Ohne Zweifel war, wie auch Du, Cicero, schreibst, Hannes Androsch ein bedeutender Mann in der jüngeren Geschichte Österreichs. Dass er gestorben ist, kann betroffen machen, auch wenn man nicht zum Familienkreis gehört. Selbst dann, wenn man nicht seiner politischen Gesinnung angehören wollte. Hier einen Absatz in meinen Gedanken zu machen, geschieht bewusst !
Es sollte nun aber auch betrachtet werden, welche Folgen sein Ableben hat. Gesellschaftlich wie in Bezug auf AT&S - dem Kern dieses Threads:
Gesellschaftspolitisch hatte Androsch eine gewichtige Stimme - sicherlich. Aber immer dann, wenn's für die Herrschenden "unangenehm" wurde, dann wurde seine Stimme nicht mehr so gerne gehört. Das war schon bei Bruno Kreisky letztlich im Hinblick auf Wirtschaftsfragen und Hartwährungspolitik so gewesen und führte zum Ausscheiden Androschs aus der aktiven Politik - wie auch in der jüngeren Geschichte z.B. in der Bildungspolitik, wo ich an das von Androsch mit Weitblick getragene Bildungsvolksbegehren denke, das inhaltlich aber ebenso weitblickende und durchsetzungsstarke Politiker gebraucht hätte, die wir zu selten haben. Androsch konnte sich in vielen gesellschaftspolitischen Fragen, in denen man ihn - aber nicht AUF ihn - hörte, oftmals nicht durchsetzen. Leider !
Bewegen konnte er im wirtschaftlichen Bereich, wo er unmittelbar Einfluss nehmen und gestalten konnt. Dazu gehören die Salinen Austria (was ihm u.a. den Titel "Salzbaron" eintrug) aber auch AT&S dazu, ein Unternehmen, das relativ unbedeutend und kränklich war und das er zur Weltspitze führte. Aber nicht alleine, das muss fairer Weise dazu gesagt werde - denn da gabe es auch die Arbeit der CEO's und nicht zuletzt das Wirken Willi Dörflingers.
Da wären wir bei der Frage, wie es denn nun weitergehen könnte:
Zunächst glaube ich nicht, dass der Kursverlust der letzten Zeit etwas mit Androschs Gesundheitszustand zu tun haben könnte. Das hat sicherlich nur mit den Gründen zu tun, die wir hier laufend diskutieren. Folgt man den Medien, ist Androsch unerwartet verstorben (mal abgesehen von seinem Alter). Krankheiten, mögen sie vorgelegen sein, waren jedenfalls öffentlich nicht bekannt. Androsch war auch bis zuletzt recht aktiv. Denken wir an die letzte Aktionärsversammlung (auch an die außerordentliche). Auch sein Umgang (= Verhinderung) der KE zeugt nicht davon, dass hier ein gesundheitliches Schwinden der Gestaltungskraft anzunehmen ist. Auch die Kursentwicklung in den Tagen nach Androschs Ableben deutet nicht darauf hin, dass der Markt - also die auf den Kurs Einfluss nehmen KÖNNENDEN - dem Unternehmen eine Entwicklungsänderung beimisst, aufgrund des Verlustets von Hannes Androsch. Weder in die eine, noch in die andere Richtung.
Wie es nun weitergeht, das ist zum Teil Spekulation. Natürlich. Ein wenig könnte man auf Red Bull blicken, wo der Tod Dietrich Mateschitzs - und der war sicherlich ebenfalls recht einflussreich in seinem Unternehmen - nichts am Erfolg geändert hat. Zumal es ja auch noch andere maßgebliche Beteiligte gibt. Im Fall von AT&S wäre das z.B. Willi Dörflinger. Auch wenn man von ihm in den letzten Jahren wenigöffentlich gehört hat bedeutet das nicht, das er ohne Einfluss war und ist.
Die zweite Frage ist das Verhalten der Androsch Stiftung. Ich weiß natürlich viel zu wenig um sagen zu können, wie hier seitens Androschs vorgesorgt wurde. Meine Mutmaßung ist, dass er das nicht planlos gemacht hat. Ich kann auch nichts über Androschs Kinder sagen. Auch hier mutmaße ich, dass die beiden Töchter nun nicht gerade lenkend in das AT&S Geschehen eingreifen wollen. Die beiden Damen sind 56 und 60 Jahre alt, sicherlich noch jung genug um Kraft zu haben - aber nicht mehr ganz sooo jung, um die Profession zu wechseln und Industriekapitäninnen zu werden. Und ich mutmaße komplett ins Blaue wenn ich denke, dass Hannes Androsch genug Vermögen hinterlassen hat, dass seine Kinder nun nicht unbedingt sorglos mit einem Teil seines Vermächtnisses umgehen, wie das AT&S nun einmal geworden ist, um es auf den Markt zu werfen.
Einzig der Zeitpunkt von Hannes Androschs Ableben ist (aber was ist schon der "richtige" Moment ...) ungünstig. Es fehlt ein starker und erfahrener CEO. Die Zukunft des Unternehmens wird daher meiner Meinung nach davon abhängen, wer in diese Position kommt (oder bleibt ??). Dass Androsch diese Weichenstellung nicht mehr steuert, das KÖNNTE Einfluss auf die nähere Zukunft von AT&S haben.
Unabhängig davon (soweit man bei dieser wichtigen Entscheidung von "unabhängig davon" sprechen kann), sind die Zukunftsaussichten von AT&S unverändert von der generellen Situation am Weltmarkt, geopolitischen Entscheidungen maßgeblicher Nationen / Politiker, der Fähigkeit die richtige technologische Fertigkeit zu entwickeln - und von der Entwicklung der wichtigsten Großkunden (wobei man hier leider von deren "Erholung" sprechen muss) abhängig. Ich denke, das ist auch der Grund, warum der Börsenkurs vom Tod Androschs wenig beeinflusst war. Bisher jedenfalls.
Eine der wichtigsten Aufgaben von AT&S ist es daher meiner Meinung nach, bald einen tüchtigen und profunden CEO einzusetzen !
AT&S hat mit Androsch einen bedeutenden Visionär verloren, aber AT&S ist dadurch nicht zum Treibgut auf den wirtschaftlichen Weltmeeren geworden. Der - fast gleichzeitige - Abgang Gerstenmayers ist da schon ungünstiger - aber da meine ich nun nicht, dass er für AT&S unverzichtbar wäre (leider ganz im Gegenteil), sondern, dass er die Fähigkeit (erworben) hatte, kompetent zu steuern. Und eigentlich brauchts das gerade jetzt, nach dem Tod des sicherlich aktiv gestaltenden AR Vorsitzenden.
Es bleibt am Ende: Androsch war ein bedeutender Mann, der viel geleistet hat, das auch nach seinem Tod Bestand haben kann und wird. Wenn etwas nicht Bestand haben SOLLTE, so liegt das nun in der Verantwortung der künftig Handelnden. AT&S gehört hier dazu.
Und wie schauts da grad aus ?
Das betriebliche Management ist weiterhin im Amt. Mit Dörflinger ist auch ein weiterer historischer und verantwortungsbewusster Mann vorhanden, dessen Lebenswerk AT&S ja ebenfalls ist. Auch wenn er, glaube ich, ebenfalls nicht mehr ganz gesund sein soll, und ein deutlich stillerer Mensch ist, als Androsch das war. Werden hinsichtlich der Person des CEO die richtigen Entscheidungen getroffen (möglichst bald ....), so bleiben für die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens all die Komponenten, wie auch in den letzten Monaten von Androschs Lebenszeit. Werden sie bewältigt, so kann AT&S ein glänzender Teil von Androschs Vermächtnis bleiben. Von dem seine Kinder aber auch wir alle profitieren.
Daran glaube ich jedenfalls. Und danke Hannes Androsch, für seine Leistung. |