Börsenausblick: Warten auf neue Hiobsbotschaften Die Nervosität an den Märkten wird nach Meinung von Experten in der kommenden Woche anhalten. Der schlechte Mix aus hohem Ölpreis, steigender Inflation und neuen Hiobsbotschaften aus dem Finanzsektor dürfte den Aktienkursen erneut zusetzen.
Zudem wächst die Furcht, die Unternehmen könnten wegen des abflauenden Wirtschaftswachstums ihre Gewinnprognosen nicht halten. "Aus konjunktureller Sicht haben die Risiken deutlich zugenommen", sagt David Kohl, Stratege von Julius Bär. Das Hauptaugenmerk der Investoren richtet sich in der nächsten Woche auf die USA, wo eine Reihe von Unternehmen ihre Ergebnisse zum zweiten Quartal vorlegen werden.
Der Dax verlor am Freitag 2,41 Prozent und markierte mit 6153,30 Punkten ein neues Jahrestief. Über die gesamte Woche hinweg büßte der Index 1,9 Prozent ein und steht nun auf dem Stand, den er vor zehn Jahren erreicht hatte. Der Stoxx50 verlor am Freitag 2,74 Prozent und beendete die Woche mit einem Minus von 2,87 Prozent bei 2756,09 Punkten. Der S&P 500 verbuchte einen Wochenverlust von 1,85 Prozent und schloss bei 1239 Punkten. Der DowJones lag zum Ende der Handeslwoche 188 Punkte (1,67 Prozent) unter dem Schlusskurs vom vergangenen Freitag. Der Euro nahm seinen Höhenflug wieder auf und kletterte bis auf 1,5946 $.
Zum Wochenausklang belastete die ungewisse Zukunft der angeschlagenen Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac die US-Börse. Die Aktienkurse beider Banken rauschte zeitweise um bis zu 40 Prozent in den Keller und zog andere Finanzwerte mit nach unten. "Wir befinden uns inmitten eines Tsunamis im Finanzsektor. Dies ist ein Sturm, den die USA noch nicht erlebt haben", sagte Peter Kenny, Direktor von Knight Equity Markets. "Unter den Analysten herrscht die Angst vor weiteren Abschreibungen. Das gilt für jede Bank, die mit Hypothekenpapieren gehandelt hat" , sagte Jay Bryson, Ökonom von Wachovia .
Krise wird Dollar weiter schwächen
Die erneute Zuspitzung der Finanzkrise in den USA wird nach Überzeugung von Strategen den Dollar weiter schwächen und die Anleger in Staatsanleihen treiben. Eugen Keller, Devisenstratege beim Bankhaus Metzler, glaubt, dass der Euro aus seiner seit längerem bestehenden Handelsspanne nach oben ausbrechen kann. Der Markt traue dem Euro wohl am ehesten die Funktion eines sicheren Hafens zu, sagte Keller. Zudem sprächen die Zinsaussichten für den Euro. "Ich erwarte nächste Woche neue Hochs. Dabei könnte der Euro die Marke von 1,60 $ attackieren."
Auch bei Anleihen sind Kurssteigerungen in Sicht. Karsten Linowsky, Bond-Experte der Credit Suisse, hält es für möglich, dass die Rendite, die sich gegenläufig zum Kurs entwickelt, wieder unter 4,30 Prozent oder sogar bis 4,20 Prozent fällt. Am Freitag rentierten zehnjährige Bundesanleihen mit 4,424 Prozent.
Für den Dax sieht Christian Apelt, Analyst der Helaba, nach dem Durchbrechen des alten Jahrestiefs eine charttechnisch wichtige Barriere geknackt. "Nun kann es auch bis 6000 Punkte nach unten gehen", sagt er. Auch der niedrigen Bewertung trauen die Experten nicht. "Wenn man auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis schaut, scheinen Aktien günstig bewertet. Das gilt jedoch nur für den Fall, dass die Konzerne ihre Gewinne wie erwartet steigern können", sagte Kohl. Er empfiehlt, in den kommenden Monate Aktien eher zu meiden.
Aufschluss über die Gewinnsituation gibt es in der nächste Woche vor allem aus den USA, wo zahlreiche Konzerne Zahlen zum zweiten Quartal vorlegen, darunter Schwergewichte aus dem Technologiesektor wie Intel , Microsoft , Google und Ebay . Trotz der Konjunkturabkühlung sieht Wachovia-Ökonom Bryson für die Branche nur wenige Anzeichen einer Abschwächung. "Die Unternehmen, die viel exportieren, können die Schwäche auf dem Heimatmarkt auffangen. Sie profitieren zudem vom schwachen Dollar." Für alle Unternehmen im S&P 500 gehen Analysten jedoch davon aus, dass die Gewinne im zweiten Quartal um durchschnittlich 13 Prozent fallen.
Ein Belastungsfaktor ist nach wie vor der hohe Ölpreis. Am Freitag kletterte der Preis der Sorte West Texas Intermediate in London wieder um mehr als drei Dollar auf 136,96 $ je Barrel (159 Liter). Eugen Weinberg, Analyst der Commerzbank , hält nun einen baldigen Test der Marke von 150 $ für möglich. Angesichts der düsteren Prognose verschwinden die letzten Hoffnungen auf einen versöhnlichen Jahresabschluss. "2008 wird als eines der schwierigsten Jahre für Aktien in die Geschichte eingehen", so Ad van Tiggelen, Stratege von ING Investment Management.
Von Von Karsten Röbisch, Doris Grass (Frankfurt) und Ning Wang (New York) Quelle: Financial Times Deutschland ----------- LG Pantani |