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02.12.2008 18:42 UhrDrucken | Versenden | KontaktUnruhen im Aktionärskreis
Aufseher stützen Freenet-Chef
Freenet-Vorstandschef Eckhard Spoerr hat offenbar inzwischen einen Gegner mehr unter den Großaktionären des Unternehmens. Doch der Aufsichtsrat steht zu ihm.
Von Martin Hesse und Meite Thiede
Freenet-Vorstandschef Eckhard Spoerr hat viele Feinde unter den Großaktionären des Unternehmens, doch bislang hält er sich im Sattel.
Foto: dpa Auf die jüngsten Unruhen im Freenet-Aktionärskreis reagiert Helmut Thoma mit gewohnter Gelassenheit. "Ich bin kampferprobt", so der Aufsichtsratschef. Immer wieder gingen Großaktionäre des Mobilfunk-Unternehmens in den "Untergrundkampf", dabei gelegentlich bewaffnet "mit der Giftflasche".
Derzeit eint die Großaktionäre offenbar eine große Unzufriedenheit über die Kursentwicklung. Sie drängen daher hinter den Kulissen auf eine Abwahl von Aufsichtsratschef Thoma, notfalls mit Hilfe einer außerordentlichen Hauptversammlung.
Ein neuer Chefkontrolleur könnte dann auch Vorstandschef Eckhard Spoerr absetzen und ein neues Management engagieren, so die Überlegung.
Doch Thoma sieht sich fest im Sattel: Die Großaktionäre United Internet und Drillisch, die beide je ein Viertel der Freenet-Aktien halten, seien schon zwei Mal mit dem Versuch gescheitert, bei einer Hauptversammlung den Aufsichtsrat zu kippen, sagte er der Süddeutschen Zeitung.
Im "Stellungskrieg"
Trotzdem hat er die aktuelle Lage juristisch prüfen lassen. Ein weiterer Versuch sei demnach ein Missbrauch von Aktionärsrechten und unzulässig. "Es wäre außerdem eine bewusste Schädigung des Unternehmens, jetzt die Pferde zu wechseln", sagte Thoma. "Der Aufsichtsrat steht zu Spoerr, und zwar einstimmig."
In Unternehmenskreisen wird verbreitet, der Finanzinvestor Permira, über die Telco Holding mit 24,99 Prozent an Freenet beteiligt, suche nach einem Nachfolger für Spoerr.
Permira will sich dazu nicht äußern. In Finanzkreisen hieß es, die Großaktionäre seien frustriert über Spoerr und die Entwicklung bei Freenet. "Die Gesellschafter, der Vorstand und der Aufsichtsrat befinden sich in einem Stellungskrieg", so ein Insider.
Drillisch und United Internet gelten schon lange als Kritiker des Freenet-Chefs. Doch von einem Gleichschritt Permiras war bisher nichts bekannt. Permira hatte im Frühjahr das Mobilfunkunternehmen Debitel an Freenet verkauft und im Gegenzug das Aktienpaket erhalten.
Dazu gehört der Verkauf des DSL-Geschäfts. Außerdem hatte Permira dem Ex-Debitel-Chef Oliver Steil eine führende Rolle zugedacht; drittens sollte die Debitel-Zentrale eine "signifikante Bedeutung" behalten.
Doch bei Freenet hat Permira seinen Unmut offenbar noch nicht kundgetan. "Ich fühle mich von Permira unterstützt", sagte Spoerr der SZ. Es gebe sachliche und konstruktive Diskussionen mit Jörg Rockenhäuser, dem Managing Partner von Permira.
Bislang kein Käufer für DSL-Sparte
Zuletzt habe dieser ihm Anfang November nach einem mehrstündigen Treffen bestätigt, dass er die Strategie - Fokussierung auf den Mobilfunk und Integration von Debitel - unterstütze. Bezüglich der Debitel-Zentrale habe er einen Kompromiss finden müssen: Der Standort Stuttgart bleibe erhalten und werde Kompetenzzentrale, aber jeder zweite Arbeitsplatz werde gestrichen.
Zur Fokussierung auf den Mobilfunk gehört der Verkauf der DSL-Sparte, doch ein Käufer wurde noch nicht gefunden. "Der Prozess läuft. Es gibt gute und konkrete Gespräche", sagte Spoerr. Er lasse sich nicht unter Druck setzen, weil er die Sparte nicht unter Wert verkaufen wolle.
Eine Preisvorstellung nannte er nicht. Analysten haben ihre Schätzungen von einst 700 Millionen Euro bereits deutlich auf 300 bis 400 Millionen Euro heruntergeschraubt. Aufsichtsratschef Thoma rechnet mit einem Verkauf spätestens im Januar. Sollte aber wider Erwarten bis Mai noch immer kein Vertrag unterzeichnet sein, müsse man sich alternative Strategie überlegen. Aber das sei "höchst unwahrscheinlich".
Dass Oliver Steil Freenet verlassen hat, ist Thoma zufolge allein Steils Entscheidung gewesen. Thoma habe ihm ausdrücklich den Posten des stellvertretenden Vorstandschefs sowie das Ressort Vertrieb angeboten. Doch Steil habe überhöhte finanzielle Vorstellungen gehabt. "Es ist eine Mär, dass Spoerr Steil rausgedrängt hat."
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/374/450097/text/