Der Kampf um vielversprechende Wirkstoffe aus der Biotech-Forschung wird immer härter. Das zeigt die Rekordsumme von umgerechnet bis zu 1,6 Mrd. Euro, die Glaxo Smithkline der dänischen Biotechfirma Genmab für die Rechte an einem Leukämie-Medikament zahlt. LONDON. Der britische Pharmakonzern stockt mit diesem Schritt sein Arsenal an Krebsmitteln auf, während Genmab (Kopenhagen: GEN.CO - Nachrichten) die finanziellen Mittel zum Aufbau eines eigenen Vertriebs nutzen will. Unternehmen wie der Weltmarktzweite Glaxo Smithkline geben zwar Milliardensummen für eigene Forschung und Entwicklung aus, können deshalb aber nicht darauf verzichten, Wirkstoffe dazuzukaufen. Glaxo hat in einem Modell, das in der Branche als wegweisend gilt, unternehmerischen Wettbewerb in der Forschungsabteilung eingeführt.
Biotech-Unternehmen fehlt hingegen meist die finanzielle Kraft, um einen Wirkstoff durch die Zulassung zu bringen – vor allem in Europa. Die Anforderungen an neue Medikamente werden immer höher, was die Kosten für die Zulassungsverfahren in den vergangenen Jahren enorm in die Höhe getrieben hat.
Auch die Pharmariesen ziehen immer häufiger Medikamente zurück, wenn ihnen die Gefahr zu groß erscheint, dass sie im Zulassungsverfahren scheitern. Das hat in den vergangenen Monaten zu einer Reihe hochkarätiger Enttäuschungen geführt. Glaxo etwa musste zuletzt das Diabetes-Mittel Redona stoppen. Den britischen Konkurrenten Astra-Zeneca erschüttert gleich eine Serie von Fehlschlägen.
Der Wirkstoff Humax-CD20, den Glaxo und Genmab gemeinsam vermarkten wollen, wirkt sowohl gegen bestimmte Formen der Leukämie als auch gegen rheumatische Arthritis. Er ähnelt dem Medikament Mabthera/Rituxan, das die schweizerische Roche Holding und die US-Biotechfirma Genentech zusammen entwickelt haben. Analysten trauen dem Genmab-Präparat wegen seines möglicherweise zweifachen Anwendungsgebiets Jahresumsätze von bis zu fünf Mrd. Dollar zu, wenn es, wie erhofft, 2008 von den Gesundheitsbehörden zugelassen wird. Genmab-Chefin Lisa Drakeman spricht von mehr als zwei Mrd. Dollar im Jahr. Genmab-Aktien stiegen am Dienstag an der Börse Kopenhagen vorübergehend um 24 Prozent. Das 1999 gegründete Unternehmen ist nun an der Börse mehr als zwei Mrd. Euro wert, obwohl es noch keinen Gewinn erreicht hat. Um die Rechte an Humax-CD20 hatten sich offenbar gleich mehrere große Arzneimittelhersteller bemüht. "Wir wollen dieses Abkommen nutzen, um eine Vertriebsmannschaft für Onkologie-Produkte aufzubauen", sagte Drakeman der Nachrichtenagentur Reuters.
Der Vertrag mit Glaxo schließt ein, dass Genmab künftig in den USA und Skandinavien eine Reihe von Krebsmitteln aus dem Glaxo-Angebot vermarkten darf. Drakemans Ziel ist es, dass Genmab in Zukunft aus eigener Kraft Wirkstoffe durch die Zulassung bringen kann. Doch die Zukunft der Dänen könnte auch ganz anders aussehen: Gbola Amusa, Analyst bei Sanford Bernstein, rechnet damit, dass Glaxo Genmab letztlich ganz schlucken werde. Das dänische Unternehmen passe gut in die Strategie, eine breite Palette von Krebsmedikamenten aufzubauen. Die Analysten der Dresdner Bank schrieben, es sei gut, dass Glaxo seine Pipeline fülle, doch der Preis sei hoch.
Glaxo setzt mit dem Genmab-Abkommen eine Serie von Investitionen in die Biotech-Forschung fort. Erst am 8. Dezember hat der Konzern für 230 Mill. Pfund (rund 345 Mill. Euro) den britischen Antikörper-Spezialisten Domantis übernommen. Vier Tage später folgte ein Abkommen mit Epix Pharmaceuticals (EPIX - Nachrichten) zur Entwicklung von Mitteln gegen Alzheimer und andere Krankheiten. |