Räuberpistole aus der Tastatur eines phantasielosen Drehbuchautors.
Was mich schon seit langem stört: Den Drehbuchautoren fällt (außer bei den Münster-Krimis) nichts mehr ein. Keine trickreiche Intrige, kein kriminelles Versteckspiel - nichts. Deshalb nehmen sie ein paar Ersatzstücke aus der Realität, flechten die auf möglichst wirre Weise zusammen und lassen das dann zu einem Film einkochen. - Vielleicht sehen wir demnächst sowas wie den folgenden Unsinn: ____________________ Vorspann: Ein Mann läuft den Strand entlang, wilde Schießerei, Mann ist tot. Schnitt. Kripobüro in Deutschland: Chefin erfährt von ihrem neuen Adlatus, dass an einem türkischen Strand ein deutscher Soldat erschossen wurde. Der Tote aus dem Vorspann war ein Bundeswehr-Soldat, der in der Türkei bei den Patriot-Raketen stationiert war. Sein Onkel mütterlicherseits ist Kurde. Schnitt. In Aleppo, Syrien: Der kurdische Onkel erklärt einem Vertrter des Assad-Regimes, dass er die Patriot-Raketen nun doch nicht liefern kann. Der Assad-Mann wird zornig, erschießt ihn und läßt die Leiche ins Meer werfen. Schnitt. Kripobüro in Deutschland: Der Adlatus erklärt seiner Chefin, dass man in dem Spind des toten Soldaten drei Eierkartons gefunden hat. Eier desselben Herstellers wurden in die Bundeswehr-Kantine in die Türkei geliefert. Es handelt sich um Öko-Eier aus Niedersachsen. Schnitt. Strand in der Türkei. Der Chef des deutschen Bataillons turtelt mit einer hübschen Frau herum, die aus Syrien geflüchtet ist. Die Frau will nicht so recht, aber der Hinweis, dass sie auch nach Syrien abgeschoben werden kann, läßt sie schwanken. Bevor es ernst wird, wird die Leiche des kurdischen Onkels angespült. Der Bataillonschef läßt von der Frau ab und ruft den Koch des Bataillons an. Schnitt. Kripobüro: Chefin erklärt dem Adlatus, dass sie zur weiteren Untersuchung in die Türkei fliegen muss. Adlatus will mit fliegen, Chefin ist erst dagegen, erfährt dann aber, dass ihre Stieftochter in den Adalutus verliebt ist. Der darf deshalb mitfliegen. Schnitt. Bundeswehrhauptquartier in der Türkei. Der deutsche Bataillonschef und der Koch stehen neben einer Patriot-Rakete und telefonieren. Im Laufe des Gesprächs wird klar, dass es sich bei dem Gesprächspartner um den Eierlieferanten aus Niedersachsen handelt. Sie versuchen, ihm klar zu machen, dass er ab sofort keine Öko-Eier, sondern Eier aus Freilandhaltung schicken soll. Schnitt. Chefin und Adlatus treffen im Bundeswehr-Stützpunkt ein und gehen ins Büro des Kommandanten. Eine türkische Putzfrau erzählt ihnen dort, dass sie immer am Mittwoch dreihundert leere Eierkartons aus dem Büro des Kommandeurs wegräumen muss. Plötzlich fallen draußen Schüsse. Als die beiden vor die Tür treten, liegt da der Koch. Seine letzten Worte klingen wie "Air France", dann stirbt er. Der Kommandant erscheint auf der Bildfläche und äußert sich politisch inkorrekt über Türken, Kurden und Putzfrauen. Chefin fragt den Kommandanten, ob der Koch hatte verreisen wollen oder ob er sich einen Reim auf "Air France" machen könne. Der Kommandant verneint beides. Chefin und Adlatus setzen sich ab und ruhen sich erstmal in ihren Zimmern aus. Schnitt. Der Kommandant räumt in seinem Büro herum. Es erscheinen Chefin und Adlatus. Sie erklären, dass der Kommandant festgenommen ist. Der sagt, dass sie das in der Türkei gar nicht können. Chefin tritt lächelnd zur Seite, man erkennt die drei türkische Polizisten, die sie mitgebracht hat. Der Adlatus erklärt dem Kommandanten, was der Kommandant verheimlicht hatte: Der Kommandant heißt Franz Steinhart, und er hatte zusammen mit dem Koch dem niedersächsischen Eierlieferanten den Eierauftrag zugeschanzt und dafür Provisionen in Millionenhöhe kassiert. Der erschossene Soldat vom Strand war den beiden auf die Schliche gekommen und wurde deshalb von dem Kommandanten erschossen. Als die beiden für ihren Scharfsinn bekannten Polizisten aus Deutschland auftauchten, wollte der Koch aus dem Geschäft aussteigen und in der Hoffnung auf eine milde Strafe alles gestehen. Deshalb erschoss der Kommandant auch ihn. Mit seinen letzten beiden Worten wollte der Koch den Polizisten noch einen Hinweis geben. Denn er sagte nicht "Air France", sondern "Eier, Franz". - Der Kommandant wird bleich, springt in die Ecke des Büros und zieht seine Pistole. Chefin redet beruhigend auf ihn ein. Es nützt nichts, er erschießt sich. Großaufnahme: Blut auf dem Boden, Gehirn an der Wand. Schnitt. Die Putzfrau wischt das Büro des Kommandanten. Schnitt Im Flugzeug nach Deutschland. Chefin läßt sich von Adaltus noch einmal alles erklären und schreibt dann einen Entwurf für ihren Bericht, in dem sie darlegt, wie sie den Krimonalfall scharfsinnig gelöst hat. Abspann. Nachspann: Ausnahmsweise bringt die ARD so etwas wie Making-Of: Der Regisseur erschießt den Drehbuchautor. Alle am Set jubeln. --------------------------------- Unsinn? Ja. Aber auch Tatort-Realität (bis auf das Making-Of - leider). |