Showtime in San Francisco. Apple-Ceo Steve Jobs lädt zur Eröffnungskeynote der MacWorld 2003. Und ruft dabei nicht nur das Zeitalter des digitalen "iLife"-Lifestyles, sondern gleich das "Jahr des Notebooks" für Apple aus.
Nein, es war nicht der Video-iPod. Nein, es war auch nicht der Mac-Handheld iPad oder die Apple-Stereoanlage, die Steve Jobs als Hauptattraktion auf der am Dienstag eröffneten MacWorld in San Francisco präsentierte. Wie seit Jahren brodelte schließlich auch in diesem Jahr vor der Messe die Gerüchteküche um Neuvorstellungen auf der Leistungsschau rund um den Apple Macintosh heftigst. Am Ende überraschte Jobs mit einem Laptop-Geschwisterpaar: "Den größten und gleichzeitig den kleinsten Laptop der Welt", wie der Apple-Gründer sagt. Zum einen ist damit das nur 2,6 cm hohe und 3,1 Kilo leichte Powerbook mit 17-Zoll-Breitformat-Monitor, zum anderen dessen kleiner Bruder mit 12,1-Zöller gemeint.
Wie nicht anders zu erwarten von der Firma mit dem Apfellogo, sind beide ästhetisch und funktional ausgefeilte Geräte - mit einem ganz besonderen zusätzlichen Clou: beleuchtete Tastaturen, die sich erhellen, sobald Sensoren melden, dass es dunkel wird. Auch an Bluetooth-Fähigkeit, Wifi-Tauglichkeit auf Basis des neuen 54 Mbit pro Sekunde flinken und rückwärtskompatiblen 802.11g-Standards ("Airport Extreme") oder "Firewire 2"-Schnittstellen für doppelt so schnelle Datenübertragungen mit Peripheriegeräten soll es nicht fehlen.
Schlanker, breiter - und teurer
Typisch Apple eben: Die Firma lebt von ihrem Image, höchsten Nutzungskomfort zu bieten. Diesmal heißt das Rezept schlanker, leichter, breiter - jedoch auch deutlich teurer als die Wintel-Notebook-Konkurrenz. Der "am weitesten entwickelte Rechner auf dem Planeten" (Jobs) ist nämlich alles andere als billig: Die 1-Gigahertz-G4-Version mit 17-Zoll-Display schlägt mit 3300 US-Dollar zu Buche, das kleinere 867-MHz-G4-Modell mit 1800 US-Dollar. Konkurrenzfirmen wie HP, Sony oder Toshiba bieten vergleichbare Windows-Geräte mit großen Schirmen - jedoch nur bis 16 Zoll - und schnelleren Prozessortaktfrequenzen für deutlich weniger Geld an.
Für Jobs scheint das jedoch kein Argument zu sein, künftig nicht dennoch deutlich mehr Laptops abzusetzen. "Die Zeiten des Desktop sind bald gezählt. Und das ist definitiv das Jahr des Notebooks für Apple", so der Berufsoptimist Jobs: "Die Konkurenz kann ja jetzt schon nicht mehr mit uns mithalten."
Damit meint und lobt er die Leistungsfähigkeit der Produkte seines Unternehmens - denn die Wirtschaftsdaten seiner Firma kann er kaum meinen. Seit Jahren krebst und eiert Apple auf einem Marktanteil von rund 2 Prozent plus minus ein paar Pünktchen: Das ist sehr weit entfernt von der einstigen Marktmacht des Unternehmens, das den Computer in die Wohnungen brachte. Börsenexperten erwarten Gewinnwarnungen, ein sattes Minus im operativen Geschäft und einen weiteren Verlust an Marktanteilen - nicht zuletzt, weil Apple auch im lange Zeit stabilen Geschäft mit Rechnern an Schulen und Unis durch preisgünstigere Konkurrenten wie Dell zunehmend unter Druck gerät.
Doch solche düsteren Szenarien haben auf einer MacWorld keinen Platz. Jobs will wieder nach vorn, und zwar mobil. 35 Prozent der von seiner Firma verkauften Rechner sind derzeit Mobilcomputer, und diesen Anteil will die Silicon-Valley-Company nun schnellstmöglich auf 50 Prozent ausbauen.
Doch dies dürfte zumindest mit dem "kleinen" neuen Powerbook nicht ganz einfach sein. Schließlich stagnieren die Verkäufe von "ultraportablen" Sub-Notebooks, in deren Kategorie das neue 12,1-Zoll-Powerbook fällt, seit einiger Zeit.
Doch wer Steve Jobs kennt, weiß, dass dies noch längst nicht alles ist, was ein IT-Tycoon wie er für seine euphorischen Jünger im MacWorld-Gepäck bereithält. "Wir haben euch so viele Neuheiten zu präsentieren, dass dies für zwei MacWorlds reichen würde", posaunte Jobs zu Beginn seiner Rede. Die Fans hörten es gern - und Jobs riss sie mit wie schon lang nicht mehr.
Und das, obwohl der Apple-Chef am Ende zwar zahlreiche weitere Highlights präsentieren konnte, dafür aber eigentlich nur kleine. Die glänzen allerdings mit einem nicht zu unterschätzenden Innovationspotenzial: So etwa die überarbeitete Bildbearbeitungssoftware iPhoto 2, die nicht nur mit verbesserten Bildarchivierungsfunktionen und DVD-Brennoptionen ausgestattet ist, sondern nun auch mit wenigen Mausklicks Amateurfotos in professionell anmutende Aufnahmen verwandeln kann.
Oder die neueste Version des Video-Editing-Programms iMovie 3, welches es erlaubt, Heimvideos mit grafischen Special-Effects sowie Soundeffekten - unter anderem sogar von Starcineast George Lucas' Studio - anzureichern. Per iDVD 3 können dagegen, in der Kombination mit dem ebenfalls in San Francisco vorgestellten Final Cut Pro Express, Freizeit-Spielbergs ihre Kreativität unter Beweis stellen und selbstarrangierte DVDs produzieren.
"Zentrum des digitalen Lifestyles"
Im Zusammenspiel dieser Digital-Media-Applikationen entwickelt sich der Mac Jobs zufolge mehr und mehr zum "Zentrum des digitalen Lifestyles". "Vor zwei Jahren haben wir das 'Digital Hub'-Konzept angekündigt", erklärt der Apple-Boss. "Nun haben wir unser Versprechen eingelöst und die Anwendungen geliefert - und nennen dieses Konzept 'iLife' für den digitalen Lifestyle."
Unter diesem Namen launcht Apple entsprechend ein Software-Paket aus iPhoto, iMovie, iDVD sowie dem kürzlich veröffentlichten iTunes 3. Ab dem 25. Januar sollen zudem alle neuen Macs mit der iLife-Suite ausgestattet sein.
Turbo-Browsen mit "Safari"
Ein echter Höhepunkt aus San Francisco: der Mac-Browser "Safari", der Tests zufolge beim Websurfen mit einem Macintosh dreimal schneller sein soll als der Internet Explorer des Erzrivalen Microsoft - "Turbo Browser für Mac OS X", wie ihn Jobs schlicht nennt. Zudem überrascht das kostenlos downloadbare Safari mit pfiffigen Favoritenverwaltungen sowie Navigationsfunktionen ("Snapback"). Und gleich in einem weiteren Markt torpediert Apple die Redmonder: mit dem Präsentationsprogramm "Keynote", das mit Sicherheit Potenzial hat, Microsofts angestaubtem Powerpoint Marktanteile abzunehmen. "Mit Keynote erstellte Präsentationen sind derart professionell und dennoch einfach zu erstellen, dass man meinen könnte, eine gesamte Grafik-Design-Abteilung hätte diese gemacht", preist Jobs das Programm gewohnt unbescheiden. Den Wechsel vom Marktführer zum Herausforderer hat Apple auch leicht gemacht: Keynote kann auch Powerpoint-Dateien verarbeiten.
Hart an der Penetranzgrenze unterstrich der Mac-Übervater höchstpersönlich die Funktionalität von Keynote mit gut 500 Charts in seiner "Schlüsselrede". Das neue Programm gefällt Jobs scheinbar so gut, dass er sich immer wieder detailverliebt und langatmig an Mini-Gestaltungsmöglichkeiten wie Aufzählungspunkten ergötzte.
Typisch Apple eben, denn in San Francisco feiert sich eine Rechnerwelt mit elitärem Anspruch, die sich bedrängt sieht durch eine Mainstream-Konkurrenz, der sie eigentlich überlegen ist oder zumindest sein sollte. Aber davon muss man sich die gute Laune ja nicht vermiesen lassen.
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