In knapp vier Wochen ist das Horror-Börsenjahr 2008 endlich vorbei. Anlegern bleibt nur noch die Hoffnung auf die traditionelle Jahresendrally. Doch selbst die droht diesmal auszubleiben, meinen Experten. Von der Statistik her ist der Dezember eigentlich der Lieblingsmonat der Börsianer. In den vergangenen 60 Jahren haben sich die Aktienkurse im letzten Monat des Jahres besser entwickelt als in den anderen Monaten. Die Berechnungen des Deutschen Aktieninstituts (DAI) haben ein Kursplus von 2,45 Prozent ergeben. Dezember ist meist ein guter Börsen-Monat
Dass sich dieser saisonale Effekt auch 2008 wiederholt, bezweifeln Experten. Denn das traditionelle Argument des "Window Dressing" entfällt in schlechten Börsenzeiten. „Da verkaufen viele institutionellen Investoren lieber, um nicht noch mehre Verluste zu riskieren", sagt Werner Bader von der Landesbank Baden-Württemberg gegenüber der Presse. Vor allem Hedgefonds seien gezwungen, Aktienpakete zu verkaufen, glaubt Scilla Huang Sun, Portfoliomanagerin von Julius. Bär. In guten Börsenjahren dagegen kaufen Fonds die besten Titel des Jahres nach, um ihr Portfolio besser aussehen zu lassen.
Insider freilich befinden sich in Kauflaune. In den vergangenen Woche gab es so viele Käufe von Top-Managern wie noch nie seit 2003, hat Manuel Schüssler vom Forschungsinstitut für Asset Management an der Uni Aachen festgestellt. Bislang hätten die Insider meist richtig gelegen mit ihren Kauf- und Verkaufsentscheidungen, glaubt er.
Kursrutsch übertrieben?
Nach dem heftigen Kursrutsch sehen viele Anleger schon wieder attraktive Einstiegskurse. Einige sprechen von Übertreibungen und sehen schon Parallelen zur Jahrtausendwende. Viele Unternehmen sind an die Börse weniger wert als die Vermögensaufstellung in ihrer Bilanz. Um den aktuellen Kurs zu rechtfertigen, müssten solche Firmen jahrelang Verluste ausweisen, meint Kapitalmarktexperte Werner Bader von der LBBW.
Abgeltungssteuer verleitet zum Aktienkauf
Auch der Abgeltungssteuer-Effekt dürfte eher die Kurse bis zum Jahresende nach oben treiben. Wer jetzt Aktien kauft und sie mindestens zwölf Monate im Depot hält, kann die Kursgewinne steuerfrei einstreichen. Ab 2009 ändert sich dies. Kursgewinne werden dann pauschal mit 25 Prozent besteuert.
Trotzdem glauben die meisten Experten nicht an eine echte Jahresend-Rally wie in der Vergangenheit "in den kommenden Wochen kann es noch mal richtig rumpeln2 prophezeit Gerhard Schwarz, Aktienstratege von Unicredit. Auch für Markus Wallner, Analyst der Commerzbank, ist keine Jahresschluss-Rally in Sicht.
Einziger Lichtblick: In den vergangenen Wochen hat der Dax gleich zweimal an der psychologisch wichtigen Marke von 4.000 Punkten seine Talfahrt beendet. Technische Analysten halten Trendwenden für möglich. Allerdings müsse dazu erst einmal nachhaltig die 4600-Punkte-Marke übersprungen werden. |