WCM: Mit Tempo zur Milliarde
Spurlos gehen Kapitalerhöhungen am Aktienkurs eigentlich nie vorbei. Doch bei WCM geht es momentan eher heftig zur Sache. Bereinigt um den Bezugsrechtsabschlag hat die Notiz des neu formierten Spezialisten für Gewerbeimmobilien in den vergangenen vier Wochen um rund ein Viertel an Wert verloren. Mit 2,30 Euro nähert sich der Aktienkurs allmählich sogar dem auf 2,05 Euro festgesetzten Bezugskurs für die neuen Papiere. Nicht wenige Anleger – so sie ihre Weisung an die Depotbank nicht schon abgegeben haben – überlegen sich vermutlich, ob sie an der Kapitalerhöhung überhaupt mitmachen sollen. Schließlich geht es um eine Menge Geld. Je vier alte Aktien berechtigen zum Bezug von neun neuen Anteilscheinen. Das heißt: Ein Investor, der bislang bspw. 3.000 WCM-Aktien mit einem Gesamtwert von knapp 7.000 Euro im Depot hat, kann seinen Bestand um bis zu 6.750 Papiere aufstocken. Kostenpunkt: fast 14.000 Euro. Doch auch für WCM geht es um viel Geld. Nach Abzug der Transaktionsgebühren soll die Kapitalerhöhung rund 150 Mio. Euro in die Kassen spülen. Die Anzahl der ausstehenden Aktien wird sich von gegenwärtig 33.782.538 auf bis zu 109.793.244 Stück erhöhen. Kein Wunder, dass Vorstandschef Stavros Efremidis im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de von einem „Re-IPO“ – also einem zweiten Börsengang – spricht.
Verwendet werden soll das Geld in erster Linie für die zahlreichen Immobilienportfolien, die Efremidis in den vergangenen Wochen und Monaten klar gemacht hat. Immerhin geht es um Bürogebäude und Einzelhandelsflächen im Gegenwert von fast 340 Mio. Euro. Mit einem kleineren Teil des Emissionserlöses sollen außerdem Darlehen – insbesondere an Aufsichtsratsmitglied Karl Ehlerding zurückgezahlt werden. Der überwiegende Teil für die Immobilienkäufe wird jedoch über Bankkredite finanziert. Und der frühere KWG Kommunale Wohnen-Manager Efremidis drückt auf die Tube: „Wir sind auf unserem Weg zum Aufbau eines Portfolios im Wert von mehr als 1 Mrd. Euro weiter, als wir es vor einem halben Jahr gedacht haben.“ Eigentlich war die 1-Milliarde-Marke das mittelfristige Ziel von WCM. Getuschelt wird in Finanzkreisen mittlerweile, dass dieses Ziel möglicherweise schon Ende 2015 oder im ersten Halbjahr 2016 erreicht wird. Dafür müsste Efremidis dann aber nochmals eine größere Kapitalerhöhung durchziehen. Am Ermächtigungsrahmen hierfür wird es nicht scheitern. Auch nach vollständiger Durchführung der jetzigen Maßnahme verfügt WCM noch über ein genehmigtes Kapital zur Ausgabe von 48.648.025 Aktien. Nun: Zunächst gilt es erst einmal die jetzige Runde über die Bühne zu kriegen. Das Interesse der institutionellen Investoren scheint jedoch enorm. Es gibt wohl kaum eine europäische Finanzmetropole, in der Efremidis zuletzt nicht mit Investoren gesprochen hat.
Wie sieht das Szenario für Privatanleger aus? Nach Abschluss der jetzigen Kapitalerhöhung dürfte WCM auf eine Marktkapitalisierung von rund 250 Mio. Euro kommen. Da mit der Maßnahme auch ein Upgrade von General Standard in das streng regulierte Handelssegment Prime Standard verbunden, sollte WCM zügig in den SDAX aufsteigen – zumal der Streubesitz sehr hoch ist und das Handelsvolumen beachtliche Ausmaße hat. Die Indexaufnahme würde die Visibilität der Aktie am Kapitalmarkt weiter fördern, was ein gutes Signal Richtung Aktienkurs wäre. Eine Dividende will WCM dem Vernehmen nach erstmals für 2016 – also zur Hauptversammlung im Jahr 2017 – ausschütten. Die Zielausschüttungsquote liegt laut Wertpapierprospekt bei mindestens 55 Prozent des im jeweiligen Geschäftsjahr erzielten Funds From Operations (FFO I).“ Diese Quote ist übrigens vergleichbar mit der Dividendenpolitik von anderen Immobilienunternehmen aus dem MDAX. Hintergrund: Der FFO I ist eine Art Cashflow für Immofirmen und entspricht dem Gewinn nach Steuern abzüglich des Ergebnisses aus Neubewertungen und Immobilienverkäufen. Sollte WCM im Jahr 2016 auf einen FFO I von 50 Mio. Euro kommen – was möglich scheint –, kämen rund 25 Mio. Euro zur Ausschüttung. Weiter unterstellt boersengefluester.de, dass sich die Aktienzahl bis dahin auf knapp 160 Millionen Anteilscheine erhöht. Demnach würde es auf eine Dividende von rund 15 Cent je Aktie hinauslaufen. Bezogen auf den jetzigen Aktienkurs entspräche das einer Rendite von beinahe sieben Prozent. Keine Frage: In dieser Überschlagsrechnung sind sehr viele Unbekannte enthalten. Per saldo könnte sich WCM aber als veritabler Dividendenzahler etablieren.
Ob man als WCM-Aktionär an der jetzigen Kapitalmaßnahme teilnehmen sollte, muss jeder für sich entscheiden. Hier gibt es keine Standardantwort. Letztlich hängt es auch davon ab, wie das bisherige Depot strukturiert ist und über welche liquide Mittel man verfügt. Außerdem gibt es mit Sicherheit eine Menge Investoren aus den Vorpleite-Zeiten, die bedingt durch ihren hohen Einstiegskurs und den späteren Kapitalschnitt, nur noch Minipositionen im Depot haben. Und hier stellt sich in der Tat in der Frage, ob es sinnvoll ist, bspw. 50 oder 100 junge Aktien zu zeichnen. Grundsätzlich glauben wir aber, dass WCM eine attraktive Investmentstory bietet. Auf dem jetzigen Kursniveau würden wir demnach eher dazu raten, die Bestände aufzustocken und quasi nochmals ganz von vorn zu beginnen.
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