Der FAZ-Artikel bestätigt, was ich schon öfter betont habe: Wegen des boomenden Ersatzteilgeschäfts kommt Schaeffler relativ gut durch die Krise, denn die Krise betrifft vor allem Neuwagen.
Gutes Geld mit alten Autos
In der Krise läuft das Ersatzteilgeschäft gut. Der Autozulieferer Schaeffler will hier über Zukäufe wachsen - und wirft ein Auge auf die Aftermarket-Sparte von Continental.
Absatzflaute, Stellenabbau, Werksschließungen: Die Lage in der deutschen Autoindustrie ist so schlecht wie lange nicht. Auch der Auto- und Industriezulieferer Schaeffler muss nach der milliardenschweren Übernahme des Antriebsspezialisten Vitesco händeringend sparen. Doch in seiner Aftermarket-Sparte, dem Geschäft mit Ersatzteilen für Werkstätten und Autohersteller, geht es kontinuierlich aufwärts. „Der Markt wächst global um drei bis vier Prozent im Jahr. Unsere Ambition ist es, stärker zu wachsen“, sagt Schaeffler-Vorstand Jens Schüler.
Das Familienunternehmen aus Herzogenaurach gibt sich jedoch nicht mit dem [vorhandenen] Marktwachstum zufrieden, sondern hält gezielt nach Übernahmekandidaten Ausschau. „Schaeffler hat das Servicegeschäft schon im Jahr 2003 strukturell neu aufgestellt. Seitdem bündeln wir alles in einer Einheit und können jederzeit Dritte aufnehmen. Bei den Zukäufen achten wir darauf, was uns Größe gibt und was uns technologisch weiterbringt“, sagt Schüler.
Die Gelegenheit für einen nennenswerten Zukauf eröffnet sich mit der geplanten Aufspaltung des Continental-Konzerns in Hannover, an dem die Familie des Großindustriellen Georg Schaeffler ohnedies mit 46 Prozent beteiligt ist. Conti-Chef Nicolai Setzer will die Automotive-Sparte von den Reifen und dem Industriegeschäft Contitech abtrennen. Dabei soll das Geschäft mit Gummiprodukten für Autohersteller, Original Equipment Solutions, kurz OESL genannt, von Contitech gelöst werden. „Wir kommen gut voran und planen, OESL im vierten Quartal potentiellen Käufern und Partnern vorzustellen“, hatte Setzer vor einigen Wochen im Gespräch mit der FAZ angekündigt.
Contis OESL hat ein breites Produktportfolio, das von Kühlleitungen und Dichtungen aller Art bis zu Produkten für den Antriebsstrang reicht. Es könnte Schaefflers Aftermarket-Sparte gut ergänzen. Darauf angesprochen sagt Schüler: „Wir schauen uns grundsätzlich jede interessante M&A-Opportunität im Aftermarket-Geschäft sehr genau an und prüfen sie.“
Offenkundig ist Schaeffler an vielem von Continental interessiert. So war es auch bei der ausgegliederten Antriebssparte Vitesco, die Schaeffler... für gut 2 Milliarden Euro übernommen hat. Damit werde auch die Aftermarket-Sparte aufgewertet: „Durch Vitesco wird unser Ersatzteilgeschäft von heute gut 2,5 Milliarden Euro Umsatz auf mehr als 3 Milliarden Euro zulegen. Die Integration werden wir im kommenden Jahr abgeschlossen haben.“
Schon heute ist auffällig, dass der kleinste Geschäftszweig die höchste Rendite erzielt. In den ersten neun Monaten erwirtschaftete Schaeffler mit den Ersatzteilen ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 333 Millionen Euro und damit fast die Hälfte des operativen Konzerngewinns.
Ob die Geschäfte angesichts der Verwerfungen auf den globalen Märkten weiter florieren, ist ungewiss. Die großen Autozulieferer sind genauso international vernetzt wie die Autohersteller, neue Zollschranken würden sie empfindlich ausbremsen. Alle Unternehmen, die enge Handelsbeziehungen mit den USA haben, fürchten die negativen Folgen der vom designierten US-Präsidenten Donald Trump angedrohten Strafzölle. „Schaeffler wäre von Strafzöllen betroffen, aber nicht so stark wie andere, die nur aus Europa oder China den amerikanischen Markt beliefern. Die meisten Teile, die wir in den USA anbieten, kommen aus Werken in Mexiko“, sagt Schüler.
Die Transformation der Autoindustrie wird das Geschäft ebenfalls verändern. Dass mit dem Einzug der Elektromobiliät das Ersatzteilgeschäft perspektivisch kleiner wird, glaubt man bei Schaeffler nicht. Es stimme zwar, dass Elektromotoren von Batterieautos aus viel weniger Einzelteilen bestehen als Verbrennermotoren, dafür nehme aber etwa die Korrosion der Bremsen zu, sagt Schüler. „Die Elektroautos verschieben sich die Reparaturarbeiten stark in Richtung Software. Bei einer E-Achse zum Beispiel wird nicht nur das Radlager getauscht, sondern auch das eine oder andere Elektroteil. Heute ist der Anteil der Elektromobilität im Ersatzteilgeschäft aber noch verschwindend gering. Vom Jahr 2035 an, wenn die ersten Batterieautos in die Jahre gekommen sind, wird es einen relevanten Reparaturbedarf geben." |