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© DIE ZEIT 28.05.2003 Nr.23
Afrikas erster Weltkrieg Der Krieg im Kongo hat mindestens zwei Millionen Menschen das Leben gekostet. Ein Stammeskrieg? Nein – es geht um Rohstoffe, vor allem für den Westen
Von Bartholomäus Grill
Wie viele Tote braucht Afrika, ehe die Welt aufmerksam wird?“ Der deutsche Diplomat in Burundi beantwortete seine Frage gleich selbst: „500 plus… Das ist mein Erfahrungswert.“
Dem UN-Sicherheitsrat, werden Zyniker hinzufügen, reicht diese Zahl offenbar nicht. Nach dem jüngsten Massaker im Ostkongo, bei dem 966 Menschen ermordet wurden, rafften sich die Herren in New York zwar auf, „alle Optionen“ zu prüfen, aber auf eine schnelle Verstärkung der Friedensmission, die sie seit Herbst 1999 in das Krisengebiet entsandt hatten, konnten sie sich zunächst nicht einigen. Sie hatten in diesen Tagen wichtigere Dinge zu entscheiden. Man sei für die Probleme Afrikas blind, weil man nur auf den Irak schaue, klagte Sergio Vieira de Mello, der UN-Hochkommissar für Menschenrechte – und neue Irak-Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen.
Afrikas Probleme: Im Zentrum des Kontinents tobt seit viereinhalb Jahren ein Krieg, dem mindestens zwei Millionen Menschen zum Opfer gefallen sind; nach anderen Schätzungen sind es mehr als doppelt so viele. Das große Schweigen hat wohl auch mit der Natur dieses Konflikts zu tun: Er ist zu kompliziert, zu unübersichtlich geworden, und je genauer man ihn untersucht, desto schwerer fällt es, Lösungen zu finden.
Um die Ursachen des Kongo-Krieges zu verstehen, muss man ins Jahr 1994 zurückgehen, zum Völkermord in Ruanda, bei dem 800.000 Menschen umgebracht wurden, ohne dass die Völkerfamilie einen Finger gerührt hätte. Die Massenflucht der génocidaires und Hunderttausender ihrer Handlanger und Mitläufer hinüber in das damalige Zaire destabilisierte die Kivu-Provinzen an der Grenze und führte (grob vereinfacht) drei Jahre später zum Sturz des Despoten Mobutu Sese Seko. Rebellenchef Laurent Kabila, der neue Präsident, war bei seinem Siegeszug von Ruanda und Uganda militärisch unterstützt worden. Als die Alliierten erkannten, dass er nur ein Wiedergänger Mobutus war, wandten sie sich von 1998 an gegen ihn. Kabila wiederum suchte sich neue Waffenbrüder – Simbabwe, Angola, Namibia –, und am Ende waren fast alle Nachbarstaaten in den Krieg verwickelt. Madeleine Albright, die ehemalige US-Außenministerin, sprach damals vom „ersten afrikanischen Weltkrieg“.
In Wirklichkeit ist die Lage noch viel verworrener, aber wer will das auf der Nordhalbkugel schon so genau wissen? Laurent Kabila wurde im Januar 2001 ermordet, sein Sohn Joseph übernahm wie in einer Erbdynastie die Macht, das Blutvergießen ging weiter. Den Staat Zaire, der unterdessen wieder Kongo heißt, gibt es nur noch auf dem Papier, die Menschenrechte, das Völkerrecht oder die Genfer Konvention existieren hier nicht mehr. Vielerorts herrscht nackte Anarchie. Militärhistoriker vergleichen die Zustände mit der Lage Mitteleuropas im Dreißigährigen Krieg. Weite Teile des Landes werden von Chaosmächten „regiert“, von ausländischen Invasionstruppen und einheimischen Rebellen, die wechselnde Koalitionen bilden. Dazwischen wüten Kriegsfürsten und Stammesmilizen, versprengte Völkermörder und gemeine Räuberhorden, Söldner und zahllose Kindersoldaten, verarmte, verhetzte, brutalisierte kleine Killermaschinen.
Massaker und Kannibalismus
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Der Terror gegen die Zivilbevölkerung sei unvorstellbar, sagen humanitäre Nothelfer, die unter Einsatz ihres Lebens in den Kampfzonen arbeiten. Der Distrikt Ituri am Albertsee, Schauplatz der schlimmsten Mordorgien seit Kriegsbeginn, habe sich in eine Hölle verwandelt. Markus Sack, Projektleiter der Deutschen Welthungerhilfe, berichtet von Milizen, die das Hospital der Bezirkshauptstadt Bunia stürmten und die Kranken in ihren Betten abschlachteten. In den Straßen lagen Leichen mit zertrümmerten Schädeln und durchschnittenen Kehlen, Opfern, die überlebt hatten, wurden die Hände abgehackt. Es kommt immer wieder zu Massenvergewaltigungen, sogar von kannibalistischen Exzessen ist die Rede.
Mitten in diese Barbarei hat sich ein Häuflein von Blauhelmen und Beobachtern verirrt. Sie gehören zur Monuc-Mission der Vereinten Nationen und sollen den „Friedensprozess“ im Kongo überwachen. Denn die ausländischen Besatzer sind offiziell abgezogen, nachdem sie voriges Jahr in Pretoria mit der Regierung Kabila und den Rebellen ein endgültiges Friedensabkommen ausgehandelt hatten – ein diplomatischer Coup des südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki.
Die Monuc, 5500 Emissäre der UN auf einer Fläche von der Größe Westeuropas – ein wahrlich furchteinflößendes Unternehmen. Bei den Gräueltaten in Ituri mussten sie so hilflos zuschauen, dass Berichterstatter schon Parallelen zu Srebrenica zogen, dem Massenmord in Bosnien, der unter den Augen von holländischen Blauhelmen geschah. In Bunia sind 600 UN-Soldaten aus Uruguay stationiert; sie sprechen weder Kisuaheli noch Französisch, von den lokalen Idiomen nicht zu reden. Selbst wenn sie eingreifen wollten, sie könnten es nicht – es mangelt ihnen an Professionalität und Schlagkraft.
Die Blauhelme im Kongo sind Akteure einer mission impossible. Das Geschehen um sie herum muss ihnen genauso erscheinen, wie es jenseits von Afrika dargestellt wird: als archaischer Stammeskrieg in einer geostrategisch und wirtschaftlich bedeutungslosen Weltgegend. Hema gegen Lendu, sesshafte Ackerbauern gegen nomadisierende Viehzüchter, Kain und Abel, der ewige Kampf ums Land, das klingt so einleuchtend biblisch, erklärt aber wenig. Kein Zweifel, es geht um Weidegründe und Ackerland, um die Vormacht mittels „ethnischer Säuberungen“, wobei allerdings gern vergessen wird, dass die Volksgruppen vielfältig durchmischt sind. Aber wie überall im Kongo geht es noch viel mehr um das, was unter dem Land liegt oder darunter vermutet wird: unermessliche Bodenschätze. Erdöl, Gold und jede Menge Diamanten, die reichhaltigsten Cobaltvorkommen der Welt und die größten Reserven an hochwertigem Kupfer, dazu Silber, Zink, Schwefel, Cadmium, Germanium, Beryllium, Wolfram, Mangan, Uranerz und andere strategische Rohstoffe.
Die vermeintlichen Stammeskriege sind nur die perversen Auswüchse eines Krieges, der zugleich ein politischer Machtkampf um die Hegemonie im Zentrum Afrikas und eine Verteilungsschlacht um die ökonomischen Ressourcen der Region ist. In seinem Epizentrum bekommt man eine Vorahnung davon, wie postnationale Konflikte im Afrika des 21. Jahrhunderts ausgetragen werden: mit Schnellfeuerwaffen und Macheten, Satellitentelefonen und Trommeln, Infrarot-Sensoren und Zauber-Elixieren, die unverwundbar machen sollen. Die Anführer der Kombattanten sind Militäroffiziere und Warlords, die je nach Bedarf als Politiker oder Businessmen auftreten und internationale Geschäftsverbindungen pflegen.
Generale aus Uganda bauten einen regen Handel mit Tropenhölzern, Gold und Edelsteinen auf. Die Waffenhelfer aus Simbabwe, allen voran Generalstabschef Vitalis Zvinavashe, ließen sich mit milliardenschweren Konzessionen und Gewinnbeteiligungen im Bergbausektor entlohnen. Die ruandischen Eindringlinge unter der Führung des Kommandeurs James Kaberere errichteten mit ihren Vasallen, einer Fraktion der Rebellentruppe Rassemblement Congolais pour la Démocratie, ein Raub-Imperium in den Kivu-Provinzen. Geschätzter Wert der Beute allein im Jahre 1999: rund 320 Millionen Dollar.
Kriminelle Kartelle mischen mit
Über die berüchtigte Kongo-Abteilung des ruandischen Auslandsgeheimdienstes in Kigali läuft zum Beispiel der Handel mit Coltan. Die unscheinbaren schwarzen Steinbrocken enthalten zwei der begehrtesten Metalle unserer Tage, Columbit und Tantalit; sie werden in aufbereiteter Form bei der Produktion von Computerchips, Handys, Videokameras oder Playstations verwendet, zur Härtung von Raketen, Weltraumkapseln und Düsenjets oder auch in der Atomindustrie, die besonders hitzebeständige Materialien braucht. Im Jahre 2000 stieg der Preis für ein (amerikanisches) Pfund Coltan von 30 auf 300 Dollar. Mit den Profiten aus den Rohstoffdeals kaufen die Ruander hauptsächlich Waffen.
Das Gegengeschäft organisieren kriminelle Kartelle, deren Netzwerke von Zentralafrika über die Schweiz, Belgien oder Bulgarien bis nach Russland reichen. Glaubt man einer UN-Studie (Network War. Eine Einführung in die privatisierte Kriegswirtschaft des Kongo), dann sind die Namen der Drahtzieher bekannt: der Ägypter Sharif Al-Masri, der Kenianer Sanjivan Ruprah, der Tadschike Victor Bout alias Butt, der Ugander Salim Saleh, ein Halbbruder von Präsident Museveni, der Odessa-Clan und sein Chef Leonid Minin, die Kasachstan-Connection von Valentina und Alexej Piskanov. Zum Kreis der wichtigen Coltan-Abnehmer hat der UN-Studie zufolge auch die deutsche Firma H. C. Starck gehört.
Die Einheimischen, die das Material aus der Erde graben, tun das unter erbärmlichen Umständen; im Lager von Kamina wurden 30000 Bergarbeiter zusammengepfercht, unter ihnen sollen auch politische Gefangene aus Ruanda sein – die Wiedergeburt der Sklaverei im Kongo.
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Die Haupttriebkraft des Krieges ist nicht der ethnische Wahn, sondern die ökonomische Gier. Aus dieser Perspektive wird der „Stammeskonflikt“ in Ituri zu einem Stellvertreterkrieg zweier Außenmächte, die tribalistische Energien für ihre Zwecke nutzen. Die verfeindeten Milizen wurden nach dem militärischen Rückzug von Ruanda und Uganda zu deren wirtschaftlichen Statthaltern – sie führen die lukrativen Geschäfte weiter. Die Krieger der Lendu werden von Uganda trainiert und bezuschusst. Die Minorität der Hema erhält Bruderhilfe aus Ruanda; sie teilt mit der dort regierenden Tutsi-Minderheit die Ängste vor einem Genozid. Kenner der Region sehen in der jüngsten Eskalation im Ostkongo die Vorboten des nächsten großen Krieges: hier das übervölkerte Ruanda und sein Expansionsdrang, dort die hoffärtige Regionalmacht Uganda, beide hoch gerüstet, beide von Wirtschaftsinteressen und Machtgelüsten getrieben.
Was tun? Eine schnelle Eingreiftruppe in den Distrikt Ituri senden! Sie könnte nicht nur die völkermörderischen Umtriebe beenden, sondern auch die Gefahr eines neuen Krieges reduzieren. Aber die Mühlen der UN mahlen langsam, und der Handlungsdruck ist gering. Niemand käme etwa in Europa auf die Idee, für den Frieden im Kongo zu demonstrieren. Das nährt den Verdacht vieler Afrikaner, dass ihr Leben im Weltmaßstab eben doch weniger zähle.
© DIE ZEIT 28.05.2003 Nr.23 http://www.zeit.de/2003/23/Kongo?page=all |