in Österreich kommt nicht so gut an (Quelle: Ärztemagazin) Praxis-IT: Kampf um die Praxissoftware Mit Übernahme der Innomed zählt der deutsche eHealth-Konzern Compugroup rund 5.000 österreichische Ordinationen zum Kundenkreis. Die Konzentration beunruhigt die Ärztekammer.
Bedenken bleiben. „Das Thema ist für uns nicht abgeschlossen“, meint Otto Pjeta einen Tag nach dem Treffen mit dem Geschäftsführer der Compugroup CEE Holding, Hannes Reichl. Pjeta, Referent für Qualitätssicherung der Österreichischen Ärztekammer, macht sich Sorgen: „Wenn ein Unternehmen in einem wichtigen Bereich eine überragende Marktmacht erhält, ist das für die Kundenseite selten gut.“ Seit der deutsche eHealth-Anbieter Compugroup (Gesamtumsatz rund 300 Mio. Euro) den österreichischen Marktführer für Ärztesoftware, Innomed, zum Jahreswechsel um 9,3 Millionen Euro zu 70 Prozent übernommen hat, stehen „etwa 50 Prozent Marktanteil in den Bereichen Software für Ärzte und Krankenhäuser“ unter Kontrolle der deutschen börsenotierten Unternehmensgruppe, wie Willibald Salomon, Senior Vice President der Compugroup, dem Hamburger Online-Portal Healthcaremarketing.eu sagte. Hannes Reichl, der von Enns aus die Compugroup-Aktivitäten in Österreich und den benachbarten CEE-Ländern leitet, verbrachte die vergangenen Wochen mit intensiver Besuchsdiplomatie bei den Ärztekammern: „Kein bestehender Kunde wird sein Produkt wechseln müssen oder den Support verlieren“, wiederholt Reichl im Gespräch mit dem ärztemagazin seine Botschaft. Für die Kunden bleibe alles beim Alten.
Marktmacht.
Markteroberung ist für den Koblenzer Konzern kein Novum. Alleine in Deutschland nutzt nach eigenen Angaben etwa jeder zweite niedergelassene Arzt Systeme der Compugroup.
In Österreich startete Compugroup 2006 mit dem Erwerb des Steyrer Unternehmens Systema – Österreichs größter Entwickler für Krankenhaussoftware – und der mehrheitlichen Übernahme des oberösterreichischen Platzhirschen Gruber ÄDV auf hohem Niveau. Im Juli des Vorjahres erfolgte die Integration aller bis dahin erfolgten Akquisitionen für extramurale Anwendungen unter einem Dach: CSPmed, Gruber ÄDV, medXpert, ITN und Medico Systems firmieren seither unter Compugroup Österreich, einer Tochter der Compugroup CEEHolding. Mit der Übernahme von Innomed zählen rund 5.000 österreichische Ordinationen zu deren Kundenkreis.
Schwindende Auswahl.
„Eine Ärztin hat sich erst vor kurzem beschwert, dass der Support für ihre Software aus dem Compugroup-Haus auslaufen werde“, berichtet Jürgen Schwaiger. Schwaiger betreut in der Ärztekammer Wien den Bereich EDV. „Wir beobachten aufmerksam“, beschreibt Schwaiger die Grundhaltung der Wiener Kammer. Pjeta dreht die Schraube eine Windung weiter: „Die Kosten für Wartungsverträge haben sich in den vergangenen Jahren stark verteuert. Der Trend würde sich bei der neuen Marktlage verstärken.“ In Oberösterreich werden bereits Pläne ventiliert, Ärztesoftware kammerseitig anzubieten. Und Jürgen Schwaiger deutet an, dass auch kartellrechtliche Prüfungen der Innomed-Übernahme ins Kalkül gezogen werden.
Zweimarkenstrategie.
Die Skepsis der Ärztevertreter hat auch technische Gründe. Die Akquisition von Marktanteilen macht für die Compugroup Sinn, wenn sie Service und Produkte vereinheitlichen kann. Im Support wurde bereits zu Jahreswechsel eine gemeinsame Hotline für alle Compugroup-Kunden eingerichtet. Bei den Produkten ist eine Integration schwieriger: Vier von den fünf im Compugroup-Verbund zusammengeführten Softwareanwendungen setzen auf unterschiedliche Konzepte (Kernel), die nicht zusammengeführt werden können. Reichl unterstreicht, dass „wir in Österreich eine Zweimarkenstrategie fahren werden.“ Innomed soll einen eigenständigen Auftritt mit einem eigenständigen Standardprodukt beibehalten, während Compugroup Österreich auf Basis der Gruber-Applikation als Universalanbieter mit hochentwickelter Software und mit umfassendem Hardwareangebot geführt werden wird. Auch wenn Compugroup dies nicht bestätigt: Alle anderen Produkte werden früher oder später wohl auslaufen.
ELGA lockt.
Im strategischen Hintergrund der Compugroup-Akquisitionen gibt es ein weiteres Thema. Mittelfristig ist zu erwarten, dass elektronische Gesundheitsakten in Österreich verpflichtend werden. Nach aktueller Konzeption wird ELGA eine Systemplattform abgeben, auf der sich unter Voraussetzungen alle Anbieter einer Gesundheitsakte tummeln dürfen.
In Deutschland betreibt die Compugroup bereits die Gesundheitsakte Vita-x, die zunehmend auch in Österreich propagiert wird. Dazu kommt, dass Compugroup über eine Mehrheitsbeteiligung an HCS Health Communication Service Zugriff auf das Befundaustauschsystem Medicalnet besitzt, das als Zubringer zur ELGA-Plattform fungieren könnte – hier sind aber noch nicht alle technischen Rahmenbedingungen definiert. Wenn die elektronische Gesundheitsakte verpflichtend und daher aus öffentlichen Kassenmitteln finanziert wird, der Patient aber die Wahl des Anbieters – eventuell mittels Zuzahlung – trifft, geht es jährlich um hohe dreistellige Millionenbeträge, um die gerittert werden darf. Und dann wird eHealth zum Massengeschäft.
Josef Ruhaltinger © MMA 2010, ärztemagazin 7/2010 Eine Branche – zwei Verbände
2001 zählte die Wiener Ärztekammer 160 Anbieter von Ärztesoftware. Nach der Auslese durch die e-card-Einführung dürften nach aktuellen Schätzungen nur mehr halb so viele aktiv sein. Mit dem Forum unabhängiger Arztsoftwarehersteller Österreichs FORAS hat sich eine Gruppe mittelgroßer Anbieter an Ärztesoftware zusammengeschlossen, um gegenüber Kammer und Kassen aufzutreten. Bislang trat als einzige Verbandsvertretung der Verband Österreichischer Medizin-Software-Hersteller ÖMS (Sprecher: Klaus Probst, Inhaber des nach Compugroup jetzt größten Softwareanbieters MCW) auf. Weder Compugroup noch Innomed waren bislang Mitglieder des ÖMS. FORAS vertritt Unternehmen mit 1.300 Verträgen, unter ihnen Alphaville, Dr. Wienzl, Schachner & Schlemmer und Webmed ----------- Concentrate to get rich and diversify to stay rich |