ABGELTUNGSTEUER
Was Anleger jetzt wissen müssen
Lange wurde um sie gerungen. Nach dem Willen der Großen Koalition soll die Abgeltungsteuer für Kapitalerträge nun im Jahr 2009 in Kraft treten. Sie bricht radikal mit dem bestehenden System.
Kassiert wird an der Quelle: Banken führen künftig die Steuer auf Dividenden oder Veräußerungsgewinne bei Aktien ab Berlin - Die Experten der Großen Koalition haben sich auf die Einführung einer Abgeltungsteuer verständigt. Sie soll Anfang 2009 mit einem Steuersatz von 25 Prozent in Kraft treten und für Zinserträge, Investmentfondserträge, Dividenden und Veräußerungsgewinne gelten. Immobilien bleiben außen vor. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer kommen hinzu.
Die Einführung einer Abgeltungsteuer bricht radikal mit dem bestehenden System. Die Steuer wird nach Berechnungen des Ministeriums rund 1,73 Milliarden Euro kosten. Es folgt eine Beschreibung der Pläne und ihrer Auswirkungen.
Was ist eine Abgeltungsteuer?
Eine Abgeltungsteuer hat zwei wesentliche Merkmale. Sie ist dort fällig, wo der zu versteuernde Betrag zuerst anfällt, an der Quelle also. Das heißt, der Fiskus wird von der Bank oder dem Kreditinstitut bedient, noch bevor der Steuerzahler an sein Geld kommt. Das Prinzip ist so ähnlich wie bei der Lohnsteuer, die der Arbeitgeber gleich an den Staat abführt.
Ist die Steuer gezahlt, gilt der ganze Vorgang als abgeschlossen, die Steuer ist abgegolten. Eine Steuererklärung ist nicht notwendig. Der Steuerpflichtige weiß bereits im Voraus, was er zahlen muss. Das macht die Steuer einfach und unbürokratisch, in den Augen mancher aber auch ungerecht. So muss der Millionär den gleichen Steuersatz zahlen wie die Oma für das Sparbuch ihres Enkels. Bisher ist der persönliche Steuersatz fällig, der bei steigendem Einkommen steigt.
Die Sache mit dem persönlichen Steuersatz
Um diese Ungerechtigkeit zu vermeiden, wollen die Koalitionäre zwei Sperren einbauen. Der Sparerfreibetrag soll nach der vor Kurzem beschlossenen Halbierung nicht weiter gekürzt werden. Zinserträge bis zu 750 Euro (1500 für Verheiratete) bleiben damit auch nach 2009 steuerfrei. Zudem dürfen sich Sparer, die derzeit einen niedrigeren Satz als die vorgesehenen durchschnittlichen 25 Prozent zahlen, weiter nach dem alten System besteuern lassen.
Derzeit ist zwar auch eine Quellensteuer von 30 Prozent auf jeden Euro über den Sparerfreibetrag hinaus fällig. Im Rahmen der Steuererklärung wird aber ermittelt, ob der tatsächliche Steuersatz über oder unter diesem Wert liegt. Jeder Sparer, dessen durchschnittlicher persönlicher Steuersatz über 25 Prozent liegt, profitiert von der Abgeltungsteuer. Wer den Spitzensteuersatz von 42 Prozent zahlt, muss derzeit von 1000 Euro Zinsen über dem Sparerfreibetrag rund 443 Euro Steuern zahlen. Mit einer Abgeltungsteuer von 25 Prozent werden es nur noch 263,75 Euro sein.
Der Fiskus greift stärker zu
Nach dem Willen der Koalitionäre soll die Abgeltungsteuer zudem das erst 2001 von der rot-grünen Regierung eingeführte Halbeinkünfteverfahren ablösen. Derzeit werden nur 50 Prozent der Einkünfte aus Dividenden mit dem persönlichen Einkommensteuersatz des Aktionärs belegt. Diesen Rabatt räumt der Fiskus ein, um eine Doppelbesteuerung sowohl auf der Ebene des Unternehmens als auch beim Aktionär zu vermeiden.
Künftig soll nach dem Willen der Koalitionäre von jedem Euro Dividendenzahlung über dem Sparerfreibetrag 25 Cent Steuern fällig sein. Das führt nach Berechnungen der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz zu deutlich höheren Belastungen. Hat ein Anleger mit einem persönlichen Steuersatz von 30 Prozent seinen Sparerfreibetrag ausgeschöpft, muss er derzeit 158,30 Euro Steuern auf eine Dividende von 1000 Euro zahlen. Bei einer Abgeltungsteuer von 25 Prozent müsste er 264,75 Euro an den Fiskus überweisen.
Weniger kostspielig wäre die Neuregelung für gut Verdienende, die den Spitzensteuersatz von 42 Prozent zahlen. Derzeit bleiben ihnen von 1000 Euro Dividenden 778,45 Euro übrig. Mit einer Abgeltungsteuer von 25 Prozent werden es 736,25 Euro sein.
Die Steuerlast steigt, Spitzenverdiener im Vorteil
In der Tendenz sind die Auswirkungen auf die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen ähnlich. Ein Spekulationsgewinn wird künftig nicht mehr im Rahmen des Halbeinkünfteverfahrens besteuert, sondern es gilt der Satz der Abgeltungsteuer. Das heißt, die Steuerlast auf solche Gewinne steigt. Wie auch bei der Dividendenbesteuerung sind Spitzenverdiener von dieser Steigerung weniger betroffen als Geringverdiener.
Vor allem für langfristig orientiere Anleger kommt es zu einer teuren Veränderung, weil die Koalition plant, die nach einem Jahr geltende Steuerfreiheit für private Veräußerungsgewinne abzuschaffen. Die Steuerlast steigt für jeden Anleger, am wenigsten sind jedoch Spitzenverdiener betroffen, die kurzfristig Aktien kaufen oder verkaufen.
Die neue Abgeltungsteuer soll nur für Aktienkäufe und anschließende Aktienverkäufe gelten, die nach dem 31. Dezember 2007 abgeschlossen werden.
Mit dem Wegfall der Steuerfreiheit wird es künftig auch möglich sein, Verluste aus Spekulationsgeschäften bei der Steuer geltend zu machen. Dies soll aber nur im Rahmen der Einkunftsart gelten. Das heißt, eine Verrechnung etwa mit einem Gehalt ist nicht möglich.
Die Kirchen erhalten ihren Anteil
Mit der Umstellung der Besteuerung will die Koalition auch das bisherige System der Kontrollmitteilungen verändern. Ein Kontoabruf bleibt im Prinzip nur für Fälle erhalten, in denen der Steuerpflichtige Vergünstigungen oder staatliche Transfers beantragt.
Die Kirchen sollen auch bei der Abgeltungsteuer ihren Anteil an dem Aufkommen erhalten. Dazu müssen die Sparer ihrer Bank künftig mitteilen, ob sie konfessionell gebunden sind oder nicht. Der Nachweis soll etwa durch die Vorlage einer Steuerkarte geschehen.
von Guido Bohsem (reuters)
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