kriminell. Hunderte Millionen $ unterschlagen? Kein Problem für das palästinensische Volk, an ihrer Gallionsfigur festzuhalten. Arafat, der Pate. Das hatten wir so noch nicht. Bisher war er "nur" der Terrorist mit den blutverschmierten Händen...
ERBSTREIT
Suha Arafat und die Millionen ihres Mannes
Jassir Arafat rangiert unter den Top Ten der reichsten Staatsmänner der Welt. Sein Vermögen wird auf mehrere Hundert Millionen Dollar geschätzt. Nun ist ein Streit ums Erbe ausgebrochen. Wem gehören die Millionen - dem palästinensischen Volk oder seiner Ehefrau Suha?
Jassir und Suha Arafat: Wo sind die Millionen? Großbildansicht AP Jassir und Suha Arafat: Wo sind die Millionen? Hamburg - Suha Arafat gelang es schon des Öfteren, die politische Klasse der Palästinenser gegen sich aufzubringen. Sei es, dass sie sich weigerte, beim Besuch des Gaza-Streifens ihr blondes Haar zu verhüllen, sei es, dass sie es vorzog, die von Arafat gezeugte Tochter in Paris und nicht im staubigen Gaza zur Welt zu bringen. Und nicht zuletzt weil sie christlicher Abstammung ist und ein luxuriöses Leben in Frankreich führt.
Als sie im arabischen Sender al-Dschasira verkündete, "das palästinensische Volk soll wissen, dass da eine Bande nach Paris kommen will, um Arafats Erbe zu erschleichen", da brachte sie die Herren im engsten Umfeld des Palästinenserpräsidenten erneut in Rage. "Suha ist nicht Teil der palästinensischen Führung. Sie sollte die Finger von der Politik lassen", donnerte Dschibril Radschub, Geheimdienstchef im Westjordanland, im israelischen Fernsehen.
Dass Suha von Erbschleichern spricht, ist jedoch keineswegs nur politisch zu verstehen. Der palästinensische Kommentator Hani Masri gab ganz vorsichtig zu Protokoll: "Es scheint ein Konflikt um Geld und Einfluss zu sein." Eine These, für die einiges spricht. Das Vermögen Arafats wird auf mehrere Hundert Millionen Dollar geschätzt. Auf der Rangliste der reichsten Staatschefs der Welt rangiert Arafat laut "Forbes" auf Rang neun.
Ein Teil des Geldes soll in Immobilien in Großbritannien und Spanien angelegt sein. Er soll in Handy-Konzerne in Algerien und Tunesien angelegt haben sowie in Fluggesellschaften auf den Malediven. Auch Briefkastenfirmen auf den Cayman-Inseln sollen Arafat-Geld gebunkert haben. Ein früherer Vertrauter habe die Schattenwirtschaft Arafats gegenüber dem US-Sender CBS bestätigt, schreibt die "Süddeutsche Zeitung".
Am Totenbett Arafats in Paris hat auch Mohammed Raschid seine Aufwartung gemacht. Er ist der frühere Finanzberater und wohl engste Freund Arafats. Er kennt die finanziellen Verflechtungen von Arafat angeblich am Besten.
Mehr als eine Milliarde Dollar soll der Palästinenserpräsident im Laufe der Jahre auf seine privaten Konten gelenkt haben. Einem Bericht des Internationalen Währungsfonds zufolge verschwanden allein in den Jahren zwischen 1995 und 2000 rund 900 Millionen Dollar aus den öffentlichen Kassen Palästinas. Ein alter Weggefährte Arafats, Imad Schakur, so berichtete n-tv, werfe dem "Rais" vor, es sei ein Fehler gewesen, öffentliche Gelder auf Privatkonten eingezahlt zu haben.
Ein Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments hatte vergangenes Frühjahr die Frage untersucht, ob an Arafats Autonomiebehörde gerichtete EU-Gelder in den palästinensischen Terror geflossen sind - und kam zu einem negativen Ergebnis.
Israel hatte nach einer Razzia bei Arafat jedoch entsprechende Zahlungsbelege vorgelegt, die laut Bundesnachrichtendienst und nach einer Begutachtung der EU-Betrugsbekämpfungszentrale Olaf echt waren. Demnach ging Geld teilweise an Attentäter, die sich in Israel in die Luft jagten, um möglichst viele Israelis mit in den Tod zu reißen.
Nach Ausbruch der zweiten Intifada Ende 2000 hatte Israel alle Zahlungen an Palästina, etwa die Einnahmen aus Importzöllen, gestoppt. Ein halbes Jahr später entschied die EU, die Palästinenser nicht länger hängen zu lassen und eine monatliche Haushaltshilfe von zehn Millionen Euro an die Autonomiebehörde zu überweisen - pauschal und nicht mehr Projekt bezogen wie bisher.
Es gab nicht nur Untersuchungen des EU-Parlaments. Derzeit ermittelt die französische Polizei gegen Suha Arafat. Von Schweizer Nummernkonten sollen mindestens elf Millionen Dollar auf ihre Pariser Konten transferiert worden sein. Auch dabei, so der Verdacht, könnte es sich um EU-Gelder handeln.
Der getauften Christin Suha und ehemaligen Sekretärin Arafats, die mit 28 Jahren den 62-Jährigen heiratete und 1991 zum Islam übertrat, sollen etwa 100.000 Dollar monatlich zur Verfügung stehen, die ihr Ehemann ihr angeblich überweist. Davon soll sie ihre Suite im Hotel Bristol finanzieren, wo sie mit der Tochter Sahwa lebt.
Wo auch immer das Geld herkommt - der Streit geht nun darüber, wem es künftig gehören soll. Imad Schakur, der langjährige Arafat-Berater, sagt: "Suha beansprucht die Gelder für sich, aber sie gehören dem palästinensischen Volk."
Rein rechtlich ist die Erbfolge teilweise geregelt. Die Privatkonten in Europa würden nach dem Ableben des Präsidenten erst einmal gesperrt. Ein Gerichtsvollzieher hätte den Besitz dem Testament gemäß zu verteilen. Sollte es kein Testament geben, gehe das Geld an die gesetzlichen Erben. Das sind die Familienangehörigen.
Es bleibt jedoch die Frage, ob Suha (oder die Palästinenserführung) alle Bankverbindungen Arafats kennt. In Ramallah wird nach Informationen von n-tv erzählt, Arafat habe immer ein kleines schwarzes Büchlein bei sich getragen, in dem die Kontonummern standen. Dieses Büchlein sei seit seiner Abreise nach Paris spurlos verschwunden. Wahrscheinlich kann Arafat dazu nicht mehr befragt werden. Er nahm die Antworten auf all die offenen Fragen mit ins Koma.
Alexander Schwabe
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