ALV Der Abgang eines Gentleman

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Rote Zahlen bei der Allianz? Undenkbar: Der vorzeitige Rücktritt des Chefs? Undenkbar. Und doch ist es so gekommen. Der Inside-Report
von Ulrich Reitz

 
Der ehemalige Allianz-Vorstandschef Henning Schulte-Noelle
Foto: AP    
Frankfurt -  Die Entscheidung blieb streng geheim bis zum Schluss. Als sich die Mitglieder des Allianz-Aufsichtsrates am vergangenen Mittwoch im vierten Stock der Münchner Konzernzentrale am noblen Englischen Garten zur Sitzung trafen, wies nicht einmal die Tagesordnung auf die große Personalie hin.


Der Rücktritt von Vorstandschef Henning Schulte-Noelle war unter dem Punkt „Corporate Governance" versteckt. Die Aufsichtsratsmitglieder wussten trotzdem Bescheid. In Einzelgesprächen hatte der Allianz-Boss seinen Aufsichtsräten erklärt, dass er zum Ende der Hauptversammlung am 29. April nach elf Jahren sein Amt niederlegt. Und sein Vorstandskollege Michael Diekmann sein Nachfolger wird.


Später wurde eine weitere Personalie diskutiert: Schulte-Noelle wechselt an die Spitze des Aufsichtsrats - und löst dort den aus Altersgründen ausscheidenden Aufsichtsratschef Klaus Liesen ab.


Die Rolle als Chef-Aufseher dürfte nicht minder spannend sein. Schließlich hat sein Nachfolger Michael Diekmann alle Hände voll zu tun. Der Jurist, der am Montag 48 Jahre alt wird, muss dem Allianz-Konzern zur alten Stärke verhelfen. Nach dem Gewinneinbruch von 3,5 auf 1,6 Milliarden Euro in 2001 wird die Allianz im laufenden Jahr einen Verlust einfahren - zum ersten Mal seit mehr als 30 Jahren. Ende September lag der Verlust bei 924 Millionen Euro. Bis zum Jahresende werden es wohl mehr als eine Milliarde sein.


Im letzten vollen Jahr an der Spitze des Konzerns hatte Noch-Chef Henning Schulte-Noelle reichlich Pech: Die strauchelnden Kapitalmärkte ließen das Beteiligungsportfolio kräftig schrumpfen und sorgten für Riesen-Verluste bei der Allianz-Tochter Dresdner Bank. Auch das Versicherungsgeschäft brachte wenig Glück: Erst drückten die Nachwirkungen der Terrorattacken vom 11. September und dann die Flutkatastrophe in Ostdeutschland auf den Profit. Zu allem Überfluss blieb auch der Verkauf der Riester-Policen hinter den Erwartungen zurück. Statt der erhofften 1,3 Millionen Verträge wurden gerade mal 500 000 Policen abgesetzt.


Und dann auch noch - und immer wieder - die Dresdner Bank. Die Geschäfte des Mitte 2001 übernommenen Frankfurter Geldhauses laufen - wie bei anderen Großbanken auch - alles andere als gut. Die Beraterbank reißt ein Milliardenloch in die Allianz-Bilanz.


Dabei sollte die Bank, mit der der Münchner Versicherungsriese zu einem Allfinanzkonzern mutierte, der krönende Abschluss von Schulte-Noelles Karriere als Vorzeigemanager sein. Erst war geplant, Dresdner und Deutsche Bank zu fusionieren. Später sollte die Beraterbank mit der Commerzbank zusammengehen. Als beide Deals scheiterten, übernahm Schulte-Noelle die grüne Bank. Und hat dafür fast 25 Milliarden Euro in das Geldhaus investiert. Vom ersten Tag an solle die Bank mit Gewinn zum Allianz-Ergebnis beitragen, sagte Schulte-Noelle im Juli 2001.


Erst Traum, dann Albtraum. Der Provisionsüberschuss der Dresdner Bank ging in den ersten neun Monaten dieses Jahres um 17 Prozent zurück. Der Rückgang beim Zinsüberschuss liegt bei 21 Prozent. Der Nettoertrag knickte gar um 50 Prozent weg. Vor allem das Investmentbanking und das Aktiengeschäft verhageln die Erträge. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres wurden zwei Milliarden Euro Verlust eingefahren.

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http://www.wams.de/data/2002/12/22/27198.html
 

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