Es ist früh am morgen im Nationalpark, doch
kein Vogel trällert sein Lied. Eine unnatürliche Stille hat sich
über das Land gesenkt, den Boden durchläuft ein leichtes zittern.
Das einzige Tier das man ausmachen kann ist ein verletzter Hirsch, dunkle
nasse Flecken zeigen sich auf seinem Fell und er versucht mit panisch
aufgerissenen Augen und Schaum der von seinem Maul tropft zu flüchten.
Aus dem zittern wird ein leichter Erdstoß der das Tier von den Beinen
reißt. Plötzlich und mit noch nie dagewesener Wucht scheint der
Erdboden in diesem Gebiet zu explodieren. Die Erde tut sich auf und bildet
einen gigantischen Krater der seine tödliche Last in den Himmel
entläßt. Zähflüssiges Magma, Ascheteilchen und giftige
Schwefelgase werden kilometerhoch in die Stratosphäre geschleudert.
Die Hölle bricht los auf Erden. Innerhalb Sekunden wird in dem Gebiet
um den Krater jegliches Leben ausgelöscht, verbrannt und erstickt. Eine
gewaltige Druckwelle, ausgehend vom Zentrum der Katastrophe, fegt über
den Amerikanischen Kontinent und knickt Wolkenkratzer wie
Spielkartenhäuser. Das Erdbeben das durch den Vulkanausbruch ausgelöst
wurde kann man noch in den entferntesten Winkeln der Erde spüren. In
Tokio verbiegt sich die Nadel eines Seismographen und bricht einfach ab.
In Berlin macht die Nadel einen plötzlichen Sprung und hängt sich
am Rand des zu beschreibenden Papiers auf. Der Seismograph schreibt auf der
Walze und liefert so keine Aufzeichnungen mehr. Durch die gigantische Eruption
wächst der Druck auf die darunter liegende Kontinentalplatte und setzt
sich bis in die Meere hinein fort. In den Meeren bilden sich riesige Tsunamis
die alles unter sich begraben das sich ihnen in den Weg stellt. Hawaii versinkt
innerhalb Sekunden im Meer und ist ausgelöscht, doch die "Killerwellen"
rasen ausgehend vom Kontinent weiter. Irgendwann erreichen sie Japan und
zerstören die Küstenstädte, das Land wird bis weit ins innere
hinein überflutet.
Stille senkt sich über das Land, eine
trügerische Stille. Die Sonne wurde durch den Ausbruch mit Ascheteilchen
verschleiert und taucht den Kontinent in Dunkelheit. Die Temperaturen fallen
innerhalb weniger Stunden um bis zu 20 °C und das Land beginnt zu "frieren".
Der "Fallout" hat das Land kilometerdick mit einer Schicht aus Asche
überzogen, wer nach dem Ausbruch noch am Leben war muss jetzt ersticken.
Giftige Schwefelgase erledigen den Rest. Doch immer noch gibt es Leben. Durch
den extremen Temperatursturz bilden sich gigantische Eisflächen und
es schneit. Ein Szenario wie aus einem Katastrophenfilm, nur es ist kein
Film sondern Tatsache. Ernten sind vernichtet und nun senkt sich eine
mörderische Kälte über den Planeten. Eine Kälte welche
die restliche Menschheit ohne genügend Ressourcen nicht überleben
kann. Die meisten Kraftwerke sind zerstört, Heizungen funktionieren
nicht mehr, die Nachwirkungen des Ausbruchs vernichten auch noch den letzten
Lebenden in Amerika.
Doch auch in Europa z.B. kann man die Auswirkungen
dieses natürlichen "Super-GAUs" spüren. Rund um den Erdball haben
sich die Ascheteilchen und das Schwefelgas in der Stratosphäre verteilt.
Die Temperaturen fallen weltweit um ca. 5 - 15 C°. Große
Hungersnöte brechen aus, da das Korn nicht mehr gedeiht und auf den
Feldern verrottet. Durch den gewaltigen Schlag auf die Kontinentalplatte
kommt die Erde ins trudeln, der Einfallswinkel der Sonne verändert sich
und lässt die Temperaturen weiter fallen. Die Welt wird mit einer
dünnen Eisschicht überzogen, eine "vulkanische Eiszeit" hat begonnen.
Die Szenerie aus einem Hollywoodfilm? Leider nein,
eine Szenerie die schon morgen, in hundert oder auch erst in tausend Jahren
geschehen kann. Ein Weltuntergang, ausgelöst durch einen seit Jahrtausenden
schlummernden Giganten unter dem Bundesstaat Wyoming.
Der Yellowstone-Nationalpark im Bundesstaat
Wyoming/USA. Ein Idyll für Tiere, Pflanzen und Menschen. Riesige
Mammutbäume strecken sich gigantisch in den Himmel, Tiere haben teilweise
sogar ihre natürliche Scheu vor dem Menschen verloren und versuchen
auf den gekennzeichneten Picknickplätzen den Besuchern etwas Futter
abzubetteln. Doch dieses Idyll ist trügerisch, unter dem riesige Areal
verbirgt sich ein riesiger Supervulkan der längst für einen Ausbruch
überfällig ist.
Ein Supervulkan bildet über Tausende von
Jahren riesige Magma-Kammern in der Erdkruste, diese sind gefüllt mit
dickem zähflüssigem Magma, die in den Kammern gefangenen Gase
können nicht entweichen und so baut sich über lange Zeit ein enormer
Druck auf. Bricht so eine Kammer plötzlich auf, entsteht eine gewaltige
Explosion die kein Wissenschaftler berechnen kann.
Ein Vulkanausbruch wird immer an der Menge von
verfügbaren Magma gemessen. Der Explosivitäts-Index eines Vulkans
(VEI) reicht von 0 bis 8 Punkten. Jeder Punkt bedeutet hierbei die Verzehnfachung
des Ausgeworfenen Magmas. Ein Supervulkan von der Größe des im
Yellowstone-Park befindlichen würde diesen Index aber bei weitem
überschreiten. Ein Ausbruch der über 8 Punkten liegen würde.
Eine Katastrophe die kein Mensch beherrschen oder berechnen kann. Eine riesige
Zeitbombe der Natur, welche unser geordnetes Weltbild grundlegend verändern
wird.
Die Yellowstone-Senke wurde vor ca. 600 000 Jahren
durch einen gewaltigen Vulkanausbruch geschaffen. Unter ungeheurem Druck
entleerten sich riesige Magmakammern und schleuderten ihren Inhalt Kilometerhoch
an die Oberfläche. Als sich die Kammern entleert hatten, brach die
natürliche Höhle unter dem Druck des nun obenliegenden Magmas zusammen
und bildeten den heutigen Nationalpark. Der Geologe Bill McGuire vermutet
nun unter diesem Gebiet eine tickende Zeitbombe, ein Untier das nur darauf
wartet endlich losgelassen zu werden und eine gigantische Verwüstung
zu hinterlassen. Ein gefährliches Anzeichen für das Aktivwerden
des Supervulkans könnte die Tatsache sein, das der Geysir "Giant Geyser"
seit einiger Zeit immer häufiger seine Wassermassen "ausspuckt". Lange
Zeit galt dieser Geysir als absolut unberechenbar, man konnte nie voraussagen
wann er seine Fontäne in die Luft schleudern würde. Über 90
Meter hoch schießt das Wasser aus dem Geysir und man rechnet mit einer
Wassermenge von ca. vier Millionen Litern pro Ausbruch. Als 1959 ein schweres
Erdbeben den Nationalpark erschüttert hatte wurden auch die Ausbrüche
des "Giant Geyser" seltener. Doch nun bricht er mit ziemlicher
Regelmäßigkeit wieder alle paar Tage aus.
Robert Christiansen, ein Forscher aus Kalifornien
suchte in den 60er Jahren den gesamten Nationalpark nach Kraterwänden
ab, konnte aber nichts finden, kein Hinweis auf einen Vulkan oder auf
Kraterwände. Erst als er Satellitenbilder der "NASA" einsehen konnte
fand er wichtige Hinweise auf die Überreste eines eingestürzten
Vulkans (Caldera). Diese Reste haben die gigantischen Ausmaße von 70
Kilometern Länge und 30 Kilometern Breite. Die Überreste des Vulkans
sind somit größer als Städte wie New York, London oder
Moskau.
Was unter dem Nationalpark vor sich geht, kann
man mit keinem anderen Vulkan auf dieser Welt vergleichen. "Kleine" Vulkane
wie der Vesuv wirken gegen diesen Supervulkan wie ein "Spielzeugvulkan" den
Kinder gerne für den Schulunterricht basteln. Im Gegensatz zum Vesuv
drängt hier das Magma an die Erdoberfläche, doch es durchbricht
diese nicht sondern sammelt sich in der oberen Kruste. Durch die Hitze schmilzt
das Gestein in diesen Regionen und das neu verflüssigte Gestein fließt
zurück in die Magma-Kammern. Dieses Phänomen dauert schon Jahrtausende
lang an und man kann sich vorstellen welche Hölle unter der
Erdoberfläche brodelt. Die Flüssigkeit in den Kammern ist ständig
in Bewegung und schmilzt die Erdkruste immer weiter in Richtung Oberfläche
aus, die Kruste wird immer dünner und die stark komprimierten Gase aus
dem Magma zwängen sich nach oben und bilden große Risse in den
Gesteinsschichten darüber. Sollte einer dieser Risse die Magma-Kammer
erreichen kommt es zu einer Katastrophe ohnegleichen. Ein Inferno das den
Ausbruch des Pinatubo wie einen "kleinen Rumpler" in der Erdgeschichte wirken
lassen würde.
Um das Szenario etwas anschaulicher zu machen
muss man hier in der Geschichte zurückgehen. Vor ca. 74 000 Jahren
explodierte auf Sumatra der Vulkan Toba in einem riesigen Feuerball und
hinterließ eine Caldera von 100 km Länge und 60 km Breite. Die
ausgestoßene Masse verwandelte die Stratosphäre in einen
Ascheschleier, es kam zu einem "nuklearen Winter", allerdings ohne Atombombe.
Die Temperaturen sanken rapide ab und es könnte zu Schneefällen
im Sommer gekommen sein. Dies ist allerdings keine Spekulation, denn auch
in der jüngeren Geschichte kann man dies nachvollziehen. Als 1815 in
Indonesien der Tambora ausbrach, herrschte eine weltweite Kälteperiode.
Die Temperaturen in Europa sanken um 2,5 Grad. Ein Jahr darauf, 1816, konnte
man die Auswirkungen dieses Ausbruchs noch in den USA spüren. Es schneite
mitten im Sommer und noch bis 1819 hatte dieser Ausbruch Auswirkungen auf
das Klima der Nordhalbkugel der Erde. 1815-1819 zählen bis heute noch
zu den kältesten Perioden des letzten Jahrhunderts. Auch als der Pinatubo
1991 ausbrach, sank die Temperatur auf der Erde in den beiden Jahren darauf
um ca. 0,5 °C.
Der Wissenschaftler Christiansen untersuchte den
Nationalpark auf Spuren früherer Ausbrüche und fand meterdicke
Schichten von alter, harter Vulkanasche. Es müssen drei Ausbrüche
gewesen sein, einer gewaltiger als der andere. Als er seine Fundstücke
datieren ließ kam man auf ein unglaubliches Resultat. Der erste
eingebrochene Krater bildete sich vor ca. 2 Millionen Jahren. Der zweite
vor 1,3 Millionen Jahren, der dritte, den Christiansen auf den Satellitenbildern
gefunden hatte, vor ca. 630 000 Jahren. Ich glaube hier muss niemand lange
rechnen, jede Eruption erfolgte in einem Zeitraum von ca. 600 000 Jahren.
Es sieht aus als könnte man den Vulkan unter dem Yellowstone-Park mit
einem Kometen vergleichen, der immer wieder in einem bestimmten Zyklus am
Himmel erscheint und an der Erde vorbeizieht. Nur würde ein Ausbruch
des Vulkans nicht spurlos an der Erde vorübergehen, sondern sie in ein
riesiges Chaos stürzen das weltweite Konsequenzen nach sich ziehen
würde. Der Park der wie ein Idyll aussieht, birgt noch mehr Geheimnisse.
Er "lebt".
Robert Smith von der
University of Utah hat Vermessungen der Bodenhöhe von 1923 herangezogen
und mit heutigen Messungen verglichen. Er kam zu dem Ergebnis das der ganze
Park sich in Bewegung befindet. Von 1923 bis 1985 stieg die durchschnittliche
Bodenhöhe um 74 cm an. Ab 1995 fiel die Bodenhöhe allerdings wieder
ab und ist zum Teil sogar um eine Schrägachse gekippt. Zeitgleich
wölbte sich der zusammengefallene Krater wieder nach oben was auf eine
stark gefüllte Magma-Kammer schließen lässt, die enorme
Ausmaße angenommen haben muss. Um herauszufinden ob an dieser Theorie
etwas dran ist mußten die Forscher auf andere Quellen zurückgreifen.
Im gesamten Park sind 22 Erdbebenstationen verteilt, die auch noch die kleinste
Erschütterung des eingefallenen Kraters, sowie Erdbeben auf der gesamten
Welt registrieren. Unter dem Yellowstone-Park werden jährlich hunderte
von kleinen Erdbeben registriert, 1959 war aber auch ein sehr heftiges Beben
verzeichnet worden. Es hatte die Stärke von 7,5 auf der nach oben hin
offenen Richterskala. Da Schallwellen unterschiedlich schnell sind, je nachdem
welche Schichten sie durchlaufen konnte man für den Yellowstone-Park
genaue Berechnungen anstellen. Nach verschiedenen Vermessungen von
Erdstößen im Park, setzte Smith seine Daten zusammen und kam zu
einem Ergebnis das die Welt aufhorchen lies. Die Magma-Kammer unter dem Park
muss eine Länge von mindestens 40-50 Kilometern haben, 20 Kilometer
breit und mindestens 10 Kilometer dick sein. Der Inhalt der Kammer
müßte aus dunklem Basaltmagma und hellerem, geschmolzenen
Krustenmaterial bestehen und dürfte deshalb nicht so flüssig sein
wie normales Magma, das man z.B. vom Ätna kennt. Vor ca. 630 000 Jahren
brach der Vulkan das letzte mal aus, wir sind also zeitlich
überfällig. Dennoch kann kein Mensch sagen wann der "Deckel" dieses
gigantischen "Druckkochtopfs" erneut abheben wird und die Welt bis ins Mark
erschüttert.
Was haben die Wissenschaftler hier
erforscht? Den Anfang oder das Ende einer katastrophalen Entwicklung die
auch die moderne technisierte Welt nicht stoppen kann? Ein Ausbruch in dem
Größenmaß das hier die Forscher berechnet haben, würde
die USA nicht nur zu 2/3 sondern mit Pech sogar komplett von der Karte
"ausradieren". Ein Ausbruch des Supervulkans würde sogar noch Europa
durch Asche und Schwefelverbindungen in der Stratosphäre sibirische
Verhältnisse bescheren. Nicht zu denken was dann in nächster Umgebung
des Parks vor sich geht. Man kann davon ausgehen daß das Weltklima
um mindestens 5 C° abkühlen würde. Der Ausbruch des
Yellowstone-Vulkans könnte die gesamte Menschheit in eine tiefe Krise
stürzen. Lynn Jorde von der Universtiy of Utah hat durch Genanalysen
mindestens eine so ausgelöste Krise gefunden. Verblüffend daran
ist, das große Menschensterben vor ca. 70 000 - 80 000 Jahren genau
auf den Zeitraum des riesigen Vulkanausbruchs auf Sumatra fällt. Die
Menschheit wurde auf ca. 5000 - 10 000 Individuen dezimiert. Auslöser
könnte wie gesagt der Ausbruch des Tobas gewesen sein. Würde jetzt
der Supervulkan im Yellowstone-Park ausbrechen, wird die Asche des Vulkans
tausende Kilometer Amerikas bedecken wie nach einem heftigen Schneesturm.
Die Verschleierung der Stratosphäre mit Schwefel und Asche würden
die Temperaturen extrem absinken lassen und die Ernten auf der gesamten Welt
vernichten. Aber nicht nur die Ernten zur Zeit des Ausbruchs, durch die
Klimaveränderung würden die Ernten für Jahre wegfallen.
Hungersnöte auch in "Wohlstandsländern" wären die
Folge.
Wir stehen hier vor einem Katastrophenszenario
und können nichts dagegen machen. Der Vulkan wird ausbrechen, nur niemand
kann sagen wann es passieren wird. Könnte der Ausbruch weit weniger
heftig ausfallen als berechnet? Kann die Menschheit diese Katastrophe
überleben? Müssen wir uns auf einen "vulkanischen Holocaust" einstellen
und Notfallpläne erarbeiten? Wer die letzte Frage mit Ja beantwortet
hat, sollte überlegen das es keine wirklich verläßliche
Schutzmaßnahme gibt. Man weiß nicht wann der Vulkan ausbrechen
wird, Ernten "hamstern" kann die Weltwirtschaft durcheinanderwirbeln und
die Preise nach oben treiben. Wir wissen nicht einmal wann der Vulkan seine
tödliche Last aus der Erde entlassen wird. Nur eines steht fest: Es
wird irgendwann geschehen...