Wie hätte es auch anders sein können:
FOKUS 1-Gewerkschaftskritik an Clement-Plan zu Kündigungsschutz
Berlin, 24. Feb (Reuters) - Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hat mit seinem neuen Vorstoß zur Lockerung des Kündigungsschutzes heftige Kritik der Gewerkschaften ausgelöst.
DGB-Chef Michael Sommer griff Clement am Montag scharf an: "Ich kann dem Wolfgang Clement nur raten, sich um die wirklichen Probleme zu kümmern", sagte er vor einer Sitzung des SPD-Gewerkschaftsrates unter Leitung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Auch IG-Metall-Chef Klaus Zwickel kritisierte Clement, der mit einer indirekten Rücktrittsdrohung den Druck auf eine Entscheidung erhöht hatte. Die Interpretation seiner Aussagen blieb aber strittig: SPD-Generalsekretär Olaf Scholz sagte, sie seien keine Rücktrittsdrohung gewesen. Dagegen sprachen Regierungssprecher Bela Anda und eine Sprecherin Clements lediglich von einer Überinterpretation.
Clement will den Kündigungsschutz für Kleinbetriebe lockern und stößt dabei in Teilen der Gewerkschaften und seiner eigenen Partei auf Widerstand. Auf die Frage, was passiere, wenn ihm die SPD-Bundestagsfraktion in dieser Frage die Gefolgschaft verweigern sollte, sagte er am Sonntag im ZDF: "Dann werden wir an diesem Punkt scheitern, und dann werde ich scheitern." Er fügte hinzu: "Ich werde ein Scheitern nicht in Kauf nehmen."
Clements Sprecherin Sabine Maass sagte, dies als Rücktrittsdrohung zu werten, sei eine Überinterpretation, "da der Minister nicht damit rechnet, dass er scheitert". Auf die Frage, was passiere, wenn er dies doch tue, fügte sie hinzu: "Er scheitert nicht."
SOMMER: ÄNDERUNGEN BRINGEN NICHTS FÜR BESCHÄFTIGUNG
Vor dem Treffen mit Schröder sagte Sommer mit Blick auf Clement: "Er weiß auch, dass eine Änderung des Kündigungsschutzes nichts bringt für mehr Beschäftigung." Es gehe nicht um Symbolthemen. "Ich erwarte von ihm, dass er seinen Job macht als Wirtschafts- und Arbeitsminister, man kann es auch zusammenfassen: als Beschäftigungsminister."
Zwickel warf Clement schlechten politischen Stil vor und warnte ihn, sich selbst in eine Sackgasse zu manövrieren. Die IG Metall werde sich keinesfalls den Kündigungsschutz gegen gesetzlich fest geschriebene Abfindungszahlungen abkaufen lassen. "Solch einen Kuhhandel wird es mit uns nicht geben", sagte Zwickel in Frankfurt. Medienberichten zufolge sollen Arbeitnehmer laut Clements Plan künftig bei jeder Form der Entlassung eine Abfindung erhalten.
Verdi-Chef Frank Bsirske sagte, er sei offen für konkrete Änderungen, etwa bei Abfindungen im Kündigungsfall. Hier gebe es Reformbedarf, weil derzeit nur jeder siebte Beschäftigte bei einer Entlassung eine Abfindung erhalte. "Allerdings darf nicht der Kündigungsschutz gegen die Abfindung ausgespielt werden", betonte Bsirske. Er erwarte auch vom Spitzengespräch von Arbeitgebern und Gewerkschaften mit Schröder am kommenden Montag keinen schnellen Durchbruch in dem Streit. Auch sei Clements indirekte Rücktrittsdrohung eher hinderlich dafür.
SCHOLZ: KÜNDIGUNGSSCHUTZ BLEIBT, SOLL HANDHABBARER WERDEN
Scholz war nach einer Sitzung des SPD-Präsidiums um eine Glättung der Wogen bemüht. Der Kündigungsschutz stehe auf Grund seiner Bedeutung als Schutzrecht der Arbeitnehmer nicht grundsätzlich zur Disposition: "Es bleibt beim Kündigungsschutz, und es wird Vorschläge geben, wie man ihn vielleicht ein wenig besser handhaben kann, und das ist ja im allseitigen Interesse", sagte er: "Alle Aufregung ist umsonst." Nach Angaben von Clements Sprecherin Maass gibt es noch keinen Gesetzentwurf und auch noch keine Festlegungen im Sinne eines Eckpunkte-Papiers.
dob/kra/tin
|