Steirischer Blauhelm-Soldat offiziell vermisst
Österreichische Blauhelm-Soldaten bleiben im Libanon.Selten hat sich der ansonst sanfte Kofi Annan so entschlossen gezeigt, wie nach dem israelischen Beschuss eines UNO-Postens im Libanon, bei dem vier Blauhelm-Soldaten - darunter offenbar auch ein Österreicher - ums Leben gekommen sind.
Bereits wenige Stunden nach dem Bombardement warf Annan Israel vor, dass der Angriff "offenbar absichtlich" passierte.
Zwar verkündete der amerikanische UNO-Botschafter John Bolton im Anschluss daran, dass Annan den Vorwurf nicht aufrecht erhalten wolle. Ein Dementi von Seiten des UNO-Chefs ließ allerdings nicht lange auf sich warten: Mittwochabend (MEZ) betonte eine UNO-Sprecherin in New York, dass Annan nach wie vor bei seinem Vorwurf bleibe.
Zudem verschärfte die UNO Mittwochabend die Vorwürfe gegen Israel, da offenbar selbst während der nach dem Beschuss des UNO-Postens eingeleiteten Rettungsaktion die israelischen Angriffe nicht gestoppt wurden.
"Kann nicht über Israels Motive spekulieren" Auf die Frage eines Journalisten, welches Motiv die israelische Regierung für einen vorsätzlichen Beschuss von UNO-Soldaten haben könnte, sagte die Sprecherin: "Ich kann nicht über Israels Motive spekulieren."
Gleichzeitig bestritt die Sprecherin, dass Annan mit seinen Äußerungen zu weit gegangen sei.
Gemeinsame Untersuchung vorgeschlagen Annan habe mittlerweile mit dem israelischen Regierungschef Ehud Olmert telefoniert. Annan nahm dabei das von Olmert ausgedrückte "tiefe Bedauern" über die Tötung der Blauhelm-Soldaten an, wie der UNO-Chef am Mittwoch nach der Libanon-Konferenz in Rom mitteilte.
"Olmert denkt zweifellos, dass es ein Fehler war und hat eine Untersuchung eingeleitet, und ich habe vorgeschlagen, dass wir eine gemeinsame Untersuchung vornehmen."
Weiter Bombardements in Nähe von UNO-Posten Indes habe die UNO-Libanon-Truppe UNIFIL direkt Protest bei der israelischen Armee eingelegt, betonte die Vizegeneralsekretärin für UNO-Friedenseinsätze, Jane Holl Lute. Sie und UNO-Vizegeneralsekretär Mark Malloch Brown hätten gegenüber der israelischen UNO-Vertretung ihren Protest ausgedrückt und zur Unterlassung der Angriffe aufgerufen.
Selbst während des Rettungseinsatzes seien diese trotz wiederholter Aufforderungen zum Stopp fortgesetzt worden. Zudem habe Israel auch am Mittwoch die Luftangriffe in unmittelbarer Nähe von UNO-Stellungen im Südlibanon durchgeführt.
Unter anderem sei laut Lute ein Artilleriegeschoß in etwa zehn Metern Entfernung von einem UNIFIL-Hauptquartier in Naqoura eingeschlagen.
Mehrere Explosionen vor tödlichem Treffer Seitens der UNO wurde zudem offiziell bestätigt, dass die getöteten UNO-Beobachter die Israelis vor dem verheerenden Bombeneinschlag über Stunden beschworen, das Feuer einzustellen.
Demnach gab es in den sechs Stunden vor dem tödlichen Einschlag am Abend 14 andere Explosionen im direkten Umfeld des UNO-Postens. Laut CNN schlug eine erste Bombe nur 180 Meter von dem Posten entfernt ein.
Mehrmals um Einstellung der Angriffe gebeten Etwa zehn Mal kontaktierten die vier unbewaffneten UNO-Beobachter den Angaben zufolge einen israelischen Verbindungsoffizier und baten ihn sicherzustellen, dass sich das nicht wiederholen würde.
Die Sprecherin von Irlands Verteidigungsminister Willie O'Dea erklärte zudem, der irische UNO-Beobachter John Molloy habe Israel in den Stunden vor dem Angriff wiederholt auf den UNO-Posten aufmerksam gemacht und konkret auf die Gefahr hingewiesen.
Ein Sprecher der israelischen Regierung, der in dem TV-Sender CNN gefragt wurde, ob dies stimme, antwortete, er wisse es nicht.
Israel fordert Entschuldigung von Annan Scharfe Worte gegenüber Annan fand indes der israelische Botschafter in Deutschland, Schimon Stein, gegenüber dem TV-Sender N24. Annans Vorwürfe seien eine "inakzeptable Verleumdung".
Israel werde von Annan eine Entschuldigung fordern.
Steirer offiziell vermisst Das österreichische Bundesheere bestätigte mittlerweile, dass unter den vier Opfern auch ein Steirer sein dürfte.
Der Kommandant des Kommandos für Internationale Einsätze mit Sitz in Graz, Günter Höfler, bestätigte, dass der steirische Blauhelm-Soldat seit dem Luftangriff vermisst wird.
Steirischer Milizoffizier Höfler: "Das ist ein Angehöriger des Bundesheeres mit dem Dienstgrad Major, Milizoffizier und kommt aus der Steiermark." Der 44-Jährige gilt laut Höfler als erfahrener Beobachter.
Es gebe lediglich noch eine "kleine Möglichkeit, dass er sich irgendwo anders befindet", so Oberstleutnant Walter Gitschthaler vom Grazer Kommando Internationale Einsätze des Bundesheeres gegenüber der APA.
Ein Chinese sei identifiziert worden, nach einem Verschütteten werde weiter gesucht, sagte Gitschthaler. Am Donnerstag sollten die Leichen ins Hauptquartier der UNO-Mission UNTSO nach Jerusalem gebracht und identifiziert werden.
Zwei österreichische Blauhelme bleiben Insgesamt waren drei Bundesheersoldaten im Südlibanon stationiert. Die beiden anderen Soldaten würden "einstweilen nicht" aus dem Krisengebiet abgezogen, sagte Gitschthaler.
Die UNO habe sich für einen Verbleib ihrer Soldaten entschieden, und auch die beiden Österreicher hätten dem zugestimmt. Es handle sich um einen Salzburger und einen Niederösterreicher.
Plassnik lädt Botschafter vor In Wien wurde zu Mittag der israelische Botschafter Dan Aschbel ins Außenministerium "vorgeladen".
Sein Mitleid gelte den Familien der Opfer, erklärte Aschbel anschließend. "Seit Beginn des Konflikts wurden alle Bemühungen unternommen, um die Sicherheit von UNO-Personal zu gewährleisten", so Aschbel, der "klar und deutlich" betonte, dass Stützpunkte der Vereinten Nationen keine Ziele von Israel seien.
Außenministerin Ursula Plassnik (ÖVP) drückte zugleich in einem Telefonat mit ihrer israelischen Amtskollegin Zipi Liwni die Empörung der österreichischen Bundesregierung über den Luftangriff auf den UNO-Beobachtungsposten aus.
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