Eine Falle für Bären?von Jochen Steffens Vorgestern bildete sich eine Kerze bei den Amis, die gemeinhin als gefährlich gilt. Aber oft ist es nur eine verfluchte Falle für Bären. Denn sehr oft kommt es gerade am Anfang einer Rallye, oft zu solchen Kerzen, wie diese, die sich am Montag im S&P500 gebildet hat: Es ist eine Kerze mit langem Docht nach oben und sehr kleinem Körper. Es zeigt, dass ursprünglichen oder zwischenzeitliche Gewinne zum Handelsschluss fast vollkommen abverkauft wurden. Solche langen Dochte nach oben sind oft ein Warnsignal. Und schon drei Handelstage vorher (letzte Woche Mittwoch) kam es zu einem solchen langen Docht. Nun hängt es aber gerade bei diesen Kerzen sehr davon ab, wo diese Kerzen mit langem Docht auftauchen, denn es ist ein Zeichen für verschiedene Situationen: Anzeichen für einen AusstiegTauchen solche Kerzen in oder eher nach einem langen Aufwärtstrend auf, dann muss man tatsächlich sehr vorsichtig werden. Denn es zeigt, dass hier massiv Kapital dem Markt entzogen wird (sprich Aktien wechseln von den starken in die schwachen Hände). Mehren sich solche Kerzen in einem großen Aufwärtstrend, dann versuchen bestimmte Adressen auszusteigen. Die Masse der Anleger ist bullish, und kauft voller Euphorie gerade am Anfang des Börsenhandels die Kurse nach oben. Dann kommen die großen Jungs im weiteren Verlauf des Tages und schmeißen ihre Positionen in die steigenden Kurse, so dass die Kursgewinne aufgelöst werden. Oft zeigen in diesem Fall solche Kerzen das nahende Ende des Aufwärtstrends an. Anzeichen für SkepsisEtwas ganz anderes ist es, wenn solche Kerzen nach länger fallenden Kursen oder in Konsolidierungen nahe einem Boden auftauchen. Denn hier ist es umgekehrt. Hier kaufen die starken Hände den Boden. Die schwachen Hände, die den Ausstieg verpasst haben und wie die Fliegen vor ihren Monitoren kleben, sehen steigende Kurse, die sich dann nicht halten können. Da sie nach den lang fallenden Kursen eher bearish sind, werden sie dann bei den geringsten Kursrücksetzern nervös und steigen aus. Dazu gesellen sich die auch noch skeptischen Trader, die am Boden gekauft haben. Auch sie sehen, dass der Kurs sich nicht halten können und steigen nach den ersten Kursrückgängen ebenfalls auf. Doch in solchen Fällen wechseln die Aktien aus den Händen der Zittrigen in die Hände der Starken. Das macht den Unterschied. Kurz in der Nähe eines Bodens sind solche Kerzen oft ein Anzeichen von großer Skepsis und dürfen nicht bearish bewertet werden! Nicht ohne BeispieleIch habe Ihnen dazu in dem Dax Chart von 2003 die entsprechenden Kerzen nahe des damaligen Bodens eingezeichnet. Lassen Sie sich nicht davon irritieren, dass Sie sehen, wie es weiter geht, stellen Sie sich die einzelnen Kerzen vor, ohne den zukünftigen Kurs. Jedes Mal hätte es sehr bearish ausgesehen, war es aber nicht. Und doch, sehr oft, kam es am nächsten Tag zu stark steigenden Kursen, typische Muster für Kurse in der Nähe eines Bodens. Gefahr durchaus gegebenTrotzdem muss man bei solchen Kerzen grundsätzlich vorsichtig werden. Solche massiven Verkäufe sind auf jeden Fall immer ein Warnzeichen. Es kommt im Anschluss solcher Kerzen immer darauf an, wie sich die nächsten Tage entwickeln. Nun hat der Abverkauf gestern in den USA auch noch einen fundamentalen Hintergrund. Es werden in dieser Woche Inflationszahlen erwartet (siehe US-Kunjunktudaten weiter unten). Die berechtigte Sorge, dass diese schlechter ausfallen, hat einige Investoren aus dem Markt getrieben. Berechtigt ist die Sorge allein aufgrund des in den letzten Wochen/Monaten stark angestiegenen Ölpreises. Nachlaufende ZahlenNun scheint jedoch der Ölpreis, wie hier schon dargestellt, sich in der Nähe eines möglichen Jahreshochs aufzuhalten. Die Jahreszyklik des Ölpreises spricht auch dafür, dass es Richtung September/Oktober zu fallenden Notierungen kommen wird. Dazu kommt die sich abschwächende US-Wirtschaft. Das wissen auch die starken Hände. Fällt der Ölpreis, schwächt sich die Wirtschaft ab, sinken die Inflationssorgen. Soweit so gut. Nun sind Inflationszahlen wie Verbraucherpreise u.ä. wenn sie veröffentlicht werden eigentlich schon alt. Selbst wenn die Inflation durch fallende Ölpreise und eine sich abschwächende US-Wirtschaft eingedämmt werden wird, werden die veröffentlichten Inflationsindikatoren noch einige Zeit „nachhallen“, also hoch bleiben. Die Börse spielt jedoch Zukunft und die Zukunft sähe dann sinkende Inflationsgefahren. Wie reagieren die Märkte auf die ZahlenFür Sie und mich wird es also wichtig, zu sehen, wie die Märkte auf eventuell schlechte Inflationsdaten reagiert. Sollten die ersten Einbrüche nach schlechten Zahlen aufgekauft werden, wäre das ein verlässliches Zeichen, dass hier die starken Hände sich auf eine besser Zukunft positionieren. Es wäre ebenso wieder der Fall, dass schlechte Nachrichten nicht mehr abverkauft würden. Die Reaktion auf die Daten dieser Woche ist also wesentlich wichtiger, als diese Kerze von gestern, die zwar grundsätzlich ein Gefahrsignal darstellen kann, aber im genannten Kontext (in der nähe eines Bodens) aus den genannten Gründen keine relevante Aussagekraft hat. Viele Grüße Ihr Jochen Steffens Gruß Moya |