft und bezahlt mit Geld, das es vorher nicht gab Im Prinzip kann eine Notenbank jeden Finanztitel oder jedes beliebige Gut kaufen. Es gibt zwar ein paar gesetzliche Beschränkungen, die aber kaum das Papier wert sind, auf dem sie stehen. Sie haben etwa die Qualität des europäischen Stabilitätspakts, sind also reine Papiertiger. Gerade dann, wenn sie benötigt würden, können sie problemlos ausgehebelt oder übergangen werden. Was passiert nun, wenn die Notenbank etwas kauft? Sie bezahlt natürlich dafür, das heißt, sie überweist das Geld auf das Konto des Verkäufers. Woher hat die Notenbank das Geld? Die Notenbank muss das Geld nicht haben, die Notenbank kann mit neu geschaffenem Geld bezahlen. Ist das nicht herrlich? Bezahlen, ohne Geld zu haben. Bezahlen mit Geld, das es vorher nicht gab. Gewissermaßen mit legalem Falschgeld. Denn der einzige Unterschied dieses neu geschaffenen Geldes zu den Blüten eines Geldfälscherrings besteht darin, dass Letzterer per Gesetz kein Geld prägen darf, Erstere aber sehr wohl. Warum ist Ihnen und uns die Produktion von Geld verboten? Dafür gibt es einen einfachen und sehr sinnvollen Grund: Wer mit Falschgeld bezahlt, eignet sich ein Gut an, ohne dafür eine Gegenleistung zu erbringen. Die Aneignung von Gütern ohne Gegenleistung ist nicht nur unmoralisch, sie ist Betrug. Lediglich der starke Staat hat es irgendwie geschafft, die Bürger davon zu überzeugen, dass es gut und sinnvoll sei, wenn er sich Güter ohne Gegenleistung aneignen darf. Der Mechanismus, mit dem das geschieht, wird von den Notenbanken zur Verfügung gestellt. Wir sind also wieder am Beginn: Dieser Mechanismus heißt „Quantitative Easing“. Der 18. März 2009 markiert eine geldpolitische Zeitenwende Am Mittwoch, dem 18. März 2009, hat die US-Notenbank ihre Pläne zum sogenannten „Quantitative Easing“ konkretisiert. Helikopter-Ben Bernanke und seine fürchterliche Truppe der Geldwertvernichter und Spekulationsblasen-Schöpfer werden die Bilanzsumme der Fed, die sich ohnehin bereits mehr als verdoppelt hat, weiter drastisch ausweiten. Für bis zu 750 Mrd. Dollar wird die Fed im laufenden Jahr strukturierte Anleihen kaufen, die mit Hypothekenkrediten unterlegt sind – zusätzlich zu den 500 Mrd. Dollar, die bereits für genau diesen Zweck beschlossene Sache waren. Insgesamt reden wir also über 1.250 Mrd. Dollar, eine wahrhaft atemberaubende Größenordnung. Für weitere 100 Mrd. Dollar sollen Anleihen von mit einem öffentlichen Auftrag ausgestatteten Agencies, beispielsweise Fannie Mae oder Freddie Mac, aufgekauft werden. Schließlich gab das geldpolitische Zentralkomitee bekannt, länger laufende US-Staatanleihen für bis zu 300 Mrd. Dollar zu kaufen. Letzteres war als „unkonventionelle geldpolitische Maßnahme“ von Bernanke immer wieder – und sehr frühzeitig – angekündigt worden. Jetzt ist es also soweit. Die letzten geldpolitischen Hemmungen sind gefallen – zumindest die vorletzten. Denn direkte Manipulationen des Aktienmarkts, also Käufe seitens der Notenbank, oder gar des Immobilienmarkts sind derzeit zumindest noch nicht angesagt – warum sollte eine zu allem entschlossene Notenbank, die bereits Schrottanleihen kauft, nicht auch die dazugehörigen Bruchbuden erstehen. Aber zutrauen muss man dieser zum Äußersten entschlossenen Truppe im Staatsauftrag handelnder Marktmanipulateure und Gelddrucker leider alles. Drei der wichtigsten oder mächtigsten Notenbanken der Welt – die Fed, die Bank of Japan und die Bank of England – bekennen sich mittlerweile öffentlich und unverfroren zu der Politik des „Quantitative Easing“. Die EZB hat dieses Bekenntnis noch nicht öffentlich geleistet. Offenbar ist die Hemmschwelle in Europa doch etwas größer als im Rest der Welt. Allerdings dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis auch die europäischen Zentralbankbürokraten diese geldpolitische Grenze überschreiten und es den Kollegen gleich tun. Zentralbanker sind bekanntlich wie die Lemminge – und das gegenwärtige Weltwährungssystem lässt ihnen auch kaum eine andere Wahl. Würde einer aus der Phalanx der Inflationisten ausscheren und eine geldpolitische Insel seriöser Politik in einem Meer der frisch gedruckten Scheine schaffen, dann würde die entsprechende Währung durch die Decke gehen. Die Folgen für die Exportindustrien können Sie sich leicht ausmalen. Also sitzen sie letztlich alle in einem Boot und verfolgen alle dieselbe zerstörerische Politik. |