11.03.2015, 06:10 von Kamil Kowalcze
OMV-Nachfolge: Analysten bevorzugen Gentleman-Szenario Finanzvorstand David C. Davies (re.) gilt als Favorit für die Nachfolge von OMV-Chef Gerhard Roiss
Finanzvorstand David C. Davies (re.) gilt als Favorit für die Nachfolge von OMV-Chef Gerhard Roiss / Bild: (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
Mehr§ Der Aufsichtsrat könnte kommenden Mittwoch einen neuen OMV-Chef wählen – und damit dem Spektakel um den Vorstandsvorsitz des Mineralölkonzerns ein Ende setzen. Derzeit kursieren drei Szenarien.
WIEN. Fast im Wochenrhythmus enthüllen heimische Medien neue, meist obskure Hintergründe zum Machtkampf an der OMV-Spitze. Nun könnten kommende Woche Fakten geschaffen werden: Der Aufsichtsrat des börsenotierten Mineralölkonzerns versammelt sich und stellt die Weichen für die Zukunft. Eine skurrile Situation, da die Aufseher selbst einen Monat später – am 19. Mai bei der OMV-Hauptversammlung – durch den ÖIAG-Umbau abgelöst werden. Das WirtschaftsBlatt hat mit Branchenkennern gesprochen und drei Szenarien für die Aufsichtsratssitzung am 18. März skizziert: Stand-by-Szenario: Der scheidende ÖIAG-Chef und OMV-Aufsichtsratsvorsitzende, Rudolf Kemler, verzichtet kommende Woche auf sein Anrecht, einen neuen Generaldirektor zu bestellen. Kemler belässt OMV-Vorstandschef Gerhard Roiss auf seinem Posten, der den einvernehmlich verkürzten Vertrag bis Ende Juni erfüllt. Die Eigentümer, die Republik Österreich und die staatliche Investmentgesellschaft Ipic aus Abu Dhabi, setzen die Suche nach dem neuen CEO fort. Sollte bis Sommer kein geeigneter Nachfolger gefunden werden, ist nicht ausgeschlossen, dass Roiss eine Verlängerung angeboten wird. Dazu müsste aber neben Kernaktionär Ipic, die dem aktuellen CEO nicht positiv gesinnt ist, auch der von den jüngsten Ereignissen nicht unberührte Roiss zustimmen.
Der Vorteil: Roiss könnte den eingeschlagenen Konsolidierungskurs fortsetzen und an einen Nachfolger übergeben.
Chaos-Szenario: Der bei der Republik in Ungnade gefallene Kemler könnte mit einer Mehrheit im Aufsichtsrat – auch ohne Einverständnis der Eigentümer – einen neuen Vorstandsvorsitzenden durchsetzen. Roiss müsste weichen und dem Neuen seinen Platz überlassen. Doch die Praxis in einem Unternehmen folgt nicht immer der Struktur. Der Vertrag des aktuellen OMV-Chefs wäre trotz der Bestellung seines Nachfolgers nach wie vor intakt. Der machtbewusste Oberösterreicher könnte sich dem neuen Herrn in der Konzernzentrale nicht verpflichtet fühlen und statt sich seinen Anordnungen zu beugen, den Weg mit seinem OMV-Team bis Ende Juni entschlossen weitergehen. Roiss hat trotz seines dominanten Führungsstils nach wie vor Anhänger im Unternehmen – darunter jene, deren Arbeitsplätze von seinem CEO-Dasein abhängen.
Dieses Szenario würde nicht nur intern zu kostspieligen Reibungsverlusten führen, sondern auch nach außen hin weitere Imageschäden beim börsenotierten Konzern verursachen. Sobald die neue ÖBIB ihre Arbeit aufgenommen hat, könnten die Eigentümer Kemlers Wahl revidieren und ihren Wunschkandidaten installieren.
Der Vorteil: Die OMV hätte die volle Aufmerksamkeit der heimischen Medienlandschaft. Auch im Ausland gäbe es viele interessierte Beobachter.
Gentleman-Szenario: Der Aufsichtsrat entschließt sich für Finanzvorstand David C. Davies als Roiss-Nachfolger. Der gelassene Brite übernimmt die OMV-Leitung und führt so lang die Geschäfte, bis die neue ÖBIB einen geeigneten Nachfolger auserkoren hat. Statt seinem langjährigen Vorstandskollegen Steine in den Weg zu legen, würde Roiss die Abfindung kassieren und das Unternehmen vielleicht noch vor dem 30. Juni 2015 verlassen.
Der Vorteil: Die Eigentümer würden Zeit gewinnen, um einen qualifizierten Manager für den Chefposten des größten österreichischen Konzerns zu finden. Davies würde den von Roiss verordneten Sparkurs weiterführen. Sobald der neue CEO feststeht, kann der Brite, dessen Vertrag bis April 2017 läuft, den Konzern geordnet an seinen Nachfolger übergeben. Analysten geben dieser Variante die besten Chancen. Analysten: Der CEO hat keine Zukunft
WIEN. Die Ablöse und noch ungeklärte Nachfolge von OMV-Vorstandschef Gerhard Roiss beschäftigt Politik und Wirtschaft. Während sich die Eigentümer für die anstehende OMV-Aufsichtsratssitzung hinter den Kulissen um Konsens bemühen (s. oben), haben die Akteure der Finanzmärkte bereits ihre Schlüsse gezogen.
„Sollte Roiss an der OMV-Spitze verbleiben, würden das die Investoren negativ aufnehmen“, sagt ein Analyst, der nicht genannt werden möchte, im Gespräch mit dem WirtschaftsBlatt. „Da geht es gar nicht um die Person Roiss, sondern darum, dass damit die bestehende Unsicherheit verlängert werden würde.“
Denn in einer Sache sind die Experten einig: Ob der OMV-General kommende Woche oder erst mit dem Auslaufen seines Vertrags Ende Juni das Unternehmen verlässt – er hat mittel- bis langfristig keine Zukunft bei der OMV. Nach einem Nachfolger wird bereits intensiv gesucht. Davies gilt als Favorit
Auch hier vertreten die Marktbeobachter eine klare Meinung: „Je stärker der neue Vorstandschef von der Politik unabhängig agieren kann, desto besser für das Geschäft der OMV“, sagt Tamas Pletser, Analyst der Erste Bank. Die staatliche Investmentgesellschaft Ipic, der OMV-Teileigentümer aus Abu Dhabi, orientiere sich stärker an den Erfordernissen des Ölmarktes, als es die Beteiligungsholding der Republik bisher getan hat, sagt Pletser.
Die Tatsache, dass der aktuelle OMV-Finanzvorstand David C. Davies aus dem Ausland stammt, wird von den internationalen Investoren als positiv gewertet, so der Analyst. Somit wäre der Brite ein attraktiver Kandidat für den Posten des CEO.
|