In den USA läuft die Berichtssaison. ALCOA meldete am Dienstag - wie stets als erster - und enttäuschte leicht. Am Freitag nach Redaktionsschluß kommt dann bereits GENERAL ELECTRIC, ein „Schwergewicht“ mit Indikatorfunktion. Die Erwartungen wurden bereits heruntergeschraubt, so daß es keine großen Ausrutscher geben sollte. Der Konsensprognose nach sind die Gewinne der im S&P 500 vertretenen Unternehmen binnen Jahresfrist um mehr als 11 % zurückgestuft worden. Allerdings dürften die Gewinnschätzungen für das dritte und vierte Quartal noch wesentlich zu hoch liegen. Hier gehen die Analysten immer noch von einem Plus von jeweils 14 % aus, was u. E. nicht zu realisieren ist. Übrigens: Der Dow Jones verlor seit seinem Hoch in 2007 rd. 21 %. Laut Definition ist der Beginn eines Bärenmarktes ab 20 % Verlust. Im Dow Jones stand nach solchen Abschwungphasen in der Vergangenheit eine Minus-Performance von durchschnittlich 29 % zu Buche. Es gibt ohnehin noch keinen Grund, sich Hoffnungen zu machen, daß die Märkte jetzt schon nachhaltig drehen könnten. Kaum zu glauben, aber wahr: Die Ratingagenturen haben die Finanzkrise billigend in Kauf genommen. Die US-Börsenaufsicht SEC hat unglaubliches Material veröffentlicht. E-mail-Zitat eines Ratingagentur-Managers: „Laß uns hoffen, daß alle wohlhabend und im Ruhestand sind, wenn dieses Kartenhaus zusammenfällt.“ Eine andere Stimme: “Das könnte von Kühen strukturiert werden und wir würden es bewerten.“ Nach dem Motto: Solange wir für das Rating gut bezahlt werden, ist die Qualität des Produktes egal. Internationale Finanzinstitute (leider viele deutsche), denen die strukturierten Finanzprodukte angedreht wurden, haben sich blind auf die Ratings verlassen und stehen nun im Regen. Es ist nicht zu fassen, was trotz Notenbanken, Wirtschaftsprüfer und Finanzaufsicht in der Hochfinanz möglich ist. Die Rechnung zahlen am Ende alle, nur wenige werden zur Rechenschaft gezogen. Kein Wunder: Die DEUTSCHE BANK gab eine düstere Prognose ab. „Der kreditfinanzierte Superzyklus ist vorbei“ warnt Deutschlands größte Bank. Eine stärkere weltwirtschaftliche Erholung lasse möglicherweise Jahre auf sich warten. „Die Erfahrung lehrt uns, daß es drei bis vier Jahre dauert, bis sich eine Volkswirtschaft von dem Platzen einer Immobilien- und Kreditblase erholt hat“. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hält die hohe Inflation für die größte Gefahr. In manchen Ländern droht die Lage außer Kontrolle zu geraten. Eine deutliche Konjunkturabschwächung sei die geringere Gefahr. In diese Kerbe schlägt auch die Bank für Internationalen Zahlungsverkehr (BIZ). Der Kampf gegen die Inflation wurde unlängst als oberste Aufgabe definiert, trotz der Gefahr, daß die Wirtschaft wegen der Kombination von Finanzkrise und langsamem Wachstum stärker einbricht als erwartet. EZB-Chef Trichet machte jetzt in Europa die ersten Zweitrundeneffekte aus, also deutlich steigende Löhne. Vor diesem Hintergrund muß jedem bewußt sein, daß die Währungshüter eine Rezession der Inflationsbeschleunigung vorziehen. Von der monetären Seite werden die Aktienmärkte also nicht gestützt, eher im Gegenteil. Die Wall Street und damit die europäischen Börsen könnten vor einer finalen Entladung stehen. Obwohl die kurzfristigen technischen Indikatoren seit Wochen eine Zwischenerholung erwarten lassen, kommt keine Dynamik nach oben auf. Im Gegenteil: Am Mittwoch schloß die US-Börse schwach (Dow Jones - 2,08 %, S&P 500 - 2,28 %) und in der Nähe der Tagestiefs. Einen besonderen Nachrichtenhintergrund gab es nicht. Damit steht fest: Wir befinden uns in einer ungewöhnlichen Marktkonstellation. Vielleicht steuert der US-Aktienmarkt auf eine Ausverkaufsphase zu, also auf nochmals massiv fallende Kurse, die dann den Abschluß dieser Baisse-Phase markieren würden. ----------- Wilhelm Busch: "Aber hier, wie überhaupt, kommt es anders, als man glaubt."
Gruß Pichel |