@cicero: Du schreibst: "Der Wert den die Aktie dann haben wird, hängt in erster Linie davon ab, ob die Erwartungen alle eintreffen."
Das ist genau der Punkt, warum ich Dein Szenario als ein Blue Sky Szenario ansehe. Die Eigenkapitalkosten im Markt sind momentan vielleicht 6-7%, bei AT&S wegen des zyklischen Geschäfts vermutlich etwas höher, daher habe ich 8% angesetzt. Die genaue Zahl spielt aber keine Rolle. Bei der Aktienbewertung muss man mit Unsicherheit umgehen, da Pläne aus unterschiedlichen Gründen scheitern können.
Ich denke Dein Szenario einer Vervierfachung des Wertes in vier Jahren ist das optimistischste Szenario, bei dem schon wirklich sehr viel richtig laufen muss. Wenn es das Durchschnittszenario wäre, das man im Normalfall erwartet, dann würde man den Wert der Aktie in 2025/26 eben mit ca. 8% auf heute abzinsen in einem DCF Modell. Die 8% sind die Prämie dafür, dass Unsicherheit in beide Richtungen besteht. Und dann wäre die Aktie heute 110 EUR wert.
Aber das denke ich ist einfach nicht realistisch. Zum einen kann mit den Plänen etwas schiefgehen (sowohl auf der Nachfrage- als auf der Angebotsseite). Und wir wissen ja alle, wie viel man in diesem Business in Downcycles verdient. Zum anderen ist in meinen Augen wirklich nicht klar, dass irgendwer jemals im Upcycle ein KGV 20 auf die Aktie zahlen würde. Das gab es in der Vergangenheit normalerweise nicht (von seltenen Ausreißern abgesehen). Und ich denke, es wäre für dieses Business auch nicht offensichtlich. Denn dass hieße, dass AT&S seine Eigenkapitalrendite so stark steigern würde, dass die Market Cap den Eigenkapitalwert sehr stark überholen würde.
In der Vergangenheit haben die OEMs Zulieferern wie AT&S oft die Rendite auf das Marktlevel gedrückt, weil sie eben Auswahl hatten, mit wem sie neue Werke bauen. Daher war der Kurs meist nicht weit weg von einem KBV 1. Ich stimme ja mit dir überein, dass AT&S im Highend Bereich mittlerweile mehr Marktmacht hat und Intel & Co. mittlerweile auch Überrenditen rausdrücken kann. Aber wie weit das systematisch geht, steht in meinen Augen immer noch in den Sternen. Da muss AT&S den Beweis noch erbringen.
Aus diesen Gründen denke ich, gibt es im wesentlichen drei Szenarien: (1) Dein Szenario, was ich mal als Blue Sky bezeichnen möchte, weil es voraussetzt, dass der Ausbau super klappt, die Auslastung dennoch hoch sein wird und man darüber hinaus Intel dauerhaft spürbare Überrenditen aufs eingesetzte Kapital abknöpfen kann. (2) Mein Mittelfrist-Sketch oben, der sich eher am KUV orientierte (und das KBV eng im Auge behält) ist etwas vorsichtiger und unterstellt implizit ein weniger optimistisches KGV bzw. Spielraum für Missgeschicke. Und (3) gibt es natürlich auch Negativszenarien mit Überkapazitäten oder Produktionsproblemen -- beides nicht total ungehört in dieser Industries.
Jetzt muss man als Anleger halt überlegen, wie die Wahrscheinlichkeitsverteilung über diese Szenarios ist. Im Moment steht der Markt irgendwo zwischen (2) und (3) -- wahrscheinlich auch deshalb, weil AT&S in der Vergangenheit keine nachhaltig positiven Free Cashflows erwirtschaftet hat, sondern immer wieder in die Zukunft investierte. Mir persönlich reicht Szenario (2) durchaus aus. Aber natürlich hoffe ich auch auf Dein Szenario. Hier nochmal vier Jahre hintereinander 40% Rendite pro Jahr mitzunehmen, da hätte sicher niemand etwas dagegen. Aber ich denke nicht, dass das der Erwartungswert ist.
@stbaui: Ja klar, die Verschuldung spielt eine erhebliche Rolle. Wenn wir hier aber die Bewertung in 2026 diskutieren, so dürfte bis dahin der Schuldenberg durch das hohe EBITDA der neuen Werke jedoch bereits wieder deutlich reduziert worden sein. Zwischendurch wird das sicher temporär grauslich aussehen. Aber ich denke in 4-5 Jahren wird man die Aktie mit "normalerem" Net Debt/EBITDA dann auch wieder mit gängigen Kennziffern wie KGV und KUV bewerten können, ohne dass die Schulden alles verzerren. |