2. a) Über die Schwere der Schuld zu diskutieren, ergibt wenig Sinn, weil da jeder eine persönliche Meinung hat.
b) Für mich ist der CEO von Wirecard per se schuldig, unabhängig, ob er aus Dummheit oder Vernachlässigung seiner Pflichten in den Betrug nicht involviert war.
c) Er war das seriöse Gesicht nach außen und brachte arme Anleger wie den Leo um sein Geld (und auch mich, denn hätte ich gewusst, dass der Jan intern die relevante Größe war, hätte ich sicher nicht investiert).
d) Bellenhaus hat seine Schuld eingeräumt und wurde unter strengen Auflagen wieder heimgeschickt. Er ist Straftäter.
zu a) Da stimme ich Dir zu und mein persönliches Urteil über Markus Braun fälle ich erst, wenn ich alle Deatils kenne. Es läuft aber ein Strafprozess und auch für die Zivilverfahren ist eine gerichtliche Festsetzung der Schuld Brauns wichtig. Das sind (ich habe es bereits angedeutet) zwei paar Stiefel.
b) auch hier muss man zwischen der "moralischen" Schuld und der "juristischen" Schuld unterscheiden. Ich habe den Eindruck, dass Du zur "juristischen" Bewertung nichts sagen kannst, da Dir das Wissen um das prozessuale Geschehen fehlt. Vielleicht konnte ich da einige Impulse geben, die zu konkreteren Diskussionen führen.
Frage: Was sind die konkreten Quellen Deiner Einschätzung, dass er "es" habe "wissen müssen"? Was meinst Du mit "per se"? Ich habe den Eindruck, dass Du einen Schaden definierst oder bestimmst und dann keine weiteren Überlegungen mehr anstzellst außer "Da ist ein Schaden, jemand muss schuld sein, das ist Braun"
Sollte ich mich täuschen, bitte ich um konkrete Begründung
c)
Ist das so? Selbst der Vorsitzende des Aufsichtsrat berichtet, dass es innerhalb der Wirecard umstritten war: Stimmen die Vorwürfe? Man zweifelte daran trotz der klaren beruhigenden Statements und Eichelmann (wie auch andere) betonen die Rolle von EY und BaFin hinsichtlich ihrer Einschätzung, was bei Wirecard Sache ist.
Wenn also selbst Vorstände und Aufsichtsräte indirekt andeuten, dass ihre Einschätzung auch von BaFin und EY (und letztlich übrigens besonders auch KPMG!) beeinflusst wurde trotz der Zweifel an Braun, erscheint Deine Aussage nicht plausibel, dass Braun (alleine) den Schaden verursacht. Es gibt mittlerweile Juristen, die klar auf eine eigene tatbeteiligung von EY abzielen. Das bedeutet, dass der schwarze Peter durchaus noch woanders landen könnte, wenn nämlich Braun der Betrogene ist und EY das nicht bemerkt hat, weil man nicht hinschaute.
3. Wenn ein Unternehmen illiquide oder überschuldet ist, muss es Insolvenz anmelden. Da gibt es keinen Spielraum, sonst macht sich der Vorstand wegen Insolvenzverschleppung angreifbar. Nehmt das endlich zur Kenntnis oder begründet, warum das Gesetz für Wirecard nicht gelten sollte.
Kennst Du das Insolvenzrecht?
Wirecard hat am 22.06.2020 in einer ad hoc erklärt, man gehe davon aus, dass die 1,9 Milliarden womöglich nie exitiert haben. Trotzdem ging man davon aus, den Fortbestand der Firma möglcih zu machen und erwähnt insbesondere konstruktive Gespräche mit den Banken.
Am 25.06.2020 änderte sich die Situation, da Felix Hufeld anordnete, die Konten der Wirecard bank zu sperren. Die formale Begründung wäre spannend, faktisch bedeutete das, dass die Wirecard AG keinen Zugriff mehr auf 200 Mio € liquide Mittel hatte, zumindest temporär nicht. Das war formal der Grund für die Insolvenz, bzw. den Antrag (!) auf ein Insolvenzverfahren.
Ob dieser Antrag zwingend war, wird diskutiert. Das Insolvenzrecht verlangte diese Entscheidung NICHT.
Insolvenzverschleppung tritt immer dann ein, wenn ein Insolvenzantrag zu spät gestellt wird. Bei Überschuldung, Zahlungsunfähigkeit oder drohender Zahlungsunfähigkeit gilt eine Firma als insolvent und ist verpflichtet, dies im Rahmen einer gesetzlich festgelegten Frist auch anzumelden.
James Freis wollte versuchen, Gelder der Wirecard sicherzustellen und hatte bereits einen entsprechenden Auftrag und auch die entsprechende Firma, die kostenneutral und über eine Beteiligung eine forensische Untersuchung machen sollte. Michael Jaffé hat dies aggressiv verhindert und Freis mit persönlichen Konsequenzen gedroht, sollte er sich über seine Entscheidung hinwegsetzen.
Die genauen Details, was nach Brauns Ausscheiden bis zum 22.06.2020 passierte (u.a. eine SMS von Braun an Eichelmann, er könne womöglich 1 Milliarde besorgen, womit die Zahlungsunfähigkeit nicht eingetreten wäre) und vor allem, was zwischen dem 22.06.2020 und dem Insolvernzantrag passierte, sind nicht bekannt.
Die gesetzlichen Fristen sinjd drei Wochen (Zahlungsunfähigkeit) und 6 Wochen (Überschuldung)
Dass der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 25.06.2020 unumgänglich war, ist widerlegt. Ob wegen Corona andere Regeln galten, spielt dabei keine Rolle. Übrigens hat der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger am 30.06.2020 öffentlich von Fiormen gesprochen, die "wegen Corona" in Not seien und gerettet werden müssten.
Der nächste Punkt ist, dass das Amtsgericht den Antrag im August erst angenommen und damit offiziell das Insolvenzverfahren eröffnet hat. Die Annahme des Insolvenzverfahrens basierte offensichtlich auf der Darstellung des Michael Jaffé, die heute sehr umstritten ist (Insolvenzgutachten!).
Stirnrunzeln löst aus meiner Sicht aus, dass Jaffé noch vor der öffentlichen Eröffnung bereits lukrative Firmenanteile verkauft hat, u.a. die Wirecard Card Solutions. Dieser gesamte Komplex wurde bisher nicht aufgearbeitet.
Deine Darstellung ist also aus mehreren Gründen falsch.
|