6. November 2015 10:42 Uhr Griechenland: 2,5 MRD Euro Stromschulden – Versorger schaltet bald erste 50.000 Kunden ab!
FMW-Redaktion
In Griechenland wird der staatliche Stromversorger in Kürze damit beginnen in einem ersten Schritt 50.000 Stromkunden den Saft abzudrehen. Die Außenstände belaufen sich insg. auf 2,5 Milliarden Euro. Betroffen werden vor allem Firmenkunden sein. Eine Katastrophe für die (vorhandene?) Konjunkturerholung. Es gibt einen handfesten Grund, warum die Höhe der Stromrechnungen in den letzten Jahren explodierte…
Alexis Tsipras MP Griechenland Ministerpräsident Alexis Tsipras muss jetzt knallhart Gelder eintreiben lassen. Foto: FrangiscoDer / Wikipedia (CC BY-SA 3.0)
Griechenlands staatlicher Stromversorger PPC hat Außenstände bei Stromkunden von insg. 2,5 Milliarden Euro, 1,8 Milliarden davon bei gewerblichen Kunden. Schulden haben insg. 2,1 Mio Stromkunden in Griechenland. Wenn man das umlegt auf die Gesamtsumme, wären das rein rechnerisch 1.190 Euro Schulden pro Stromkunde, aber bei 1,8 von 2,5 Milliarden Schulden durch gewerbliche Kunden dürften die Privatkunden natürlich deutlich kleinere Summen offen haben.
In einem ersten Schritt will PPC demnächst 50.000 Stromkunden den Saft abdrehen nach vorheriger Mahnung, so berichtete es vor Kurzem EKathimerini.com. 50.000 Kunden ohne Strom, das ist schon viel, klingt für deutsche Verhältnisse aber nicht wie eine dramatische Zahl. Griechenland hat aber nur 11 Millionen Einwohner. Übersetzen wir das mal ganz grob gerechnet auf Deutschland, würden man hier gut 400.000 Stromkunden den Saft abdrehen, auf einen Schlag. Davon in Griechenland betroffen werden wahrscheinlich zum großen Teil die gewerblichen Kunden sein, da durch ein Sozialprogramm der Tsipras-Regierung die ärmsten der Armen Privathaushalte von solchen Maßnahmen ausgenommen sind. Z.B. wird ein großer griechischer Stromabnehmer, die „Larco Mining and Metallurgical Company“ dran glauben müssen, da sich nur bei dieser Firma Stromschulden in Höhe von 200 Mio Euro angehäuft haben sollen.
Für die Kunden haben sich die Stromrechnungen in den letzten Jahren seit Ausbruch der Krise teilweise mehr als verdoppelt. Nicht weil die Strompreise so sehr explodiert sind, sondern weil die verschiedenen Regierungen in den letzten Jahren mangels effektiver Steuereintreibung viele staatliche Gebühren inzwischen über die Stromrechnung eintreiben lassen wie z.B. Abfallgebühren, Umweltgebühren, Gemeindegebühren, staatliche Rundfunkgebühren uvm. In 2011 und 2012 ließ der Staat eine gesonderte Immobiliensteuer auch über die Stromrechnung eintreiben, die bis heute viele Kunden nicht zahlen konnten. Inzwischen wird diese Gebühr wieder separat vom Finanzamt erhoben, aber diese Altschulden hängen nach. So verharren viele Stromkunden jetzt langfristig in ihren „Stromschulden“ und werden vielleicht abgeschaltet, obwohl sie den Strom immer gezahlt haben – aber eben nicht die Müllgebühr oder die Immobiliensteuer auf der Stromrechnung. Über die dramatische Situation vieler Haushalte und Kleinunternehmer (Handwerker etc) berichtet auch das Portal „newsit.gr“ sowie ein Autor des Portals keeptalkinggreece, der auch Erlebnisse aus dem Alltag schildert.
Abgesehen von den Problemen beim Stromversorger scheint auch die Steuerbehörde selbst langsam Ernst zu machen im Sinne der strikten Auflagen und regelmäßigen Kontrollen der Euro-Gläubiger. So hat die „Hellenic Gaming Commission“ (Glücksspielbehörde) veranlasst, dass ein großes Kasino schließen musste, weil es trotz eines Gerichtsentscheids seine Steuern über 1,8 Mio Euro nicht gezahlt hat. Angeblich will das Kasino kurzfristig die Steuern nach der Schließung zahlen. Die Glückspielbehörde will aber den Zahlungseingang abwarten, bevor es wieder öffnen darf.
Griechenland scheint unter einem enormen Zwang der Gläubiger so langsam ernst zu machen bei der Eintreibung von Steuern und Schulden. In vielen Fällen mögen Griechen auf Geld sitzen, das sie einfach nicht dem griechischen Staat „in den Rachen“ werfen wollen – in vielen anderen Fällen wird es wohl private Existenzen (die soziale Schutzklausel von Tsipras gilt ja nicht für alle Privatpersonen) oder kleine Betriebe zerstören. Wie auch bei den Staatsschulden wäre eine Streckung der Rückzahlung in kleine Raten eine sinnvolle Alternative, für Griechenland als Staat, für die privaten Konsumenten und die Kleinbetriebe. |