@heizschnukke du warst wie so oft schneller :) @zwetschgenquetsch 10.10. 14:16 #59694
“Außerdem gibt es nahezu keinen LVs mehr bei WDI, sondern lediglich eine ungünstige Stimmungslage, die den Kurs hemmt.”
Da hier immer wieder darüber spekuliert wird, ob und wie eine vernünftige Einschätzung der Shortzahlen möglich ist:
Es gibt kein brauchbares Short-Verzeichnis.
1. Wie Heizschnukke u.A. mehrfach erklärt haben, sind Bewegungen der Shorts unter der Meldeschwelle weder im Bundesanzeiger noch bei shortsell.nl zu erkennen. Wenn ein Shortseller - wie vor Kurzem Citadel - über die Schwelle von 0.5% geht, hat dies ausschliesslich einen psychologischen Zweck.
2. LV sind nur alle zwei Wochen zum Report verpflichtet. 3. Die Daten auf Shortsell werden viel zu selten erhoben und sind daher vollkommen nutzlos für eine taktische Einschätzung.
Aktuelle Näherungswerte sind nur möglich auf zwei Grundlagen:
1. Tägliches Abfragen der Broker, die die Leihe und Rückkäufe für Hedgefonds etc. abwickeln.
2. Hochrechnung und AI-basierte Analyse der so gewonnenen Daten.
Die einzige Quelle, die unter diesen methodischen Bedingungen bisher einwandfrei funktioniert, ist Shortsight (keine Werbung!), deren Daten sowohl von Longs als auch Shorts benutzt werden. Die Näherungswerte des S3-Algorithmus (max. +/- 5%) sind erstaunlich genau. Wenn also z.B. laut Ihors letztem Tweet vom 25.9. die Zahl geliehener WDI-Aktien plötzlich um 40% gestiegen ist, liegt die Bandbreite zwischen 38% und 42%. Ihor Dusaniwsky @ihors3 wird sicher bald aktuelle Zahlen auf Twitter posten.
Dabei sind die einzelnen Parameter nicht isoliert zu betrachten: Sowohl für den Vergleich verschiedener Aktien, als auch für die Einordnung der Shortaktivität einer einzelnen Aktie in den Kontext des Marktes bekommt man ein holistisches Bild nur durch die Analyse der Wechselwirkung mehrerer Parameter. Hierzu ein gut verständlicher Artikel von Ihor:
https://shortsight.com/going-long-or-short-the-most-shorted-stocks-2
Volumen
Übrigens beantwortet Ihor auf Twitter geduldig alle methodischen Fragen. U.a. weist er immer wieder darauf hin, dass das Verhältnis von täglichem Durchschnittsvolumen einer Aktie und dem Short-Volumen (Short-Interest) für die taktische Analyse entscheidend ist. Nur durch ihr Volumen konnten Shorts intraday den immer wieder entstandenen Kaufdruck nach den vielen guten Wirecard-Nachrichten deckeln und so jedes entstehende Momentum im Keim ersticken.
Da Sichtbarkeit für die psychologische Kriegsführung der Shorts entscheidend ist, gehört es zu ihrem Handwerk, jede Aufmerksamkeit (egal ob von der Hoffnung oder Angst der Aktionäre getragen) zur Demonstration ihrer Macht zu nutzen. Gerade diese demonstrative Unabhängigkeit von fundamentalen Entwicklungen verunsichert zunächst kurzfristige, dann auch tendenziell immer mehr enttäuschte langfristige Anleger am meisten, solange sie das Spiel nicht durchschauen.
Das Wichtigste aber, was Ihor immer wieder betont: Das Volumen der Shorts ist im Verhältnis zu institutionellen Investoren verhältnismäßig gering! Sie brauchen die Kooperation untereinander. Wenn ein einzelner Short zurückkauft, die Leihgebühren hoch sind und keine Fluktuation unter den Shorts stattfindet (Short A übernimmt von Short B dessen geliehene Aktien), kann das zu einer Reduktion der gesamten Shortrate führen: Momentan als Squeeze (extrem selten) oder als konstanter Rückkaufdruck wie in der ersten Hälfte 2017, als Übernahmegerüchte den gesamten Fintech-Markt antrieben.
Volatilität
Viele Shorts hedgen, indem sie Aktien nicht nur leihen sondern auch kaufen, wodurch sie von der Volatilität profitieren. Erst wenn sich diese (wohl kaum durch ein ARP) reduziert, lohnt es sich nicht mehr für sie. Ansonsten ist sind Momentum und Volumen intraday entscheidend: Jede kleinste Schwäche des Marktes wird ausgenutzt, sei es für Attacken oder kontinuierliche Verkäufe. Ebenso sind es aber bei steigendem Kurs nicht nur die “Gewinnmitnahmen” der Privatanleger, die den Kurs in den letzten Monaten bei 160 Euro deckeln, sondern v.a. auch die Aktien-, also nicht Leerverkäufe der Shorts.
Momentum
Zum Problem werden solche Fluktuationen erst, wenn sich ein mittelfristiges Momentum entwickelt, das weitere Shorts anzieht, wie die Fliegen. Für die Einschätzung dieses Momentums ist der Markt sekundär, da wie gesagt, das Volumen entscheidet: Eine konträre Entwicklung von DAX und WDI ist keine Seltenheit.
Auch ohne Anhänger der Charttechnik zu sein: Als Indikatoren für die kurzfristigen “Kursziele” der Shorts eignen sich neben den üblichen gleitenden Durchschnitten die auf der Grundlage des GD20 berechneten Bollinger-Bänder: Nur selten, am 18.7. und 15.8., unterschritt der SK signifikant den unteren Bollingerwert, um danach durch technische Gegenreaktionen umgehend wieder in die Mitte, also dem GD20 zu steigen. Nur einmal, am 5.9. schoss WDI getragen von einem sehr starken Gesamtmarkt über den oberen Bollinger hinaus, um nach nochmaligem Versuch am 18.9. (Unterzeichnung Softbank) durch die Nachricht von der Softbank-Wirecard-Anleihe am 19.9. sofort wieder in die Mitte zum GD20 zurückgeschickt zu werden (Volumen 19.9.: 3.2 Mio. Aktien!). Die auf dem GD20 und Standardabweichungen nach oben und unten beruhenden Bollinger-Bänder sind für Intraday-Trading unerlässliche Indikatoren. In dieser Hinsicht ist die Absenkung der Bollinger Ober- und Untergrenze seit Mitte Juli besorgniserregend, da sie ein mittelfristiges Momentum darstellt, das Wirecard momentan trotz kerngesunder Struktur und unglaublichen Kooperationsnachrichten nicht recht verhindern kann.
Trotz der beeindruckenden lang- und mittelfristigen fundamentalen Entwicklung von Wirecard: Vor diesem Hintergrund eine “Schlaftablette” gegen Shorts zu empfehlen, ist Zweckoptimismus. Wachsamkeit und unaufgeregte vernünftige Analyse der Shorts sind bei WDI absolut notwendig.
Erholung der Aktie
Vergleicht man Aktien, die vorübergehend Shortattacken ausgesetzt waren (viele eindrückliche Charts bei Ihor), erkennt man neben der begrenzten Dauer des “Eingriffs” vor allem, wie wichtig es ist, das Ausgangsniveau vor der Attacke trotz hoher Shortquote zu erreichen. Immer wieder, auch gegen den Markt, ziehen sich die Shorts erst zurück, wenn das Ausgangsniveau der Aktie, im Fall von WDI ca. 170 Euro, stabil überschritten wird. Auch 2016 nach Zatarra stieg die Shortquote im Dezember 2016 noch einmal stark an und blieb bis Ende Februar 2017 konstant hoch bei 20%(!). Erst als Anfang März 2017, nach abermaliger Attacke Ende Februar, der Kurs stabil über das Ausgangsniveau (45 Euro) anstieg, coverten die Shorts langsam und koordiniert.
Singapur
Bitte all diese Bemerkungen nicht missverstehen: Für langfristig investierte Anleger ist das alles unwichtig. Allerdings werden sich m.E. viele institutionelle Investoren zurückhalten, solange Singapur angesichts dieser Shortquote (und NUR deswegen!) ein schwer kalkulierbares Risiko bleibt. Erst wenn durch das Vertrauen grosser Investoren ein nachhaltiges bullisches Volumen entsteht, haben die Shorts keine Chance, nicht die geringste. Für dieses Vertrauen braucht es ein Urteil in Singapur (ziemlich egal wie es ausfällt, da die Firma Wirecard weder juristisch noch bilanziell involviert ist). Vermutlich haben Shorts und Stillhalter bis dahin leider nicht die schlechtesten Karten.
Langfristig aber, und das ist viel Wichtiger, sitzen natürlich nicht die Shorts, Stillhalter, unfähigen Ana- und Journalisten, sondern eben Wirecard und seine Investoren auf dem Royal Flash. Mit ein bisschen Vertrauen (Braun macht es doch allen unglaublich leicht!) und Geduld kann man sogar über dieses Theater lächeln.
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