Eigentlich lässt sich alles mit einem Satz zusammenfassen: Tintbright ist eine lächerlich unterbewertete Chinaperle, wenn man den Zahlen und dem Management trauen kann. Und genau dieses verloren gegangene Vertrauen wurde in den letzten Tagen eingepreist. Bin seit kurz nach dem Safe-Ipp Aktionär von Tintbright, überlege aber die Reißleine zu ziehen. Anbei ein gut geschriebener Text über China-Aktien aus dem asian-bamboo-forum:
Anleger holen sich blutige Füße mit Ultrasonic – Meiden Sie auch Snowbird und Alibaba!
Lieber Geldanleger,
mein gestriger News-Konsum begann mit der Schlagzeile „Der ehemalige China-Chef von GlaxoSmithKline wurde wegen Korruption zu 3 Jahren Haft verurteilt“ und er endete mit „Specialty Glass AG: Rücktritt von Aufsichtsratsmitglied Andreas Grosjean“. § Das passt zum Abschluss einer Woche, in der der steigende deutsche Aktienmarkt von einer neuerlichen Skandalmeldung aus dem Reich der Mitte überschattet worden ist: Ultrasonic droht die Insolvenz.
Trotz der katastrophalen Bilanz der in Deutschland gelisteten China-Firmen soll nun mit Snowbird ein neues IPO durchgedrückt werden. Lesen Sie die Hintergründe zu Ultrasonic und warum Sie von Snowbird und Alibaba die Finger lassen sollten.
Vor einer Woche schrieb ich an dieser Stelle wörtlich zum chinesischen Schuhhersteller Ultrasonic: „Ich würde mich nicht im Geringsten wundern, wenn es hier in Kürze zum nächsten Bilanzierungsskandal käme!“ Kurs der Aktie zu diesem Zeitpunkt: 6,26 Euro.
Meine Skepsis rührte von einer am Tag zuvor veröffentlichten Ultrasonic-Meldung, wonach sich Chief Operating Officer Minghong Wu „aufgrund anhaltender gesundheitlicher Probleme zur ärztlichen Behandlung ins Krankenhaus begeben muss und sein Amt in der Folge gesundheitsbedingt zunächst für rund sechs Monate ruhen lässt“.
Desweiteren trete auch Finanzvorstand Chi Kwong Clifford Chan zum 30.09. aus familiären Gründen von seinem Posten zurück, „um in Zukunft wieder mehr Zeit bei seiner Familie in Hongkong verbringen zu können“. Zufälle gibt es.
Doch es wird noch bizarrer: Diesen Dienstag, also nur vier Tage später, meldet das Unternehmen, das von Experten paradoxerweise bisher zu den „seriöseren“ der in Deutschland gelisteten Chinawerte gezählt wurde, folgendes:
„Der CFO der Ultrasonic AG, Chi Kwong Clifford Chan, hat den Aufsichtsrat darüber informiert, dass er den CEO des Unternehmens, Qingyong Wu sowie den COO des Unternehmens, Minghong Wu seit dem Wochenende nicht mehr erreichen konnte. Daraufhin eingeleitete Nachforschungen haben ergeben, dass beide Vorstände ihre Wohnstätten offenbar verlassen haben und nicht auffindbar sind.
Zudem wurde Herr Chan von der Buchhaltung darüber informiert, dass der ganz überwiegende Teil der liquiden Mittel, sowohl auf der China- als auch auf der Hongkong-Ebene, transferiert wurde und sich nicht mehr im Einflussbereich des Unternehmens befindet.“
Die Aktie brach daraufhin verständlicherweise um 72 Prozent auf 1,80 Euro ein. Die chinesische Dependance der Nomura-Bank hatte Ultrasonic noch am 8. August ein Kreditvolumen in Höhe von 60 Millionen US-Dollar genehmigt. Diese Kreditvereinbarung wurde am Donnerstag von Nomura wegen Vertragsverletzung sofort fällig gestellt. § Ultrasonic WKN / Kürzel § A1KREX / US5 ISIN DE000A1KREX3 Börsenwert§ § 13 Mio. EUR KGV 14/15 § neg. / neg. Akt. Kurs § 1,00 EUR Hier zum CHART...
Es droht nun kurzfristig die Insolvenz. Der Kurs notiert aktuell noch bei 1,00 Euro. Vermögenstransfer: Der CEO kassiert, deutsche Anleger zahlen
Interessantes Detail in diesem Zusammenhang: Bereits am 18. Oktober hatte besagter Qingyong Wu 2,625 Millionen Aktien zu 7,00 Euro außerbörslich verkauft und dabei 18,375 Millionen Euro eingesackt. Wu abgekauft hatten die Aktien übrigens damals der Luxemburger Fondsdienstleister IPConcept, die Deutsche Balaton Beteiligungsgesellschaft und die Fondsgesellschaft Axxion.
Axxion hat dabei 6,84 Prozent (868.200 Aktien) an Ultrasonic erworben. Der Wert dieses Pakets betrug Ende 2013 (Schlusskurs von Ultrasonic am 30.12.2013 bei 8,16 Euro) ca. 7,1 Millionen Euro. Axxion hat den Großteil dieser Ultrasonic-Papiere dann in seine Fonds gepackt.
738.500 Stück in den Akrobat Europa und 30.200 Stück in den Akrobat Value. Zum 31.12.2013 war Ultrasonic im Akrobat Europa-Fonds immerhin mit 2,9 Prozent gewichtet und damit die neuntgrößte Position.
Im selben Fonds befanden sich zum 31.12.2013 übrigens mit Asian Bamboo und Ming Le Sports (2,7 Prozent Gewichtung) noch zwei weitere chinesische Rohrkrepierer. Hoch gewichtet war mit 9,03 Prozent oder ca. 18,8 Millionen Euro auch die Deutsche Balaton, an der Axxion 14,55 Prozent hält.
Selbige Deutsche Balaton wiederum hatte von Wu 702.500 Aktien abgekauft und sich damit mit 5,53 Prozent an Ultrasonic beteiligt. Somit befanden sich indirekt noch weitere ca. 63.000 Ultrasonic-Aktien im Akrobat-Fonds.
Das bedeutet: Letzten Endes zahlen auch bei diesem Aktienpaket, das in Kürze komplett wertlos werden dürfte, (deutsche) Privatanleger indirekt die Zeche, weil ihre Fondsanteile an Wert verlieren. Die Fondsgesellschaft kann die Aktien über den freien Markt nur in homöopathischen Dosen verkaufen, weil das Handelsvolumen am freien Markt viel zu gering ist, um so viele Stücke loszuwerden, ohne den Kurs ins Bodenlose zu drücken.
Der angerichtete Schaden bzw. der Vermögensverlust der überwiegend deutschen Aktionäre ist also weit größer als die 6,3 Millionen Euro, die Ultrasonic beim IPO an der Frankfurter Wertpapierbörse am 9. Dezember 2011 eingesammelt hat. Der Hersteller „hochwertiger Markenschuhe“ hatte vor nicht einmal drei Jahren 700.000 Aktien zu 9,00 Euro platziert.
Ausschüttungen in Form einer Dividende gab es seither keine. Am Ende des Tages hat hier also nur ein Vermögenstransfer stattgefunden: Raus aus den Taschen der deutschen Anleger, rein in die Taschen der chinesischen Vorstände. Kein Einzelfall
Was wirklich schlimm ist: Ultrasonic ist kein Einzelfall. Die Art und Weise der Abzocke ist hier besonders drastisch und die kriminelle Energie der Protagonisten besonders ausgeprägt. Diese Umstände machen den Fall besonders plakativ. Das ist gut, weil so endlich ein großes Medienecho folgt, das die Öffentlichkeit auf die ganz und gar inakzeptablen Zustände in diesem Marktsegment aufmerksam macht.
Sogar in den USA wird mit spöttischem Unterton berichtet: „SHOE COMPANY: Our CEO Just Disappeared And Most Of The Money Is Gone“ titelt beispielsweise das US-Finanzportal „Business Insider“. Der Artikel erschien auch auf dem einflussreichen Yahoo Finance-Portal und löste dort heftige Reaktionen aus. Bis dato gibt es sage und schreibe 1.289 Kommentare zu diesem Artikel. Der Tenor: „Do not trust Chinese“.
Das kommt nicht von ungefähr: Alleine im Jahr 2011 haben Investoren in chinesischen Aktien, die über so genannte Reverse Merger Deals an US-Börsen gelistet wurden, über sieben Milliarden US-Dollar verloren. Mindestens zwei Dutzend dieser Werte hatten Bilanzungereimtheiten enthüllt und Wirtschaftsprüfer weigerten sich, die gefakten Bilanzen zu testieren – wenn sie den Betrug denn überhaupt bemerkt haben.
Der exzellente Finanzblog Zerohedge postete bereits am 24.Juni 2011 eine komplette Liste aller in den USA notierten chinesischen Reverse Merger-Aktien und prognostizierte: „Früher oder später werden 99 Prozent dieser Aktien bei 0,00 US-Dollar notieren“. Die Liste umfasste insgesamt 96 Werte: Heute sind tatsächlich der Großteil dieser Firmen Pennystocks oder gar nicht mehr gelistet.
Ein Reverse Merger ist eine Art Börsengang durch die Hintertür. In Deutschland wird das auch Manteldeal genannt, weil eine Firma dabei in eine börsennotierte AG schlüpft, die selber kein operatives Geschäft (mehr) hat.
Somit ist ein Listing an der Börse möglich, ohne dass zuvor ein (kosten)aufwendiges IPO durchgeführt werden muss – und ohne die damit verbundene Due Diligence. Da fällt das Tricksen leichter. Anleger wurden dann mit scheinbar positiven Unternehmensnachrichten und falschen Umsatz- und Gewinnsteigerungen in die Aktien gelockt – und danach abgezockt.
In Deutschland ist die Bilanz kaum besser. Die FAZ stellte am 16. Juli 2013 eine Übersicht der 13 chinesischen Firmen zusammen, die seit 2007 ihre Aktien an die Frankfurter Wertpapierbörse gebracht haben.
Bereits damals befanden sich 12 der 13 Aktien im Vergleich zum IPO-Kurs deutlich im Minus. Die einzige Aktie, die damals noch „über Wasser“ lag, war – ironischerweise – Ultrasonic. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man darüber lachen.
In den zurückliegenden 52 Wochen verlor Firstextile dann weitere 25 Prozent an Wert, Fast Casual Wear 8 Prozent, Ming Le Sports 46 Prozent, Haikui Seafood 45 Prozent, Ultrasonic 89 Prozent, Youbisheng 88 Prozent, China Specialty Glass 36 Prozent, United Power 33 Prozent, Powerland 22 Prozent, Joyou 9 Prozent, Vtion Wireless 9 Prozent und Asian Bamboo 54 Prozent – wohlgemerkt alles „on top“ auf die bereits oben verzeichneten Verluste.
Als einziger Wert legte ZhongDe Waste um 33 Prozent auf 2,75 Euro zu. Für Aktionäre, die seit dem IPO am 6.7.2007 bei 26,00 Euro dabei sind, ist das aber ein schwacher Trost. Sie haben gerade noch etwas mehr als zehn Prozent ihres eingesetzten Kapitals übrig.
Insgesamt 511,5 Millionen Euro haben die obigen Firmen zusammengenommen eingesammelt. Eine zusätzliche dreistellige Millionensumme dürfte über weitere Kapitalerhöhungen im Laufe der Jahre zusammengekommen sein.
Und jetzt raten Sie mal, wieviel Dividende diese Firmen zusammengenommen im Jahr 2013 an deutsche Anleger ausgeschüttet haben? Gerade einmal magere 1,64 Millionen Euro (Vtion Wireless und United Power) - und das trotz scheinbar hoher Gewinne und üppiger Cashbestände.
Gerechnet auf die Gesamtmarktkapitalisierung dieser Firmen ist das verschwindend wenig und entspricht einer Dividendenrendite im Nachkomma-Bereich.
Ich wiederhole mich gerne: Was wir hier erleben ist eine gigantische Umverteilungsmaschinerie, raus aus den Taschen der (überwiegend) deutschen Anleger, rein in die Taschen der chinesischen Großaktionäre.
Deutsche Banken und Broker fungieren dabei quasi als Handlanger. Die Augsburger BankM war Konsortialführer beim Börsengang von Ultrasonic und einigen anderen China-Firmen. Als so genannte „Selling Agents“, also als Kooperationspartner für den Vertrieb der zu platzierenden Aktien, fungierten in alphabetischer Reihenfolge comdirect, Cortal Consors, DAB Bank, Flatex, ING-Diba, S-Broker und ViTrade, also das „Who is Who“ der deutschen Broker-Landschaft. Sie erhielten alle kleine Aktienkontingente, die sie dann an die eigenen Kunden weiter reichten.
Wundert sich angesichts solcher Fakten eigentlich noch irgendjemand, dass viele deutsche Anleger trotz haussierender Märkte und rekordniedrigen Zinsen keine Lust mehr auf Aktien haben?
Immerhin lässt sich aus der Entwicklung der Emissionsvolumina in der obigen Tabelle so etwas wie ein Lernprozess beim Anleger ableiten. Das Volumen, das platziert werden konnte, wurde tendenziell immer kleiner.
Die beiden neuesten chinesischen Absturzkandidaten, VanCamel (chinesisches Modelabel; notiert seit 11.10.2013) und Tintbright (Textilhersteller; notiert seit 27.1.2014) kamen dann ganz ohne anfängliche Kapitalerhöhung an den Markt, im Rahmen eines so genannten Safe IPO.
Im Unterschied zu einem klassischen IPO ist die Aktienplatzierung bei neuen Investoren unabhängig vom Zeitpunkt der Börsennotiz. Die Emissionsbank(en) platzieren die Aktie je nach Marktlage ab dem Zeitpunkt des Listings. Die Preisfindung erfolgt dabei also nicht im Vorfeld der Emission, sondern durch den Aktienkurs selbst.
Eine solche Vorgehensweise wurde in den letzten Jahren auch gerne von Schweizer Briefkastenfirmen gewählt. Der Vorteil dabei: Der Kurs kann fast nach Belieben gesteuert werden, weil die Emissionsbanken anfangs ja den kompletten Free-Float unter Kontrolle haben. Durch die minimale Zahl an frei handelbaren Aktien genügen bereits wenige kleine Kauforders von Anlegern, um den Kurs in die Höhe zu treiben – sofern die Großaktionäre zunächst ihre Stücke behalten.
Das Motto könnte dabei heißen: Wenn die Anleger erstmal sehen, dass die Aktie steigt, glauben sie die Papiere sind seriös, und kaufen sie dann eher. „Anfüttern“ nennt man das in Pusher-Szene.
Verdächtig in dieser Hinsicht war der Kursverlauf von VanCamel nach den Quartalszahlen am 26. August. Das Unternehmen erhöhte an diesem Tag die Gewinnprognose für 2014. Zu diesem Zeitpunkt war die Aktie auf dem Papier spottbillig bewertet und befand sich charttechnisch in einem leichten Aufwärtstrend. Die normale Reaktion in einer solchen Konstellation: Die Aktie steigt.
Tatsächlich wagten dann einige Privatanleger den Einstieg. Volumen und Kurs sprangen zunächst an. Über XETRA wurden an diesem Tag immerhin 44.363 Aktien umgesetzt. Soviel wie nie zuvor. Trotzdem schloss die Aktie tiefer als am Vortag.
Das ist bei einer solchen Konstellation komplett ungewöhnlich. Des Rätsels Lösung könnte oben stehen und liegt auf der Hand: Die Emissionsbank, wie bei Ultrasonic die BankM, dürfte das seltene Interesse an der Aktie genutzt haben, um endlich eigene Stücke auf den Markt zu werfen.
Beweisen lässt sich das nicht. Zumindest ist es aber höchstwahrscheinlich, denn woher soll sonst der Verkaufsdruck kommen? Privatanleger waren ja noch kaum investiert.
Eben diese BankM gibt parallel dazu in regelmäßigen Abständen Kaufstudien zu VanCamel heraus. Am 13.12. mit Kursziel 15,80 Euro, am 21.05. mit Kursziel 17,00 Euro und 24.06. mit Kursziel 16,31 Euro und schließlich am 09.09. mit Kursziel 18,80 Euro. Die Aktie selber bewegte sich in diesem Zeitraum zwischen ca. drei Euro und 4,80 Euro. Damit wird unerfahrenen Privatanlegern suggeriert, die Aktie hätte ein Kurspotenzial von mehreren hundert Prozent.
Mit anderen Worten: Die linke Hand empfiehlt die Aktie zum Kauf, die rechte Hand verkauft sie gleichzeitig. Illegal ist das nicht, moralisch verwerflich vielleicht. Zumindest aber sollten Sie als Privatanleger diese Mechanismen kennen und nicht auf derartige möglicherweise interessengeleitete Analysen vertrauen. Druck auf VanCamel und Tintbright
Interessant: Seit dem Ultrasonic-Skandal kommt die VanCamel-Aktie bei hohem Handelsvolumen unter Druck. Innerhalb von einer Handelswoche stürzte der Kurs nun von ca. 4,25 Euro auf aktuell nur noch 2,50 Euro ab. Ähnlich ist das Bild bei Tintbright, die in den letzten Tagen von ca. 19,00 Euro auf aktuell 15,18 Euro abgestürzt sind.
Bekommt die BankM kalte Füße und schmeißt ihr Aktienpaket nun auf den Markt? Oder sind es wirklich nur Privatanleger, die verkaufen?
Ich denke ersteres und halte es für möglich, dass sich die Bank mittelfristig komplett aus dem Geschäft mit China-Aktien zurückziehen wird, um den ramponierten Ruf nicht noch weiter zu schädigen. BankM gehört übrigens zur biw Bank, die wiederum der XCOM AG gehört.
Sollten Sie noch in einem der Papiere investiert sein, gilt: Verkaufen Sie so schnell wie möglich! Die jüngsten Kursverluste könnten erst der Anfang sein.
Gleiches gilt für China BPIC Surveying Instruments. Diese kamen am 20. November 2012 ebenfalls per reinem Listing an den Markt, also ohne Kapitalerhöhung. Als Konsortialführer diente hier die biw Bank.
Im Herbst 2013 versuchte die KochBank quasi im Auftrag der Großaktionäre Nachfrage nach den Aktien zu erzeugen (Auszug aus dem Disclaimer: KochBank GmbH Wertpapierhandelsbank is a Lead Manager for the International Placement of existing shares in China BPIC Surveying Instruments AG, currently held by the major shareholder. KochBank has entered into an agreement about the preparation of this research report with the Company).
Die KochBank gehört zur CeFDex AG, die seit 13. Dezember eine Tochter des Brokers Flatex Holding ist. Flatex wiederum wurde vor kurzem in FinTech Group AG umbenannt und gehört zum Firmengeflecht von Bernd Förtsch. Rund zwei Wochen später wurden das Unternehmen und die Aktie dann auch im Deutschen Anlegerfernsehen (DAF) vorgestellt.
Das ist alles legal und branchenüblich. Auffällig beim Kursverlauf ist aber schon, dass unmittelbar nach dieser Phase der „Marketingoffensive“, die am 20.11.2013 mit einer,Pressemitteilung des Unternehmens endete, der erste Absturz der Aktie von 4,50 Euro auf unter 2,00 Euro im Tief erfolgte –innerhalb von nur gut einem Monat. Auch hier haben also mit hoher Wahrscheinlichkeit Altaktionäre Aktien auf den Markt geworfen, nachdem die Kleinanleger angefüttert worden waren.
Im Geldanlage-Report der vergangenen Woche hatte ich Ihnen ja davon berichtet, dass China BPIC nun offenbar versucht, auf eigene Faust Aktien unter die Leute zu bringen. Mit Hilfe von Telefonmarketing.
Damit sind wir dann inzwischen bei „Wolf of Wallstreet“- Methoden angelangt. Sogar ein Kollege von mir wurde jüngst von einem Call-Center-Mitarbeiter, der sich als Investor Relations-Mitarbeiter von China BPIC ausgab, telefonisch aufgefordert, Aktien des Unternehmens zu kaufen – was er natürlich nicht getan hat. § China BPIC WKN / Kürzel § A1PG50 / CSY ISIN DE000A1PG508 Börsenwert§ § 27 Mio. EUR KGV 14/15 § k.A. / k.A. Akt. Kurs § 5,24 EUR Hier zum CHART...
Verstörend ist folgendes: Obwohl VanCamel, Tintbright, China BPIC und Co. auf Basis der offiziell ausgewiesenen fundamentalen Bewertungskennzahlen spottbillig sind, können die Insider es offenbar gar nicht abwarten, so viele Aktien wie nur irgend möglich los zu werden.
Wenn sie wirklich am Shareholder Value-Gedanken und einer langfristigen Partnerschaft mit deutschen bzw. europäischen Anlegern interessiert wären, wäre es ein Leichtes für Sie, Vertrauen aufzubauen. Beispielsweise, in dem ein nennenswerter Teil des vorhandenen Cashbestandes als Sonderdividende an deutsche Aktionäre ausgeschüttet würde.
Aber das passiert nicht. Sie sollten als Anleger daraus entsprechende Rückschlüsse ziehen!
Übrigens: Bei VanCamel und Tintbright wurden zwar auf den Hauptversammlungen Dividendenausschüttungen beschlossen und durchgeführt. Die haben aber meiner Ansicht nach eher taktischen Charakter. Schließlich waren zu diesem Zeitpunkt wegen der nicht vorhandenen IPOs kaum Privatanleger investiert. Die tatsächliche Ausschüttung in Euro dürfte sich im niedrigen sechsstelligen Bereich bewegt haben. Das Problem ist struktureller Art
Nochmal zurück zu Ultrasonic: Dass Betrug bei deutschen China-Aktien so einfach und häufig ist, hängt mit dem Aufbau dieser Unternehmen zusammen.
Auf die eigentliche operative Einheit bzw. Einheiten (bei Ultrasonic sind das Suoli Industrial und Fujian Junhui Sports) ist eine chinesische Holding-Gesellschaft aufgesetzt und auf diese wiederum eine Holding in Hongkong, an die dann letztlich die deutsche Holding mit Sitz in München angehängt ist. Dazwischen gibt es noch eine weitere operative Einheit.
Weder hat diese deutsche Holding Einfluss auf das operative Geschäft noch auf unternehmenspolitische Entscheidungen. Streng genommen ist sie nur dafür da, um Geld bei deutschen Anlegern einzusammeln, das dann irgendwo in den anderen Holdings versickert.
Deshalb sprach der CFO von Ultrasonic in der Pressemitteilung vom Dienstag auch davon, dass der ganz überwiegende Teil der liquiden Mittel, „sowohl auf der China- als auch auf der Hongkong-Ebene“, transferiert worden sei.
Das Beispiel Ultrasonic zeigt wie einfach es für die Vorstände scheinbar ist, auf diese Gelder zuzugreifen. Gegenseitige Kontrollmechanismen gibt es offenbar keine.
Wie ein Hohn muss da heute für Anleger die damalige Aussage von Barbara Georg, Leiterin der Abteilung Listing & Issuer Services der Deutschen Börse, anlässlich des Ultrasonic-Börsengangs klingen: „Wir freuen uns, dass die Ultrasonic AG sich für einen Börsengang in Frankfurt entschieden hat. Sie ist in diesem Jahr das fünfte chinesische Unternehmen im Prime Standard...Alle chinesischen Unternehmen im Prime Standard haben freiwillig die Rechtsform der Deutschen AG gewählt und sich damit verpflichtet, die strengen deutschen Corporate Governance Regeln einzuhalten.“
Apropos Deutsche Börse AG: Auffällig war, dass die Ultrasonic-Aktie auch nach der Skandalmeldung nur kurz vom Handel ausgesetzt worden ist (Vola-Unterbrechung). Warum eigentlich? Meiner Meinung nach muss der Handel in einem solchen Fall sofort gestoppt werden und solange ruhen bis die Vorwürfe geklärt sind. In den USA ist das so üblich. Gegebenenfalls sollte dann ein Delisting ohne Wiederaufnahme des Handels folgen.
Im Börsengesetz heißt es hierzu:
(1) Die Geschäftsführung kann den Handel von Wirtschaftsgütern oder Rechten…aussetzen, wenn ein ordnungsgemäßer Börsenhandel zeitweilig gefährdet oder wenn dies zum Schutz des Publikums geboten erscheint.
Für mich ist die Situation vergleichbar mit den Schweizer Pennystock-Abzocken in den Jahren 2011 und 2012. Hier hat die Börse mit der Schließung des First Quotation Board, der „Schmuddel-Börse“, wie sie mein Kollege Notker Blechner damals passenderweise nannte, reagiert. Ähnliches würde ich mir auch im Falle der China-Aktien wünschen.
MEIN FAZIT:
Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Raus aus allen deutschen China-Aktien! |