Analysten erwarten sinkende Ölpreise

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eröffnet am: 08.07.04 17:53 von: lancerevo7 Anzahl Beiträge: 2
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08.07.04 17:53

3186 Postings, 7371 Tage lancerevo7Analysten erwarten sinkende Ölpreise

Analysten erwarten sinkende Ölpreise

Auf ca. 30 Dollar pro Barrel wird der Ölpreis von Analysten im Jahr 2005 geschätzt. Bei einer Befragung äußerten 18 von 19 Analysten die Einschätzung, dass der Ölpreis schon gegen Ende 2004 sinken wird.

Diese Meinung wird mit dem Anstieg der Förderquoten und den hohen Lagerbeständen begründet, die höher als die Vorjahresbestände sind.

Zu erwähnen ist, dass die Analysten in den letzten Jahren mit ihren Einschätzungen häufig daneben lagen.

 

09.07.04 05:45

9161 Postings, 8952 Tage hjw2Neue Ölkrise?

Rainer Rupp

Neue Ölkrise?

Anschläge im Irak, drohende Pleite von Jukos, Produktionsstopp in Nigeria

In den vergangenen Tagen wurde in den Medien die Furcht vor Versorgungsengpässen beim Erdöl geschürt. Diese Befürchtungen trieben den Ölpreis zeitweise bis auf fast 40 US-Dollar pro Barrel (159 Liter). Es gibt tatsächlich eine Reihe von Gründen, die Versorgungsengpässe nicht mehr ausschließen. Dazu zählen die Zerstörung von Ölpipelines im Irak durch den dortigen Widerstand, die Affäre um Jukos, den viertgrößten Ölkonzern der Welt und die Einstellung der Ölförderung in Nigeria, das mit einem Tagesexport von 2,5 Millionen Barrel das sechstgrößte Ölexportland der Welt ist. Mit dem Förderstopp will der französische Multi Total den Streik nigerianischer Arbeiter für bessere Arbeitsbedingungen brechen.

Im Jahr 2003 lag der Durchschnittspreis für ein Barrel Rohöl mit 28,8 US-Dollar um vier Dollar über dem Preis des Vorjahres. In Euro umgerechnet, lag der Barrelpreis 2003 jedoch mit 25,58 Euro um 90 Eurocent unter dem Vorjahrespreis. Dadurch wurde die Euro-Region von der Ölpreisentwicklung nicht negativ betroffen.

Da sich der Höhenflug des Euro in diesem Jahr nicht in gleicher Weise wie 2003 fortgesetzt hat, sehen viele Wirtschaftsexperten den schwachen konjunkturellen Aufschwung in Europa gefährdet. Um bis zu 30 Prozent sind nun auch hier die Rohölpreise gestiegen. Seit Tagen zeigen daher die wichtigsten Börsenindizes in Richtung »Süden«, also nach unten. So ist auch der Deutsche Aktienindex DAX inzwischen weit unter die »psychologisch wichtige« Grenzmarke von 4000 Punkten gefallen. Das ist allerdings kein Grund zur Schadenfreude, denn letztlich entzieht diese Entwicklung auch der arbeitenden Bevölkerung weitere Kaufkraft und gefährdet massiv Arbeitsplätze. Daher stellt sich die dringende Frage, wie geht es weiter?

Die Export irakischen Öls wurde durch neue Angriffe am vergangenen Wochenende um die Hälfte reduziert. Das machte sich sofort in einem Preisanstieg an den internationalen Märkten bemerkbar. Zur Zeit leide Irak nicht nur »unter kurzfristigen Angebotsproblemen«, sondern die eigentliche Schwierigkeit sei die »langfristige Sabotage«, beschrieb ein internationaler Ölhändler in London die Lage. Die Aktionen des Widerstands zielten auf eine strategisch wichtige Pipeline, die die Ölfelder im Norden des Landes mit den Ausfuhrhäfen im Süden verbindet. Auch nach der Verhängung des Kriegsrechts durch den »Regierungschef« Ijad Allawi gibt es keinen Grund zur Annahme, daß der Widerstand – und also die Angriffe auf die Ölleitungen – in nächster Zeit nachlassen wird.

In Rußland droht im Zuge der Jukos-Affäre der Stopp eines großen Teils der Ölförderung, von der ein hoher Prozentsatz in den Westen exportiert wird. Weil der Konzern nach eigenen Angaben die geforderten Steuernachzahlungen in Höhe von 99 Milliarden Rubel (2,8 Millarden Euro) nicht leisten kann, hat die Justiz jetzt das Vollstreckungsverfahren gegen den Konzern eröffnet. Dessen früherer Chef und Hauptanteilseigner, Michail Chodorkowski, sitzt wegen des Vorwurfes der Steuerhinterziehung und des Betruges seit Oktober 2003 in Untersuchungshaft.

Dank des hohen Ölpreises konnte Rußland seine Förderanlagen in den letzten Jahren modernisieren und stieg nach Saudi-Arabien zum zweitgrößten Ölproduzenten der Welt auf. 2003 wurde mit 421,4 Millionen Tonnen geförderten Erdöls zum Rekordjahr der nachsowjetischen Geschichte. Das bescherte den in Hinterzimmerdeals »privatisierten« Ölkonzernen 25 Milliarden US-Dollar Reingewinn. Am meisten hatte davon Chodorkowski profitiert. Der hatte eng mit westlichen Konzernen zusammengearbeitet und einen Deal geplant, der US-Konzernen die Rechte an Teilen der russischen Ölreserven auf einem silbernen Tablett serviert hätte. Kein Wunder, daß Chodorkowski zum Liebling der US-Finanzwelt wurde, die nun jammert wegen des ihm angeblich aus politischen Gründen angetanen staatlichen Unrechts.

Richard Perle, der berüchtigte neokonservative Kriegstreiber und Berater von George W. Bush und Donald Rumsfeld, hatte sogar zu einem US-Wirtschaftsboykott gegen Rußland aufgerufen. Nur wenige wußten, daß auch er von dem Deal zwischen Chodorkowski und der US-Wirtschaft kräftig profitiert hätte. Statt dessen wickelt nun die russische Justiz den Konzern ab. Selbst Gerhard Schröder, nicht gerade ein Gegner der Großkonzerne, bescheinigte am Donnerstag in Moskau seinem »Freund« Wladimir Putin, er verstehe, daß es der Staat gerne sähe, wenn die Unternehmen Steuern zahlten.

Da die Steuerprüfungen von Jukos für die Jahre 2002 und 2003 angeblich noch ausstehen, schätzen Analysten den endgültigen Betrag, den der Konzern nachzahlen müßte, auf mittlerweile zehn bis zwölf Milliarden US-Dollar. Jetzt werden entweder bei Jukos sämtliche Technik, Lizenzen und Ölquellen beschlagnahmt. Oder der Konzern wird einer »geregelten Insolvenz« mit Hilfe eines Konkursverwalters zugeführt. Im ersten Fall würde Jukos die Ölförderung gänzlich einstellen, im zweiten sie auf niedrigem Niveau weiterführen. Zwar kündigte Total am Donnerstag an, die Produktion in Nigeria sofort wiederaufzunehmen. Doch selbst das dürfte nicht ausreichen, um die Lage auf dem Weltmarkt zu entspannen.
     

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