HANDELSBLATT, Mittwoch, 26. April 2006, 14:32 Uhr Bonner Konzern rechnet mit Folgen für seinen Großhandelspreise
Die Bundesnetzagentur will den Wettbewerb im Markt für schnelle Internetzugänge verbessern und die Deutsche Telekom zu einer Öffnung ihrer Zugänge im DSL-Massenmarkt zwingen. Die Telekom zeigt für die Pläne überhaupt kein Verständnis.
HB DÜSSELDORF. Nach einem am Mittwoch veröffentlichen Entwurf für eine Regulierungsverfügung soll die Deutsche Telekom künftig Wettbewerbern Zugänge auch mit größeren Bandbreiten zur Verfügung stellen. Die Gebühren, die die Telekom-Wettbewerber für die Benutzung der DSL-Netze bezahlen müssen, sollen zudem vorab genehmigt werden.
Das bisherige Angebot an Telekom-Wettbewerber, die die DSL-Anschlüsse der Telekom mit Rabatten weiterverkaufen, ermöglicht nur eine spezielle Datenübertragungsrate. Daher können Anbieter wie Freenet, 1&1 oder AOL nur über den Preis konkurrieren, nicht aber über die Geschwindigkeit, mit der ein Nutzer Daten empfangen kann.
Die Telekom kann nun innerhalb von vier Wochen zu dem Papier Stellung nehmen, für den 10. Mai ist eine Anhörung bei der Bundesnetzagentur geplant.
In einer Pressemitteilung kritisierte der Ex-Monopolist den Behördenentwurf, bezeichnete ihn als sachlich nicht nachvollziehbar und nannte die geplante Vorab-Preiskontrolle kontraproduktiv für den Breitbandmarkt. „Mit der geplanten Verfügung greift die Bundesnetzagentur in unverhältnismäßiger Weise in ein Marktsegment ein, das nachweisbar von einer hohen Wettbewerbsdynamik und einem differenzierten Angebot auf Vorleistungsbasis geprägt ist,“ sagte der Leiter der T-Com-Regulierungsabteilung, Frank Schmidt.
Der Regulierer will die Telekom verpflichten, so genannten Bitstromzugang auf Ebene des Internet-Protokolls anzubieten. Die Preise soll sie vorher zur Genehmigung vorlegen. Dieses Vorleistungsprodukt ist für den Massenmarkt gedacht und richtet sich hauptsächlich an Internet-Service-Provider mit geringer eigener Infrastruktur wie AOL, freenet oder 1&1. Es ist aber auch als Ergänzung für Netzbetreiber wie Arcor oder QSC interessant.
Die Telekom vertritt den Standpunkt, dass sie bereits jetzt Bitstromzugang zur Verfügung stellt. Diese Funktion erfüllt aus ihrer Sicht ein Kombi-Angebot, bei dem die Wettbewerber DSL-Anschlüsse des Konzerns gegen Rabatt auf eigene Rechnung und unter eigenem Namen weiterverkaufen (DSL-Resale) und dafür gleichzeitig dessen Leitungen in Anspruch nehmen. Die alternativen Anbieter meinen hingegen, das sei kein wirklicher direkter Breitbandzugang, weil ihnen nur die von der Telekom vorgegebenen Produkte bzw Bandbreiten zur Verfügung stünden. Das aber erlaube eine Differenzierung im Markt nur über den Preis.
Schmidt kann diese Argumentation nicht ganz nachvollziehen. Es gebe gewisse Standards im Markt, an denen sich auch andere Netzbetreiber orientierten. T-Com bietet derzeit DSL-Anschlüsse mit Geschwindigkeiten von einem, zwei, drei und sechs Megabit pro Sekunde an. Er glaube nicht, dass die Möglichkeit der weiteren Bandbreiten-Differenzierung für Wiederverkäufer „kriegsentscheidend“ sei, sagte Schmidt. Zudem sieht er die Diskussion auch von „taktischen Überlegungen“ getrieben, um eine bessere Position gegenüber der Telekom zu erlangen.
Der Konzern befürchtet, nun in ein starres Regulierungsschema gepresst zu werden und in einem sich schnell verändernden Umfeld die nötige Flexibilität zu verlieren. Ein Ergebnis der von der Netzagentur vorgeschlagenen ex-ante- Regulierung könne sein, dass die Telekom ihre Großhandelspreise senken müsse, sagte Schmidt. Er sieht keine großen Chancen, noch Änderungen in dem Entwurf zu erreichen. „Ich denke, der Regulierer ist gewillt, damit zügig durchzumarschieren“, sagte der Experte.
Mit der Einführung des DSL-Weiterverkaufs (Resale) im Jahr 2004 hatte in Deutschland ein regelrechter Breitband-Boom eingesetzt. Die Zahl der DSL-Anschlüsse war dadurch bis Ende 2005 auf 10,4 Mill. gestiegen. Davon waren rund 1,6 Mill. durch Telekom-Wettbewerber weiterverkauft worden.
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