http://www.spiegel.de/wirtschaft/...o-schein-abschaffen-a-893741.html Es klingt nach einer verrückten Idee: Um die Euro-Krise zu bekämpfen, soll die Europäische Zentralbank den 500-Euro-Schein abschaffen. Denn der, so ein Bankenanalyst, werde sowieso nur für dunkle Geschäfte benutzt. In Spanien hatten 500-Euro-Scheine einen Spitznamen. Man nannte sie gern "Bin Ladens": Jeder wusste, dass sie existieren - aber niemand hatte sie je gesehen.
Nun setzt sich Athanasios Vamvakidis, Analyst bei der Bank of America, dafür ein, dass die Europäische Zentralbank die Scheine abschafft. Innerhalb der G10, der Gruppe der zehn führenden Industrienationen, gebe es keinen anderen Schein mit einem derart hohen Wert. Die 500-Euro-Scheine abzuschaffen würde die Wirtschaft ankurbeln. Außerdem würde die EZB damit Kriminellen eins auswischen, die ihr illegal erworbenes Geld oft in diesen Scheinen horten.
Dass sie oft als Wertanlage benutzt werden, sei genau das Problem, glaubt Vamvakidis. Die großen Scheine würden oft zum "Matratzen-Geld", das selten ans Tageslicht komme, schreibt der Analyst am Dienstag in einer Mitteilung. Laut einer Studie der EZB selbst werden nur ein Drittel der Noten, die im Umlauf sind, zu Zahlungszwecken verwendet.
Und es gibt hinlänglich Beweise, dass es vor allem Kriminelle und Steuerhinterzieher sind, die die großen Scheine besitzen. Die britische Behörde zur Bekämpfung organisierter Kriminalität behauptete gar einmal, dass 90 Prozent der 500-Euro-Noten in den Händen von Kriminellen seien. Deshalb rät Vamvikidis der EZB, die Scheine aus dem Verkehr zu ziehen. Weil die Nachfrage nach den violetten Scheinen innerhalb der Schattenwirtschaft unverhältnismäßig groß sei, treibe das auch die Euro-Nachfrage insgesamt übermäßig an, sagt er. Die Abschaffung der Noten würde demnach die Nachfrage dämpfen und den Euro-Kurs drücken - was wiederum den kriselnden Exportfirmen in der Eurozone helfen würde.
Auch Kriminelle ziehen sich aus dem Euro zurück
Der Analyst, der bis 2010 beim Internationalen Währungsfonds Frühwarnsysteme für Finanzkrisen entworfen hat, sieht eine Parallele zwischen einer geringeren Nachfrage nach 500-Euro-Scheinen und dem Rückgang des Euro seit seinem Hoch 2007. Dass die Noten nicht mehr so gefragt sind, könnte daran liegen, dass sich im Zuge der Euro-Krise auch mehr Kriminelle aus der Gemeinschaftswährung zurückziehen. Und Steuersünder wurden möglicherweise dadurch verschreckt, dass in den krisengeplagten Peripherieländern härter durchgegriffen wird. Allein ein Viertel der sich im Umlauf befindlichen 500-Euro-Scheine war in Spanien zu verorten.
Wenn die EZB die Sache richtig angeht, könnte sie sich lohnen, sagt Vamvakidis. Wenn Kriminelle auf ihren wertlosen Scheinen sitzen bleiben, würde die Zentralbank davon profitieren.
Und zwar folgendermaßen: Die EZB würde ankündigen, dass die Scheine bis zu einem bestimmten Datum zur Bank gebracht oder in kleinere Noten eingetauscht werden könnten. Allerdings müssten die Besitzer nachweisen, dass sie das Geld auf legalem Wege erworben haben. Da Kriminelle das nicht können, würden sie ihre Scheine nicht loswerden. Ihr Verlust würde "zum Gewinn für die EZB, den sie für andere Zwecke verwenden kann", schreibt der Analyst. "Das ist eine sehr einfache Methode, um diese illegalen Aktivitäten zu bestrafen."
Die Zentralbank müsse nur den richtigen Zeitraum abpassen. Bleibt nur wenig Zeit bis zur Abgabe der Scheine, riskiert sie es, ehrlichen Besitzern der großen Scheine zu schaden. Dann könnte sie für die Verletzung von Eigentumsrechten verklagt werden. Bleibt viel Zeit, würden Kriminelle einen Weg finden, ihr Geld zu waschen. Vamvakidis schlägt eine Frist von einem Monat vor.
Allzu schnell wird die EZB die 500-Euro-Scheine wohl nicht entwerten. Doch angesichts des begrenzten Erfolgs, den die Eurostaaten bisher mit ihren verschiedenen Manövern zur Lösung der Finanzkrise hatten, könnte die Maßnahme eine Option bleiben. |