Finanzkrise drückt Haspax-Werte um 35 Prozent Von Michael Schneider 10. Oktober 2008, 02:42 Uhr Mehrzahl der norddeutschen Firmen verliert mindestens die Hälfte ihres Börsenwertes - Nur Repower und Fielmann im Plus Die internationale Finanzmarktkrise hat auch bei den Aktienkursen norddeutscher Unternehmen tiefe Spuren hinterlassen. Seit Jahresbeginn fiel der regionale Börsenindex Haspax, in dem die 25 größten Aktiengesellschaften der Region vereint sind, um 34,7 Prozent auf rund 1300 Zähler. Tröstlich dabei ist kaum, dass der Wertverlust des Deutschen Aktienindex Dax mit einem Minus von 36,4 Prozent noch höher ausfiel. 2007 hatte das norddeutsche Börsenbarometer stagniert, während der Dax noch um 22 Prozent zulegen konnte. Für den neuerlichen Niedergang des Haspax sind vor allem die dramatischen Kursverluste von mehr als der Hälfte der Titel verantwortlich: Insgesamt 14 Unternehmen verloren im Jahresvergleich bis heute mehr als 50 Prozent - von Drägerwerk (minus 50,5 Prozent) bis Conergy (minus 94,6 Prozent). Nur zwei Aktien konnten Kursgewinne verbuchen: die des Windradherstellers Repower, die sogar um mehr als 72 Prozent zulegte, und der Optikerkette Fielmann (knapp sieben Prozent plus). Für den Ausreißer Repower machen Fachleute wie Haspa-Analystin Annemarie Schlüter vor allem Sondereffekte verantwortlich. Dabei ging es vor allem im Frühjahr um Spekulationen über die Aufstockung der Anteile des indischen Mehrheitsaktionärs Suzlon. Die Vermutung bestätigte sich - nach Übernahme des 22,5-Prozent-Anteils der Firma Martifer hält Suzlon jetzt 90 Prozent an Repower. Und der Fall Fielmann ist den Analysten ein Beweis dafür, dass gut aufgestellte Ketten auch in der Krise keinen Einbruch erleben müssen. Andererseits ist es für sie fast naheliegend, dass Finanztitel bei der Börsentalfahrt zu den großen Verlierern gehören. So verlor das Emissionshaus HCI mehr als 70 Prozent seines Börsenwertes, sein Großaktionär MPC gab sogar 85 Prozent ab. Dagegen kamen die Aktionäre der Online-Bank Comdirect mit einem Minus von 51 Prozent noch vergleichsweise glimpflich davon. Auch das schlechte Abschneiden zyklischer Werte wie etwa die Papiere von Jungheinrich oder Eurokai (minus 67 beziehungsweise 54 Prozent) überrascht kaum. Analystin Schlüter: "Diese Aktien sind sehr konjunkturabhängig. Wenn eine Flaute droht, leiden sie als erste." Fast zu erwarten war zudem, dass die Papiere von Firmen mit hohem Fremdfinanzierungsanteil wie Conergy am härtesten abgestraft wurden. Zu ihnen gehört auch der Pharmaforscher Evotec (minus 62 Prozent). Ebenso auffällig ist, dass der Windenergiespezialist Nordex ganz anders als sein Konkurrent Repower trotz guter Geschäfte herbe Kursverluste (minus 59 Prozent) hinnehmen muss. Das Unternehmen bekam sein rasantes Wachstum nicht in den Griff und musste die Ertragsplanung nach unten revidieren. Quandt-Erbin Susanne Klatten nutzte den Börsenkurs und erwarb 20 Prozent an Nordex. Zu den Aktien, die weitgehend unbeschadet durch die Turbulenzen kamen, gehört der Titel des Callcenter-Betreibers D+S Europe (minus fünf Prozent). Zu den Gründen zählen der eher kursstabilisierende Einstieg des Finanzinvestors Apax, der inzwischen 92 Prozent hält, sowie beeindruckende Wachstumsraten beim Umsatz und beim Ergebnis. Auch die Scheine der Kupferhütte Norddeutsche Affinerie (minus 11,4 Prozent) steckten die Krise relativ gut weg. Die wesentlichen Gründe waren die erfolgreiche Übernahme des Konkurrenten Cumerio und die Abwehr des Aktionärs A-Tec Industries. Chinas Windmarkt: Ausländische Hersteller investieren kräftig Chinesische Mauer um den Windenergie-Markt
VDI nachrichten, Düsseldorf, 10. 10. 08, elb - In China boomt die Windkraft, denn die Regierung fördert und schützt die einheimische Windindustrie. Gegenwind für deutsche Windkraft-Aktien? Der Ausbau der chinesischen Windkraftindustrie schreitet mit Sieben-Meilen-Stiefeln voran. Binnen weniger Jahre ist es dem Land gelungen, zum fünftgrößten Windenergieerzeuger der Welt aufzusteigen - hinter Deutschland, den USA, Spanien und Indien. Bis Ende dieses Jahres will die Regierung in Peking die Windkraftleistung auf zehn Gigawatt (GW) steigern. Experten halten es für möglich, dass 2010 bereits 20 GW erreicht werden und bis 2020 sogar 100 GW. Derzeit werden weltweit 94 GW Windstrom produziert. Vor allem ausländische Windkrafthersteller haben strategisch gedacht und kräftig in den chinesischen Windmarkt investiert. So hat der spanische Windkrafthersteller Gamesa 60 Mio. € in eine Fabrik in Tianjin gesteckt. Die Hamburger Nordex AG will diese Summe noch übertreffen. Sie hat bereits zwei Produktionszentren in China errichtet, ein weiteres soll hinzukommen. In den nächsten drei Jahren will Nordex weitere 71 Mio. $ in das China-Geschäft investieren. "Das Wachstumspotenzial des chinesischen Marktes ist gigantisch", sagt Ralf Peters von Nordex. Seiner Einschätzung nach werden die USA in den nächsten Jahren zwar noch Weltmarktführer bleiben, die höchsten Wachstumsraten werde aber China aufweisen. Auch Konkurrenten wie der Weltmarktführer Vestas und die US-amerikanische GE Energy haben große Mittel in den chinesischen Windmarkt gepumpt. Das Land hat nicht nur einen enormen Energiebedarf, es gibt auch für erneuerbare Energien eine große Nachfrage, denn China ist schon jetzt nach den USA der größte Emittent von Treibhausgasen und hat mit enormen Umweltproblemen zu kämpfen. Also ein Riesenmarkt mit entsprechenden Chancen aller Windfirmen, die in China aktiv sind - und rosige Aussichten für Windkraft-Aktien? Nicht automatisch. Denn die ausländischen Windfirmen könnten auch lediglich zu Steigbügelhaltern für die chinesische Windindustrie werden. Die wächst - dank eines Schutzes durch die Regierung, die sich nicht mit Floskeln wie "freier Welthandel" aufhält. So hat die chinesische Regierung festgelegt, dass alle in China errichteten Windanlagen zu 70 % chinesische Komponenten ausweisen müssen. Außerdem werden einheimischen Windkraftunternehmen 50 % der Steuern erlassen. Peters sieht diese Regelung jedoch nicht als hinderlich an für seine Geschäfte: "Alles andere als direkt vor Ort zu produzieren rechnet sich sowieso nicht." Und ausländische Unternehmen, die in China produzierten, seien von dieser Regelung nicht betroffen. Nordex wolle daher größere Anlagen gemeinsam mit chinesischen Unternehmen entwickeln. "Bei privaten Investoren greifen teilweise andere Bedingungen", merkt auch Gasche an. Die Bedeutung der chinesischen Energiepolitik für Repower sei daher je nach Projekt verschieden. Auch wegen der hohen Transportkosten rechne es sich für Repower eher, einige Teile direkt in China anzufertigen. Nach Aussagen des chinesischen Ministeriums für Wirtschaft gibt es derzeit rund hundert chinesische Zulieferbetriebe für die Windkraftbranche. Für ausländische Zulieferer, aber auch für die so stark investierenden Windturbinenbauer aus dem Ausland, wird die Luft allmählich dünner. Deren Marktanteil ist bereits stark rückläufig: Er hat von 75 % auf aktuell 55 % abgenommen. Zudem hat das chinesische Finanzministerium zum 1. Mai 2008 die tariffreie Einfuhr von Turbinen unter 2,5 MW beendet. Nach Einschätzung von Steve Sawyer, Generalsekretär des Global Wind Energy Council, könnte China daher schon 2009 zum größten Hersteller von Windturbinen werden. Bisher arbeiten in China 40 einheimische Windkraftanlagenhersteller. Davon sind 17 in staatlicher Hand. Demnächst wollen die beiden chinesischen Turbinenhersteller Xinjiang Jinfeng und Sinovel mit dem Export ihrer Produkte beginnen. Viele der chinesischen Zulieferbetriebe haben sich Technologien von den westlichen Unternehmen lizenzieren lassen, etwa von AMSC Windtec, Repower, Aerodyn, Vensys und Garrad Hassan. Aktuell werden hauptsächlich 1,5 MW-Turbinen produziert. Turbinen bis zu 5 MW und mehr sind aber schon in Planung. Kritisch in der chinesischen Windindustrie ist die Gondel-Produktion. Sie macht etwa 15 % der Windkraftanlagenkosten aus. Hier gibt es kaum einheimische Anbieter. Der größte chinesische Gondelproduzent ist China High Speed Transmission. Auch Geräte zur Funkpeilung muss die chinesische Windindustrie weiterhin überwiegend importieren. Allerdings hat kürzlich die US-amerikanische Timken Company mit der Xiangtan Electric Manufacturing ein Joint- Venture zur Herstellung von Funkpeilung in Windturbinen gegründet. Eine Produktionsanlage für 38 Mio. $ soll in der Provinz Hunan entstehen und die Produktion in Kürze aufnehmen. Die europäischen und amerikanischen Windkraftbauer sind, was China angeht, in einer Zwickmühle. Verweigern sie die speziellen China-Spielregeln, dürfen sie nicht mitmachen und überlassen der Konkurrenz sofort einen der größten Märkte. Akzeptieren sie das chinesische Spiel, verlieren sie ihr Know-how an chinesische Kooperationspartner, die innerhalb kürzester Zeit zu Konkurrenten werden. Allerdings nicht nur in China. Es wird nur wenige Jahre dauern, bis die chinesische Windindustrie in Indien, in den USA und dann auch in Europa zu einem ernstzunehmenden Spieler werden wird. CHRISTOPH LÜTZENKIRCHEN Für ausländische Zulieferer wird die Luft dünner |