Biotechnologie: Weitere Übernahmen durch Pharmakonzerne wahrscheinlich. Nach der jüngsten Ankündigung des britischen Pharmakonzerns Shire, die Berliner Biotechfirma Jerini für 365 Millionen Euro zu kaufen, rechnen Branchenexperten mit weiteren Übernahmen. „Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es in der deutschen Biotechbranche weitere Übernahmen geben wird“, sagte Hilmar Platz, Health-Care-Experte der Unternehmensberatung Kayenburg AG. Konkret hält er eine Übernahme des Martinsrieder Biotechunternehmens Medigene innerhalb von 24 Monaten für möglich. „Medigene verfügt über eine interessante Technologieplattform und aussichtsreiche Projekte. Das könnte in die Strategie von Pharmakonzernen passen“, so Platz. Vor einigen Wochen ging bereits das Gerücht um, der weltgrößte Pharmakonzern Pfizer habe Interesse an Medigene. Auch die Unternehmen Wilex und Evotec wurden zuletzt als Übernahmekandidaten gehandelt. Im Gespräch war auch ein Zusammengehen von GPC Biotech mit Wilex. Die Ursachen für die hohe Übernahmewahrscheinlichkeit deutscher Biotechunternehmen sieht Platz zum einen in der Schwierigkeit hiesiger Firmen, sich Kapital zu beschaffen. „Im Gegensatz zu Großbritannien, den USA oder der Schweiz gibt es in Deutschland noch kein derart biotech-affines Umfeld und entsprechende Finanzierungsmöglichkeiten“, so Platz. Auf der anderen Seite sei der wissenschaftliche Standard in deutschen Biotechunternehmen hoch, was diese Unternehmen für internationale Pharmakonzerne interessant mache. Hinzu komme, dass diese aufgrund der meist niedrigen Bewertung auch unter finanziellen Gesichtspunkten lukrative Übernahmeziele seien. Die Tatsache, dass deutsche Biotechunternehmen zunehmend in den Fokus großer Pharmakonzerne geraten zeige, dass die Branche reifer geworden sei. Platz: „Offenbar finden internationale Pharmaunternehmen deutsche Biotechs attraktiv.“ Aber auch für Biotechunternehmen selbst sei es vielfach zwingend, einen finanz- und vertriebsstarken Pharmapartner zu finden. „Wenn sie ein vielversprechendes Produkt haben und eine weltweite Vermarktung anstreben, brauchen sie die Strukturen und Vertriebskraft eines großen Konzerns“, so Platz Der britische Biopharma-Konzern Shire hatte am Donnerstag ein überraschendes Übernahmeangebot für Jerini gemacht. Dieses ist nach Einschätzung von Jerini-Chef Jens Schneider-Mergener ausgesprochen lukrativ. "Das ist ein so interessantes Angebot, dass man es nicht ablehnen kann", sagte er. Shire bietet 6,25 Euro je Aktie des Berliner Unternehmens. Das entspricht einem Aufschlag von 68 Prozent auf den letzten Kurs der Jerini-Aktie, die am Donnerstag vorübergehend vom Handel ausgesetzt wurde. Gemessen am Durchschnittskurs der Jerini-Aktie in Höhe von Euro 2,09 während der letzten drei Monate entspricht dies sogar einem Aufschlag von fast 200 Prozent. Shire ist nach den Worten Schneider-Mergeners vor allem am Hauptprodukt Icatibant interessiert, dass demnächst auf dem Markt eingeführt werden soll. Icatibant bietet eine neuartige Behandlungsmöglichkeit für das sogenannte erbliche Angioödem, das schwere Schwellungen verursacht. Unternehmensteile, an denen Shire kein Interesse hat, sollen möglicherweise ausgegliedert werden. "Wir haben schon Anfragen von Investoren erhalten", sagte Schneider-Mergener. Er könnte sich vorstellen, damit in Berlin "etwas Neues auf die Beine" zu stellen. (tsc ----------- Gruss Moya |